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Agrarsubventionen aus EuropaBauerngeld fließt an Konzerne

Rund 60 Milliarden Euro Agrarsubventionen vergibt die EU im Jahr. Eine neue Datenbank zeigt: Firmen wie Südzucker, Bayer und RWE haben davon einen großen Anteil erhalten.

Wildblumenwiesen statt Tierfabriken! Bild: ProblemkindCC-BY

BERLIN taz | Großkonzerne haben im vergangenen EU-Haushaltsjahr in Deutschland millionenschwere Agrarsubventionen kassiert. Deutschlands größtes Milchunternehmen Nordmilch bekam rund 9 Millionen Euro von der EU.

Das zeigt eine Datenbank, die die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung am Mittwoch im Internet veröffentlichte. Nordmilch erwirtschaftete 2009 einen Umsatz von 1,9 Milliarden Euro.

Europas größter Zuckerhersteller, die Südzucker AG, erhielt 2,7 Millionen Euro. Südzucker hat nach eigenen Schätzungen im vergangenen Geschäftsjahr 6 Milliarden Euro verdient. Einer der größten Schlachthofbetreiber, die niederländische Vion, bekam 1,9 Millionen Euro von der EU, der Konkurrent Gausepohl 1,4 Millionen. Auch der Energiekonzern RWE zapfte die staatlichen Agrarfonds an: Das Unternehmen, das Braunkohletagebaue rekultiviert, kassierte 514.000 Euro. Der Chemiegigant Bayer, ein wichtiger Produzent von Pestiziden und Gentech-Pflanzen, bekam 183.000 Euro.

"Die Zahlen belegen, dass die Mittel an die Falschen gehen", sagte Reinhild Benning vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. "Konzerne kassieren Millionen, der durchschnittliche Landwirt wird mit Kleckerbeträgen abgespeist."

BUND: Agrarsubventionen fördern die Massentierhaltung

Auf der einen Seite verhinderten die jährlich rund 60 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen nicht, dass viele kleine Bauernhöfe aufgeben müssen. Auf der anderen Seite förderten sie "indirekt die Massentierhaltung". Schließlich bezögen die subventionierten Schlachthöfe die Schlachttiere meist aus umweltschädlicher und quälerischer Haltung. Benning: "Da ist überhaupt keine Gegenleistung für die Gesellschaft zu erkennen."

Als Beispiel hob sie Bayer hervor. "Das ist das Gentechnik-Unternehmen in Deutschland. Es bekommt Geld, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung Gentechnik in der Landwirtschaft ablehnt." Von den Firmen lag zunächst keine Stellungnahme vor.

Greenpeace: Hauptempfänger sollen kleine Betriebe sein

"Die Hauptempfänger sollten nicht große Unternehmen sein, sondern kleine Betriebe, die umweltschonend wirtschaften und Arbeitsplätze sichern", sagte Manfred Redelfs von Greenpeace. Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) müsse ihren Widerstand gegen einen Vorschlag der EU-Kommission aufgeben, die Subventionen für Großunternehmen zu deckeln und dabei die Zahl der Arbeitskräfte zu berücksichtigen.

Die EU-Staaten müssen die Empfänger der Agrarsubventionen von Gesetzes wegen veröffentlichen. Deutschland stellt unter Berufung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs dieses Jahr aber nur Firmen und andere Organisationen ins Netz.

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9 Kommentare

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  • G
    grünling

    Hier liegen mehrer Fehler,

    natürlich ist es sinnvoller die deutschen EU-Gelder stärker an kleiner Betriebe zu verteilen, dies geschieht bereits und muss weiter forciert werden. Das die absolut höchsten Subventionen trotzdem an die größten Betrieb fließen werden ist aber klar schließlich bewirtschaften diese mehr flächen...

