Ärger um Flughafen Schönefeld: Lasst doch Brandenburg machen
Vor der Aufsichtsratssitzung kümmern sich Brandenburgs Vertreter um die Probleme, während die Berliner lästern und träumen.
Halt fand Klaus Wowereits Blick schon am 8. Mai bei Matthias Platzeck: Berlins Regierender Bürgermeister und Brandenburgs Ministerpräsident (beide SPD) verkündeten die Verschiebung der für Juni vorgesehenen Eröffnung des neuen Flughafens. Während Wowereit sprach, blickte er immer wieder prüfend nach links – zu Platzeck. Der nickte väterlich: Geht in Ordnung, was du da sagst, Junge.
Wowereit ahnte wohl: Es wäre besser gewesen, Brandenburg hätte den Neubau des Flughafens von Anfang an allein in die Hand genommen. Der Aufsichtsrat müsste sich an diesem Donnerstag womöglich nicht mit einem neuen Eröffnungstermin, knappen Finanzen, Baumängeln sowie dem Nachholbedarf beim Lärmschutz beschäftigen. Nun beackern Brandenburgs Vertreter im Vorfeld der Sitzung die Problemfelder, während die Berliner mosern und träumen.
So hatte Wowereit zuletzt die Muse, die Piraten-Fraktion des Abgeordnetenhauses per Brief bei dessen Präsidenten anzuschwärzen. Mit der Veröffentlichung eines vertraulichen Flughafen-Sachstandsberichts würden die Piraten die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Senat und Parlament gefährden. Blöd nur, dass die Piraten den Bericht eigenen Angaben zufolge aus einer Parlaments-externen Quelle bekommen hatten.
Redlich bemüht sich derweil Brandenburgs Finanzminister und Aufsichtsratsmitglied Helmuth Markov (Linke) zu erklären, wie die Gesellschafter die auf 1,17 Milliarden Euro bezifferte Finanzierungslücke zu füllen gedenken: Ein Konsortium aus staatlichen und privaten Banken solle einen Überbrückungskredit gewähren, bis die EU-Kommission die Aufstockung des Eigenkapitals durch Berlin, Brandenburg und den Bund genehmigt habt. „Die Gesellschafter werden ihre Gesellschaft nicht in die Insolvenz führen“, sagte Markov.
Sein Kabinettskollege Platzeck bemüht sich, die Blockadehaltung der Flughafen-Geschäftsführung beim Schallschutz zu brechen; sie will eine Abschwächung des Schallschutzes beantragen. Davon solle sie absehen, schrieb Platzeck an seine Aufsichtsratskollegen.
Einer davon ist Berlins Sportsenator Frank Henkel (CDU). Er reiste vergangene Woche zu den Olympischen Spielen nach London, um zu verkünden: Berlin ist bereit für Olympia. Wäre Henkel doch nur bis Montag geblieben! Er hätte den geschäftigsten Tag in der Geschichte des Flughafens Heathrow erleben können: 116.000 Passagiere reisten ab – ohne Probleme. Henkel hätte etwas zu erzählen gehabt im Aufsichtsrat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative