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■ VorschlagAfrica Project 98 – Theater aus Nigeria im Westlichen Stadthirschen

Nachmittags um 5 Uhr ist in der westafrikanischen Megalopolis Lagos alles in Bewegung. Die fliegenden Händler versuchen auf den Autobahnbrücken ihre Ware unter die Autofahrer zu bringen, und darunter spielen Jugendliche trotz tropischer Temperaturen Fußball. Bewegung ist auch das vorrangige Ausdrucksmittel des nigerianischen Theaters, dessen Nähe zu religiösen Ritualen noch jedes ambitionierte Sprechtheater durchdringt.

Das in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Lagos und dem Berliner Regisseur Matthias Gehrt entstandene „Africa-Project“ bringt nach 1996 bereits zum zweitenmal eine nigerianische Theatergruppe auf eine Berliner Bühne. Theatertraditionen im Kulturvergleich, so lautete seinerzeit die einfache wie eindrucksvolle Botschaft im Hebbel-Theater. Unter der Regie von Matthias Gehrt und Jide Ogungbade war eine Bearbeitung des Ödipus-Stoffes sowie „Amona“, ein Stück des Grandseigneurs der Kulturszene von Lagos, des Autors und Regisseurs Ben Tomoloju, entstanden. „Schade, daß die Aufführung in Berlin nur einmal zu sehen war“, meinte damals ein begeisterter taz-Kritiker.

An zwei Abenden gastiert das „Africa Project“ im Theater zum Westlichen Stadthirschen nun mit einem zeitgenössischen Stück, „Ajoda... a horse on my back“ von Mike Ugoji, das eine Geschichte aus dem modernen Nigeria im Spannungsfeld zwischen Armut, Gewalt und Familienkonflikten erzählt. Den nigerianischen Kritikern war bei der Uraufführung im Garten des Goethe-Instituts im April dieses Jahres die politische Brisanz nicht entgangen. Das Stück erzähle in zwei Stunden die Geschichte der ganzen Nation, schwärmte die Lagoser Tageszeitung Punch. So gewähren die beiden Berliner Aufführungen nicht nur einen Eindruck vom gegenwärtigen nigerianischen Theater. Das Pferd auf dem Rücken der Nigerias dürfte leichter geworden sein, seit sich die Nachfolger des im Juni gestorbenen Diktators Abacha zu einer verhaltenen Demokratisierung des bevölkerungsreichsten afrikanischen Landes entschlossen haben. Ganz abgestiegen ist es aber wohl noch nicht. Harry Nutt

Heute und morgen, 20 Uhr, Kreuzbergstraße 37

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