    Bei den Unternehmen sind die Hintergründe ganz anders hier gibt es die Subventionen meist als Exporterstattungen oder Interventionserstattungen diese Gelder werden im Markt auch meist an die Erzeuger weitergeleitet. Wenn hier Zahlen veröffentlicht werden sollte von Seiten des Ministeriums genauer informiert werden um was es sich dabei handelt reine Zahlungsströme sagen nichts aus. Von Seiten der Medien muss man erwarten das man sich vorher genau informiert und hier das durcheinander nicht weiter verstärkt

  • I
    Ingo

    Waehrend ich generell die Abschaffung der Agrarsubventionierung befuerworte und auch nicht anzweifle, dass grosse Summen an "die Falschen" gehen, finde ich die Argumentation im Artikel etwas schwach. Die aufgelisteten sechs grossen (groessten?) Subventionsempfaenger erhielten zusammen 15,7 Millionen Euro. Von 60 Milliarden Euro sind das gerade 0,026%. Da haette ich mir doch etwas hilfreicheres Zahlenmaterial gewuenscht. Etwa wie viel Prozent der Subventionen an Unternehmen mit Jahresumsatz > y Millionen gehen. Oder wie gross der Anteil ist, mit dem Betriebe, die direkt oder indirekt Massentierhaltung unterstuetzen, gefoerdert werden.

  • A
    Anna

    Was mit unseren Steuergeldern so gemacht wird, entspricht absolut nicht meinen Wertvorstellungen, auch mit meinem Geld wird die Welt zerstört. Durch meine Steuergelder finanziere ich also diese ganze Umweltzerstörung mit. Solange eine Regierung am Werk ist, die das unterstützt, sollte man zusehen, dass die möglichst wenig Geld von uns bekommen. Was kann ich anderen machen, als meine Arbeit weiter zu reduzieren, um dann möglichst keine Steuern mehr bezahlen zu müssen um meine Moralvorstellungen einhalten zu können? Die freie Zeit kann man sowieso mit ehrenamtlichen Arbeiten viel sinnvoller füllen, als die meisten bezahlten Arbeiten. Auto und Luxus braucht kein Mensch, leider werden die Kinder in der Schule so konditioniert, dass sie alles mögliche kaufen wollen und meinen, es geht nicht ohne, und so auch die Eltern unter Druck setzen zu konsumieren und somit mehr Geld verdienen müssen und somit mehr Steuern zahlen müssen. Für so eine Regierung, für solche zerstörerischen Konzerne will ich nicht dienen.

  • R
    Rod

    Der Plan der EU ist doch genau der, kleine Bauernhöfe zu zerschlagen und nur die großen zu fördern. Die Lobby der landwirtschaftlichen Großindustrie hat bei EU-Politikern offenbar gute Arbeit geleistet.

  • V
    vic

    Diese Praxis ist schon so lange bekannt, und wurde noch immer nicht geändert?

    Warum? Zu viele Bundestagsabgeordnete im Vorstand?

  • S
    Schweinehirt'

    So einen Bericht gab's letztes Jahr auch schon.

    Die Situation wurde also nicht besser.

    Bin ich überrascht? Nein.

    Nächstes Jahr die Zahlen anpassen, dann geht der Text wieder raus.

    Warum sollen Subventionen sinnvoll eingesetzt werden, wenn das Geld

    auch ohne Sinn versemmelt werden kann.

  • F
    Fridolin

    Sicher ist es grundfalsch, Konzerne zu subventionieren, aber wenn die Summen "nur" noch Promillewerte des Umsatzes dieser Firmen betragen, entfällt jeder Grund zur Dramatisierung. Aus der Milliardärsperspektive des Vorstands gesehen handelt es sich um Peanuts (mit Verlaub von Herrn Breuer, ehedem Deutsche Bank), mit denen man im Konzern nichts wesentliches bewirkt. Gerade aber das zeigt die zusätzliche Sinnlosigkeit der Subventionierung von Grossbetrieben durch Brüssel.

    Aus der Froschperspektive des landwirtschaftlichen Familienbetriebs sind Euromillionen viel Geld, mit denen man dringend Notwendiges beschicken könnte - ja wenn man es denn bekäme und nicht die Konzerne.

  • RM
    Robert Müller

    60 Milliarden zahlt die EU jährliche - interessant wäre gewesen, wieviel davon nach Deutschland fließt und wieviel von diesem Betrag an Großunternehmen geht.

    Die einzelnen Zahlen ohne Bezug zur Gesamtrelation sind nichtssagend. So kann ich nicht abschätzen ob ein paar Millionen für Südzucker oder ein paar hunderttausend für RWE was ausmache oder im Vergleich zum Gesamtbetrag schon in Ordnung gehen. So einen Artikel kann man informativer gestalten!

  • 0
    08hacki

    Wenn man diese Milliarden hinzu rechnet, sind wir schon deutlich über 1 Billion € http://www.wolfsrebellen.eu/f230t888-steuergeldcontrol-teil-2.html