AfD Niedersachsen vergeigt Landesliste: Alle doof
Niedersachsens AfD ist weiter tief zerstritten. Das zeigte sich bei dem Versuch, Kandidat:innen für die Landtagswahl per Briefwahl zu nominieren.
V ia Twitter hat Marie-Thérèse Kaiser ihre „schwere Niederlage“ verkündet. Am Wochenende scheiterte ihre Kandidatur für die Landesliste der AfD zur Landtagswahl in Niedersachsen. Die Anmelderin der „Merkel muss weg“-Demonstration ist nicht die einzige Verliererin: Bei der vom Landesvorsitzenden Jens Kestner durchgesetzten Briefwahl für die AfD-Landesliste erreichte nur ein Kandidat von den 74 Bewerber:innen die notwendigen 50 Prozent Zustimmung.
Im AfD-Landesverband sehen bereits einige Mitglieder die Gefahr, bei der Landtagswahl am 9. Oktober zu scheitern, den Wiedereinzug wie in Schleswig-Holstein zu verpassen. „Die Gefahr droht uns auch“, twitterte Kaiser. Weiter schrieb sie: „Wer meint, er alleine habe die Weisheit mit Löffeln gegessen und wüsste was das Richtige für die AfD ist, ist folglich immer der Meinung alle anderen ‚verstehen das völlig falsch‘ oder haben ‚eine Fehleinschätzung‘“. Zudem attestierte sie eine „besondere Arroganz“. Die harsche Kritik dürfte sich an ihren Landesvorsitzenden Kestner richten.
Schon die Wahl von Kestner zum Landesvorsitzenden 2020 befeuerte die internen Konflikte: Der ehemalige Bundestagsabgeordnete orientierte sich am radikalen Björn-Höcke-Flügel. In Niedersachsen ist die AfD jedoch schon seit Jahren zerstritten. Die Konflikte changieren zwischen politischen Positionen und persönlichen Ambitionen. Kurz nach Kestners Wahl schmiss die Fraktionsvorsitzende und abgewählte Landeschefin Dana Guth hin und trat mit zwei weiteren Abgeordneten aus der Fraktion aus – die fortan keine mehr war.
Im April dieses Jahres gab der AfD-Landesgeneralsekretär Nicolas Lehrke seine Funktion auf – wegen der anhaltenden Streitereien. Er hielt Kestner „mangelnde Kommunikationsbereitschaft“ vor. Von 37 Kreisverbänden sollen sich 30 inzwischen gegen Kestner ausgesprochen haben, berichtete der NDR Ende April. Der Bundesvorstand möchte ihn seit dem vergangenen Jahr aus der Partei ausschließen. Der Vorwurf: Bei der Bundestagswahl hätte er die Gültigkeit der Landesliste angezweifelt. Er war mit einer erneuten Kandidatur gescheitert.
Bei der nun durchgeführten Briefwahl erreichte nur Stefan Marzischewski-Drewes den nötigen Zuspruch von den 940 abstimmenden Mitgliedern. Kestner erhielt keinen Zuspruch, ebenso wenig der frühere Landeschef Armin-Paul Hampel. Der Landesvorstand versuche die Briefwahl noch zu retten, berichtet das niedersächsische Politikjournal „Rundblick“.
Der Vorstand sucht aber auch nach Räumlichkeiten für einen Parteitag am letzte Mai-Wochenende. In Braunschweig, wo die AfD oft getagt hatte, hat der zivilgesellschaftliche Druck sie vertrieben. Die Stadthalle Walsrode soll nun zur Debatte stehen, ebenso ein Großzelt auf dem Schützenplatz in Hannover. Kommt es zum Landesparteitag, könnte ein Antrag die Briefwahl für ungültig erklären. Danach sind Neuwahlen theoretisch möglich. Doch die Zeit drängt: Bis zum 1. August muss die Landesliste eingereicht werden. Und die Streitereien werden die Lösungsfindung nicht leichter machen.
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