Afghanistan-Story von "Spiegel" & Co: In einem neuen Licht
"New York Times", "Guardian" und "Spiegel" bekamen von der Webplattform geheime Afghanistan-Dokumente. Ihre Aufbereitung ist unterschiedlich.
Und jetzt? Da hat man von Wikileaks 90.000 geheime US-Dokumente über den Krieg in Afghanistan übergeben bekommen. Wie aber geht man mit dieser Fülle brisanten Materials um? Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel sowie die beiden Zeitungen New York Times und Guardian, die in ihrer Montagsausgabe die Informationen auswerten, sind sich einig, dass der Krieg jetzt in einem neuen Licht steht. Auch in den gesetzten inhaltlichen Schwerpunkten ähneln sich die Zeitungen. Wichtig ist allen dreien die Task Force 373, die darauf spezialisiert ist, Zielpersonen auszuschalten. Der Spiegel geht damit sogar auf die Titelseite. Alle drei Medien haben sich auch auf die Verbindungen des pakistanischen Geheimdienstes zu den Taliban fokussiert.
Worin sie sich unterscheiden, ist die Art der Aufbereitung und der Präsentation. Während die New York Times eher sachlich-unaufgeregt daher kommt, ruft der Spiegel den "Super-GAU für Amerikas Militär" aus. Der britische Guardian behauptet in der Titelzeile, dass nun der "wahre afghanische Krieg" erkennbar sei. Der Spiegel titelt "Amerikas geheimer Krieg" - als wäre der Krieg in Afghanistan bislang Verschlusssache gewesen.
In Bezug auf die Rolle Pakistans und seines Geheimdienstes gibt die New York Times deutlicher als der Spiegel wieder, wie die US-Außenpolitik die Zusammenarbeit verstanden wissen will und wie die Dokumente dies nun konterkarieren. Auch wenn offiziell das Bild einer Partnerschaft gezeichnet wird, sei vielen Mitgliedern des Kongresses doch immer klar gewesen, dass Pakistans Geheimdienste die Taliban unterstützen und damit Teil der Feindlinie sind, schreibt die Zeitung.
Der Guardian gibt den Lesern als einziges der drei Printmedien zunächst einmal eine Hilfestellung - eine interaktive Übersicht über 200 Schlüsselereignisse mit einordnenden Informationen dazu, ein Glossar über die gängigsten Abkürzungen in den Berichten, sowie ein Video, in dem David Leigh, Chef-Investigator des Guardian, die Nutzung der Wikileaks-Dokumente erklärt. Der Guardian nutzte die mehreren Wochen, in denen die Redaktionen die Dokumente bis zum gemeinsam verabredeten Zeitpunkt der Veröffentlichung vorliegen hatten (genauere Angaben darüber, wann sie die Dokumente übergeben haben, machte Wikileaks nicht), um verschiedene interaktive Elemente für ihren Online-Auftritt zu erstellen. Darunter Karten, die die Sprengsätze zeigen, die in den Jahren 2004 bis 2009 verwendet wurden.
Alle drei Medien betonen immer wieder, dass bestimmte Informationen aus den Berichten von Offizieren fragwürdig sein könnten, beziehungsweise, dass nicht klar sei, ob sie auf direkten Augenzeugenberichten basieren oder durch mehrere Hände gegangen sind. Für den Spiegel sind die Dokumente auch ein Grund, sich selbst zu feiern: "Es ist eine internationale Kooperationen zwischen Redaktionen, wie es sie in der Geschichte des Spiegels noch nicht gab". Und weiter: "Wohl noch nie zuvor war es möglich, die Wirklichkeit auf den Schlachtfeldern detailliert mit dem abzugleichen, was die Propagandamaschinerie der US-Armee darüber verlauten ließ." Große Worte. Leider nicht des Dankes an Wikileaks.
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