AfD-Spitzenkandidat in Niedersachsen: Er will CDU-Wähler vor Grünen retten

Stefan Marzischewski-Drewes ist AfD-Spitzenkandidat in Niedersachsen. Der Arzt inszeniert sich als Kümmerer – und wettert gegen Geflüchtete.

Der AfD-Politiker Stefan Marzischewski-Drewes

Gibt sich gern als Kümmerer: der AfD-Fraktionsvorsitzende Stefan Marzischewski-Drewes Foto: Philipp Schulze/dpa

„Durch und durch Niedersachse“ sei Stefan Marzischewski-Drewes, schwärmt der AfD-Landesvorsitzende Frank Rinck. Der neue Spitzenkandidat zur Landtagswahl wisse um die „Sorgen und Probleme der Bürger“, auch gerade im „ländlichen Raum“, sagt Rinck, der für die AfD im Bundestag sitzt und deswegen nicht für den Landtag kandidieren wollte. Am vergangenen Samstag bestimmten in Dötlingen im Landkreis Oldenburg die 107 Delegierten Marzischewski-Drewes zum Spitzenkandidaten für die Wahl am 9. Oktober.

Für das Image als Kümmerer um die „normalen Leute“ kommt der AfD die berufliche Tätigkeit ihres Kandidaten gelegen: Der 56-Jährige ist Radiologe. „Ich bin Arzt“, sagt Marzischewski-Drewes 2017 in einem Video – und schildert, dass er sowohl VW-Manager als auch Hartz-IV-Empfängerinnen behandelt. So sehe er „täglich die soziale Ungerechtigkeit – auch in der medizinischen Versorgung“.

Damals wie heute verspricht er Politik „für die Menschen vor Ort“ machen zu wollen. Bei seinen öffentlichen Auftritten bevorzugt Marzischewski-Drewes Anzug und Hemd. Etwas legerer erscheint er an AfD-Infotischen oder bei Protesten gegen geltende Coronamaßnahmen.

Seine Strategie scheint es zu sein, bloß nicht wie einer der vermeintlich abgehobenen Politiker der von der AfD oft so betitelten „Altparteien“ zu wirken. Die Ärztekammer prüft derzeit Vorwürfe gegen Marzischweski-Drewes wegen eines Verstoßes gegen die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bei einer Demo in Berlin. Ein Foto auf Facebook zeigt den Kandidaten neben einem Wagen mit der Botschaft „Friedensfahrzeug“ und einem Mann mit der T-Shirt-Aussage: „Friedensvertrag jetzt“ – Bekenntnisse aus dem „Querdenken“- und Reichsideologie-Milieu.

In Gifhorn scheinen die radikalen Positionen von Marzischewski-Drewes schon länger durch das bieder-bürgerliche Image hindurch. Der AfD-Fraktionsvorsitzende rede im Stadtrat nicht nur zu allen Themen gerne und lang, sondern greife auch „Kümmerthemen“ wie die Suche nach einen Namen für einen Kindergarten auf, erzählt der Parteilose Hagen Schink, der für die Grünen im Rat ist. Die kommunalen Themen verwebe er dabei immer mit AfD-Themen. Die AfD-Fraktion fordert beispielsweise einen Prüfauftrag zur Kameraüberwachung eines „sozialen Brennpunkts“.

Marzischewski-Drewes ist gebürtiger Gifhorner und mehrfacher Vater. Und er hat wohl schon auf Wahlkampfmodus geschaltet. Bei Twitter schrieb er am Montag: „Immer daran denken: Wer CDU wählt bekommt Grüne!“ Zuspruch zu seiner Kandidatur kam aus dem rechtsextremen Teil der Partei. Kein Wunder: Er schürt auch immer wieder Ängste vor Geflüchteten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wer hat wie wo gewählt in Niedersachsen? Die Wahlergebnisse im Land und in den Wahlkreisen und die Wählerwanderung in Grafiken finden Sie hier.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben