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AfD-Kampagne gegen Berliner RegisterVerleumdungen und Drohungen

Die AfD arbeitet sich an der Meldestelle zu rechten Vorfällen ab. Nun droht sie mit dem Finanzamt.

Nicht gut für Nazis: Die Berliner Register Foto: dpa

Berlin taz | „Wer kennt das Berliner Register?“ Beim Stammtisch der AfD in der vergangenen Woche gehen nacheinander Hände in die Luft, wie ein auf Instagram veröffentlichtes Video von Martin Kohler, bisheriger Vorsitzender der kürzlich aufgelösten Jungen Alternative, zeigt. „Wunderbar“, freut sich Kohler, dies sei ein „gutes Zeichen“ für die Arbeit der AfD im Abgeordnetenhaus und den Bezirken. Was folgt, ist ein ausführlicher Vortrag, der sich an den Registerstellen abarbeitet.

Das Berliner Register dokumentiert Vorfälle von Diskriminierung und Ausgrenzung. „Dokumentation ist ein Werkzeug. Vorfälle zu veröffentlichen macht die Erlebnisse von Menschen sichtbar“, so steht es auf ihrer Website geschrieben. Im Gegensatz zur Kriminalitätsstatistik der Polizei werden auch Vorfälle in die Dokumentation einbezogen, die keine Straftaten sind oder die nicht angezeigt wurden, etwa Aufkleber oder diskriminierende Sprüche.

Der AfD sind zivilgesellschaftliche Organisationen ein Dorn im Auge. Die in allen Bezirken arbeitenden Berliner Register sind für sie „Hetz- und Petzportale“. Im Vortrag ist die Rede, ganz im Stile antisemitischem Verschwörungssprechs, einer „Krake“, die alles steuere.

Dass die Register Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze dokumentieren, ist für die AfD dabei der zentrale Aufreger. Ihr Vorwurf: „Sie versuchen, den Meinungskorridor immer weiter zu verengen“, wie Kohler sagt. Konstruiert werden solle, dass die Zahl rechtsextremer Straftaten immer weiter ansteige. Man wolle deshalb die Organisation beobachten – genau wie es umgekehrt die Antifa mache.

Rechte Straftaten auf Rekordhoch

Dabei steigen die Zahlen rechter Vorfälle und Straftaten tatsächlich. Im Jahr 2024 haben die Berliner Register 7.720 extrem rechte, rassistische, antisemitische und queerfeindliche Vorfälle in Berlin dokumentiert. Damit sei ein neuer Höchststand erreicht, wie es im vergangene Woche vorgestellten Jahresbericht heißt.

Bei dem reinen Beklagen will es die AfD nicht belassen. „Wenn bei Kati Becker der Brief vom Finanzamt einschlägt, […], dann brennt da richtig die Hütte.“ Becker ist Koordinatorin der Registerstellen. Im vergangenen Herbst hatte die AfD im Abgeordnetenhaus einen Antrag eingebracht, die Unterstützung und Finanzierung des Berliner Registers umgehend einzustellen.

Die Berliner Register teilen auf taz-Anfrage mit, schon seit Jahren „im Fokus“ rechter Akteure zu stehen. „Dabei stellen wir fest, dass die Versuche, unsere Arbeit zu diffamieren, zunehmen.“ Der Umgang mit solchen Angriffen gehöre mittlerweile zum Arbeitsalltag, so Jana Adam, zuständig für die Koordinierung der Berliner Register.

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