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Änderung des Ferienbeginns in BayernMir san Sommer

Früher in die Ferien? Markus Söder will die Ferienzeiten bewahren. Das ist identitätspolitisch clever, preußisches Rumgenöle wirkt da eher kontraproduktiv.

Am Starnberger im September weiterhin ohne Preußen – so lautet der bayerische Plan Foto: dpa

„Das bayerische Abitur bleibt bayerisch“, hat Bayerns Ministerpräsident Söder den Ausstieg Bayerns und Baden-Württembergs aus dem geplanten nationalen Bildungsrat kommentiert – „übrigens genauso, wie die Ferienzeiten bleiben, wir wollen auch die nicht angleichen.“

Das sind gleich zwei inhaltliche Nullaussagen. Denn dass ein bayerisches Abitur einen im Leben irgendwie weiter brächte als ein beliebiges anderes, ist genauso Unsinn – ich kann hier mitreden – wie das trotzige Bestehen auf dem späten Sommerferientermin in Zeiten des Klimawandels; der ja insbesondere den Juli auch in Nürnberg oder in München zu einem Monat macht, in dem sinnvoller Unterricht in den zumeist nicht klimatisierten Lehranstalten kaum mehr möglich ist.

Politisch, also identitätspolitisch hingegen sind beide Aussagen wirkmächtig. Ich brauchte mindestens zehn Jahre, um mich daran zu gewöhnen, dass die Sommerferien in nördlichen Gefilden nicht mehr oder weniger am 1. August beginnen und am 15. September enden. Es erschien mir grausam, ein Kind, wie in diesem Jahr in Berlin, am 5. August nicht in die Sonne, sondern in die Schule zu schicken.

Logisch lässt sich das nicht begründen. Dem Kind ist es auch wurscht. Pfingstferien, die als Argument für den späten süddeutschen Sommerferienbeginn inzwischen vorgeschoben werden, sind etwas sehr Schönes – insbesondere weil da oft noch Vorsaisonpreise gelten und keine Preußen am Gardasee rumhängen. Aber auch sie taugen letztlich nicht zur Rechtfertigung der bajuwarischen Reservat­rechte. Und wer im Sommer und damit eben auch im September schlicht kein Geld übrig hat, um in den Süden zu fahren, der kann in Bayern die letzten beiden Ferienwochen oft genug damit verbringen, in einen zähen Landregen zu schauen.

Das ganze folkloristische Repertoire

Nehmen wir mal eine andere Perspektive ein. In seinem leider nicht auf Deutsch vorliegenden Reisebuch „La leggenda dei monti naviganti“ (etwa „Die Legende der reisenden Berge“, 2007) erkundet der italienische Journalist Paolo Rumiz die Alpen und macht dabei auch einen Abstecher nach München.

Seine Gesprächspartner klären ihn darüber auf, dass die CSU in Bayern für immer regieren werde, weil letztlich niemand ein anderes Bayern wolle, auch die CSU-Gegner nicht. Die Gleichsetzung von Staat, Partei und Heimat überlebt jeden CSU-Skandal und konnte bislang nur von der CSU selbst beziehungsweise von noch rechteren Gruppierungen – mit noch mehr „Mir san mir“ – herausgefordert werden: wie aktuell von den „Freien Wählern“.

Zum folkloristischen Repertoire gehört auch genau der unverschämte Tonfall Söders, wir gleichen nichts an, basta, aus! Dass jemand „ein Hund“ sei, erfährt Rumiz, sei das größte Kompliment, das man einem bayerischen Politiker machen könne. Im Strudel der Globalisierung sind es für den tendenziell immer mehr überforderten und ängstlicheren Bürger Symbole wie die Tracht, der Dialekt und eben die Ferientermine, die gar nicht hoch genug einzuschätzen seien.

„Die Linke hat das nie verstanden, sie hat es versäumt, eigene Symbole zu schaffen“, erklärt ein Mitarbeiter der Hanns-Seidel-Stiftung (CSU, klar) dem Gast aus dem Süden, ja noch viel mehr: „Die Symbole sind der eigentliche Raum, wo Politik überhaupt noch möglich ist.“

Grattler und Grüne

Und solche offenen politischen Räume sind natürlich viel wichtiger als ein paar Tage verstopfte bayerische Autobahnen, mit denen nun der über Söder erboste Hamburger Bildungssenator Ties Rabe (SPD, klar) droht, weil er auch mal spät in die Ferien möchte. Wenn er damit allerdings nicht durchkommt, dann ist er der identitätspolitischen Strategie der CSU gleich doppelt auf den Leim gegangen: Erst typisch norddeutsch rumnölen und dann auch noch nichts auf die Reihe kriegen. Auf Bairisch nennt man so jemanden einen „Grattler“.

Und doch bleibt nicht alles, wie es war: Die Grünen in Bayern, die Söder nicht umsonst zum „Hauptkonkurrenten um Platz eins“ geadelt hat, distanzieren sich auf taz-Anfrage vom vermeintlichen Bayerntum: Söders Nein zu Bildungsrat sowie zu einem „unter bildungs-, tourismus- und verkehrspolitischen Gesichtspunkten optimierten Beginn der Sommerferien“ sei „inhaltlich nicht zu begründen, sondern alleine Ausdruck von Schwäche“. Gewählt wird in Bayern voraussichtlich wieder 2023 – nach den Sommerferien.

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5 Kommentare

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  • Die Ergebnisse von Bildungspolitik werden nicht an Ferienzeiten gemessen sondern an den Fähigkeiten und dem Wissen von Schulabgängern.

    Und da ist Bayern im Vergleich zu den anderen Bundesländern ganz vorne.

    Die Entscheidung dieses Niveau nicht zu gefährden kann nur richtig sein.

    Eine Einigung aller Bundesländer in der Bildungspolitik würde nur zustandekommen wenn die Anforderungen so niedrig geschraubt werden, dass auch noch der letzte zustimmen kann.

    Zusammenfassend muss man sagen:

    gleiches Niveau = niedriges Nieveau.

  • Bitte keinen Ärger machen!

    Ich komme als Berliner, der nicht mehr an die Schulferien gebunden ist, sehr gut damit aus, dass die Familien mit Kindern in der zweiten Augusthälfte nicht mehr die Ostseeküste verstopfen. Also macht bitte schön weiter variabel und früh Urlaub. Die Südländer fahren zum Glück eher Richtung Mittelmeer als Richtung Ostsee.

    Die ganzen Bildungsminister, die jetzt wie Löwen rumtönen, landen doch wieder als Bettvorleger.

  • 0G
    049 (Profil gelöscht)

    "Herr Grassi, ich an ihrer Stelle würde endlich nach Hause gehen und mir eine Kugel in den Kopf jagen, denn mit ihrer Einstellung werden Sie hier kein Abitur bekommen."

    Nur wer in der Lage ist zusammen mit 30 weiteren hirntot karrieregeilen Bessermenschen bzw. "Geistesgesunden" komplett wegzuhören, wenn der einzige, der immer mitdachte und wegen Inkompetenz des Lehrkörpers genau damit zwangsläufig aneckte, für alle Zeiten aussortiert wird, bekommt das größtmögliche Schandmal auf die Stirn

    "Das bayrische Abitur"

  • Ich mag die Pfingstferien sehr. Man kann nach Skandinavien fahren und ganz lange Tage bzw ganz eindrucksvolle helle Nächte genießen. Der restliche Söderquark ist dann allerdings tatsächlich Quark.

  • Einfach hingehen und ab sofort Alle zur gleichen Zeit wie Bayern und BW den Urlaub einläuten, schließlich wollen wir von der Stärke und dem Selbstbewusstsein der Bayern lernen und dadurch unsere niederklassigeren Bundesländer voranbringen. Ich denke spätestens nach einem Sommer, der für uns auch kein Spaß sein wird, mahnt auch der bayerische Löwe wieder etwas mehr Solidarität an. Ich stell mir grad die BAB vor, wenn auch NRW, ganz „Mia san Mia“, am 01.08. auf die Straße gen Italien presst.