Affäre Justizsenator Braun: Senat hat erste Schrottimmobilie
Senator Michael Braun (CDU) muss sich vor dem Rechtsausschuss verantworten. Anwälte und Geschädigte bekräftigen ihre Vorwürfe an dessen Notartätigkeit. Rot-Schwarz schweigt
Die Kritik von Verbraucherschutzanwälten an der Notartätigkeit von Justiz- und Verbraucherschutzsenator Michael Braun (CDU) verstummt nicht. Dass die Berliner Notarkammer ihn entlastet, werten die Anwälte als "Ablenkungsmanöver". "Braun ist und bleibt ein Notar, der in einer Grauzone tätig war, die mit Schrottimmobilien handelt", kritisiert Anwalt Jochen Resch. Am Mittwoch muss sich Braun im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses rechtfertigen.
Braun wird vorgeworfen, an halbseidenen Immobiliendeals mitgewirkt zu haben. Dabei sollen Unternehmer die zumeist wenig begüterten Kunden unter Druck gesetzt und ihnen Schrottwohnungen aufgeschwatzt haben. Braun habe die Angebote in seiner Notarkanzlei beglaubigt, die er zusammen mit seinem CDU-Kollegen Uwe Lehmann-Brauns betreibt.
Zwei Betroffene kritisierten gegenüber der taz Brauns Rolle. Sie seien von ihm nicht ausreichend über den Kaufvertrag aufgeklärt worden. Zudem hätten die Gespräche unter Zeitdruck spätabends oder am Wochenende stattgefunden (siehe Kasten). Braun bestreitet die Vorwürfe, will sich vorerst aber nicht mehr äußern. Die Notarkammer hatte den CDU-Mann am Wochenende entlastet. Anhaltspunkte, dass Braun Kenntnisse von fragwürdigen Umständen "außerhalb des Beurkundungstermins" hatte, gebe es nicht. Es lägen keine Beschwerden von Geschädigten vor, heißt es in einem Schreiben. Mehrere Verbraucherschutzanwälte vertreten nach eigenen Angaben mehr als 20 Geschädigte, die in Brauns Kanzlei saßen.
Die Notarkammer sei gar nicht zuständig, so ihre Kritik. Tatsächlich liegt die Aufsicht und Kontrolle über die 900 Berliner Notare beim Präsidenten des Landgerichts. Auch inhaltlich hagelt es Kritik. Fakt sei, dass Braun den Verbraucherschutz "mit Füßen getreten" habe, indem er die Käufer nicht ausreichend über die Risiken der Immobilienkäufe aufgeklärt habe, sagt Anwalt Marcel Eupen, der vier Geschädigte vertritt. Eine davon, eine Tagesmutter, befindet sich aktuell in einem Rechtsstreit mit Braun. Sie konnte ihr Kaufangebot erfolgreich wegen "arglistiger Täuschung" anfechten. Braun pocht dennoch auf seine Notarkosten von 600 Euro.
Anwalt Thomas Schulte hält es "für völlig unrealistisch", dass Braun nichts von den fragwürdigen Methoden der Verkäufer wusste. "Das Schreiben der Notarkammer mutet regelrecht surreal an." Schulte klagt für drei Mandanten, bei denen Braun beglaubigte. Anwalt Resch, Kläger für zehn Geschädigte, berichtet, Braun habe vor den Kunden die Verträge "nur schnell runtergerattert", viele Betroffene seien sich gar nicht bewusst gewesen, dass sie Immobilien erwerben. "Ich weiß nicht, ob es das nicht noch schlimmer macht, wenn Braun behauptet, er habe von den Praktiken seiner Partner über Jahre nichts gewusst."
Unter dem Punkt "Michael Braun und der Vertrieb von Schrottimmobilien" werden die Vorwürfe auf Antrag der Grünen nun im Rechtsausschuss behandelt. Laut der Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger seien rund ein Dutzend Kanzleien mit "Mitternachtsnotaren" tätig, die auch zu später Stunde noch mit fragwürdigen Immobilienfirmen kooperierten - darunter auch Brauns Kanzlei. Vor Jahren warb dessen Kanzlei in einer Broschüre zusammen mit der Swiss Kontor, einer vielfach für ihre Verkaufspraktiken kritisierten Firma. Ein anderer Partner des CDU-Mannes war die KK Royal. Deren Geschäftsführer sitzt heute wegen Betrugsverdachts in U-Haft.
Im rot-schwarzen Senat will man sich zum Fall Braun nicht äußern. Einzig CDU-Chef Frank Henkel meldete sich zu Wort: Braun genieße sein Vertrauen.
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