Afrikanische Union ignoriert Den Haag: Bashirs neue Freunde
Nach heftiger Kontroverse beschließt die AU, den internationalen Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten Bashir zu ignorieren. Amnesty International nennt die AU "lächerlich".
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BERLIN taz | Sudan und Libyen haben es geschafft. Die Afrikanische Union (AU) wird Sudans Präsidenten Omar Hassan el Bashir vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag schützen. Zum Abschluss des AU-Staatengipfels im libyschen Sirte in der Nacht zu Samstag billigten die Staatschefs eine Resolution, wonach afrikanische Staaten den Den Haager Haftbefehl gegen Bashir wegen Kriegsverbrechen in Darfur nicht vollstrecken werden. Man werde bei "Festnahme und Transfer" des sudanesischen Präsidenten "nicht kooperieren", so der Text der von Libyen eingebrachten Resolution.
Der Beschluss ist sehr kontrovers, da 30 der 53 Staaten Afrikas das Statut des Strafgerichtshofs unterzeichnet haben. Am 4. März hatten die Richter in Den Haag Haftbefehl gegen Bashir wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur erlassen.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sagte: "Der Beschluss macht die AU als Staatengemeinschaft lächerlich." Human Rights Watch warf Libyen vor, "beispiellosen" Druck auf andere afrikanische Staaten ausgeübt zu haben.
Darfurs Rebellen übten scharfe Kritik. Abdelwahid el Nur von der Sudanesischen Befreiungsbewegung (SLM) sagte, die AU habe "jede rechtliche und moralische Legitimität verloren". Die größte Rebellengruppe, Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit (JEM), sprach von einer "Schande".
Offenbar gab es beim Gipfel Streit über den Beschluss. Ursprünglich hatte Libyen einen Entwurf eingebracht, wonach Afrika generell nicht mehr mit dem Strafgerichtshof kooperieren werde. Dies fand keine Mehrheit: Drei afrikanische Länder, die Demokratische Republik Kongo, Uganda und die Zentralafrikanische Republik, haben vor dem Gerichtshof Verfahren angestrengt. Die AU-Außenminister verabschiedeten in der Nacht zum Freitag einen abgeschwächten Text, der die Nichtkooperation lediglich auf den Fall Bashir beschränkte.
Die Staatschefs wurden sich am Freitag auch darüber nicht sofort einig, sodass der für Freitagmittag vorgesehene Gipfelabschluss sich verzögerte. Laut Berichten wandten sich vor allem Sudans regionaler Erzfeind Tschad dagegen, aber auch zum Beispiel Südafrika und Botswana, die beide bereits angekündigt haben, Bashir festzunehmen, sollte er ihr Staatsgebiet betreten.
Gipfelteilnehmer sagten, der Beschluss sei vor allem auf den afrikanischen Ärger darüber zurückzuführen, dass der UN-Sicherheitsrat bestehende afrikanische und arabische Forderungen nach einer befristeten Aussetzung des Haftbefehls bislang ignoriert.
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