Afrikanische Flüchtlinge in Ägypten: Hinweise auf Organraub
Afrikanischen Flüchtlingen sollen in Lagern in der ägyptischen Sinai-Wüste Organe entnommen worden sein. Hilfsorganisationen berichten von Leichenfunden in der Wüste.
TEL AVIV dpa/taz | Es gibt neue Hinweise auf grausamen Organraub in der Sinai-Wüste: Afrikanische Flüchtlinge berichteten nach ihrer Ankunft in Israel, in Lagern in der ägyptischen Sinai-Wüste gebe es Organhändler und diese hätten gedroht, ihnen die Organe zu entnehmen.
Eine Sprecherin der israelischen Hilfsorganisation "Ärzte für Menschenrechte" (PHR) sagte am Sonntag, 27 Flüchtlinge hätten in einer Klinik in Tel Aviv Aussagen auf Organraub gemacht. Konkrete Beweise gebe es jedoch nicht.
Nach einem CNN-Bericht sollen Hunderte afrikanische Flüchtlinge Opfer von kriminellem Organhandel in der Sinai-Wüste geworden sein. Drahtzieher sollen Beduinen sein, die Flüchtlinge über die Grenze nach Israel schmuggelten, sowie korrupte ägyptische Ärzte. Den Flüchtlingen würden Nieren, Leber und andere Organe entnommen. Die brutalen Eingriffe überlebten die Opfer in der Regel nicht.
Der Bericht beruft sich auf die Organisationen "The New Generation Foundation for Human Rights" und "EveryOne Group" aus Italien. Demanch sollen Leichen, denen diverse Organe fehlten, in der Sinai-Wüste gefunden worden sein. Die Organe würden entnommen, wenn die Opfer noch lebten, sagte Hamdy Al-Azazy, Vorsitzender von New Generation Foundation, der CNN.
Die Sprecherin der "Ärzte für Menschenrechte" Yael Marom sagte am Sonntag: "Wir wissen, dass die Schmuggler systematisch Flüchtlinge als Geiseln nehmen und für sie horrende Lösegelder fordern." Marom sprach von "Folter-Lagern" auf der Sinai-Halbinsel. "Das System funktioniert so, dass Flüchtlinge schwere Gewalt erleben und dann ihre Verwandten anrufen, damit diese sie freikaufen", sagte die Sprecherin.
Nach Angaben der israelischen Einwanderungsbehörde sind seit Jahresbeginn mehr als 10.000 Flüchtlinge über die Sinai-Halbinsel illegal nach Israel gekommen. 2010 seien es insgesamt mehr als 14.000 gewesen.
Mehr als die Hälfte der afrikanischen Flüchtlinge, die in der Klinik in Tel Aviv behandelt wurden, erzählten nach PHR-Angaben von solcher Geiselhaft und Folter. Viele der Frauen seien mehrfach vergewaltigt worden. CNN hatte berichtet, die Opfer kämen vor allem aus dem Sudan, Äthiopien oder Eritrea.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen