Äthiopien: Opposition lobt Merkel
Gerade aus der Haft entlassene Spitzen der stärkste äthiopischen Oppositionspartei CUD freuen sich über Merkels Forderung nach einem "offenen politischen System in Äthiopien".
Opposition in Äthiopien ist gefährlich: Als die Regierung 2005 bei freien Wahlen an den Rand einer Niederlage kam, brachen in der Hauptstadt Addis Abeba Unruhen mit rund 200 Toten aus, zehntausende Anhänger der Oppositionspartei CUD (Koalition für Einheit und Demokratie) und auch die Parteiführung kamen in Haft. Seit kurzem wieder frei, freuen sich die Oppositionsführer daher über die deutlichen Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel an die Adresse der äthiopischen Regierung bei ihrer Afrikareise vergangene Woche. "Das war sehr gut", sagte der außenpolitische CUD-Beauftragte Jakob Haile Mariam der taz während eines Besuchs der Parteiführung in Berlin. "Sie hat Premierminister Meles Zenawi in Richtung Demokratisierung, Liberalisierung, Pressefreiheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit gedrängt. Bisher tat Europa dafür nicht genug."
Merkel hatte in Addis Abeba am 4. Oktober gesagt: "Wir haben ein sehr großes Interesse an einem offenen politischen System in Äthiopien." Sie reagierte damit auf die politische Krise, die das Land seit den Parlamentswahlen im Mai 2005 erschüttert. Oppositionsparteien, an erster Stelle die CUD, hatten bei dieser ersten echten Mehrparteienwahl der äthiopischen Geschichte 175 der 547 Mandate erhalten, gegen 370 für die regierende EPRDF (Revolutionäre Demokratische Front des äthiopischen Volkes). Die CUD reklamierte jedoch den kompletten Wahlsieg und rief zu Protesten auf. Zahlreiche ihrer Führer wurden vor Gericht gestellt und im Juli 2007 zu lebenslanger Haft verurteilt. Sie kamen erst nach internationalen Protesten wieder frei.
"Eine Ältestengruppe bat die EPRDF um unsere Freilassung und das klappte", erinnert sich Jakob Haile Mariam. "Eines Morgens wurden wir zusammengerufen und man sagte uns, wir seien frei und der Präsident habe uns begnadigt. Eine Stunde später waren wir draußen."
Die Haftbedingungen, so der CUD-Sprecher, seien "ungemütlich" gewesen, aber es habe keine Misshandlungen gegeben. Seit ihrer Freilassung würden die Parteichefs auch vom Staat in Ruhe gelassen werden.
Äthiopiens Regierung scheint ihren harten Kurs gegenüber der Opposition jetzt gerade rechtzeitig zu lockern, um internationale Unterstützung nicht zu verlieren. Äthiopien ist der engste Verbündete der USA am Horn von Afrika - die äthiopische Armee stürzte Ende 2006 mit US-Hilfe die in Somalia herrschenden Islamisten. Aber zunehmende Spannungen mit Eritrea sowie innenpolitische Intoleranz hatten zuletzt in den USA Sorge geweckt. Am 3. Oktober verabschiedete das US-Repräsentantenhaus gegen heftigen äthiopischen Protest ein Gesetz, das zukünftige Militärhilfe für Äthiopien an die Respektierung der Menschenrechte koppelt.
"Die äthiopische Regierung sollte sich darüber nicht beschweren", so CUD-Führungsmitglied Jakob. "Das Gesetz stellt Geld für Demokratieförderung zur Verfügung, also sollte die Regierung dieses Geld nehmen und etwas damit machen."
Dass Pluralismus in Äthiopien zu funktionieren beginnt, hat die Wahl des Staatspräsidenten durch das Parlament am Dienstag gezeigt. Der 83-jährige Girma Wolgegiorgis, der die Begnadigung der Oppositionsführer unterzeichnet hatte, wurde mit 430 gegen 88 Stimmen im Amt bestätigt. Oppositionskandidat Beyene Petros erhielt immerhin 109 Stimmen. "Präsident Girma hat viel getan, um die Beziehungen Äthiopiens zur Außenwelt zu verbessern", lobte EPRDF-Fraktionsführer Shiferaw Jarso. Der Präsident sagte, das Land stehe an einem Wendepunkt Richtung Demokratie.
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