Ägyptische Satire-Sendung abgesetzt: Militär verträgt keinen Humor
Erst zog er den Zorn der Islamisten auf sich, jetzt setzt ihm die Militärführung zu: Weil Bassem Jussif Ameechef al-Sisi aufs Korn nahm, darf er nicht mehr ins Fernsehen.
KAIRO afp/dpa | Nach bissiger Kritik an der Militärführung ist in Ägypten die Sendung des bekannten Satirikers Bassem Jussif abgesetzt worden. Der Moderator und die Produzenten hätten „die redaktionellen Grundsätze verletzt“, teilte der Sender CBC am Freitagabend mit. Die Sendung „Al-Bernameg“ (Die Show) wurde zugleich in letzter Minute aus dem Programm gestrichen. Die im Voraus aufgezeichnete Folge habe „gegen Vereinbarungen verstoßen“, die zwischen CBC und Jussif getroffen worden seien.
„Al-Bernameg“ kehre erst auf die Bildschirme zurück, wenn „die technischen und geschäftlichen Probleme gelöst sind“, erklärte CBC. Was genau Jussif vorgeworfen wird, blieb zunächst unklar. Die Sendung war erst vor einer Woche nach viermonatiger Zwangspause wieder angelaufen. In der ersten Episode nach der Pause hatte Jussif insbesondere Armeechef Abdel Fattah al-Sisi aufs Korn genommen, der hinter dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi Anfang Juli stand.
So zog Jussif in Zweifel, ob tatsächlich eine Volksrevolution hinter Mursis Entmachtung stehe. Auch machte er sich über die Berichterstattung in den Medien lustig. Diese hätten die Zahl der Demonstranten, die Ende Juni gegen Mursi auf die Straße gingen, maßlos übertrieben.
Für seinen Spott erntete der Satiriker aber keinen Beifall sondern Anfeindungen. In einigen Facebook-Gruppen wurde seine Verhaftung gefordert. Und die Staatsanwaltschaft hat nach einer Anzeige, der Moderator beleidige die Streitkräfte und rufe zu Chaos auf, Ermittlungen aufgenommen.
Für Jussif, der mit dem US-Moderator Jon Stewart und dessen populärer „Daily Show“ verglichen wird, sind die Anfeidungen nichts Neues. Als Mursi noch an der Macht war, wurden dieser und seine islamistische Muslimbruderschaft zum Ziel von Jussefs Spottattacken. Deswegen wurde der ausgebildete Herzchirurg im April sogar festgenommen und stundenlang vernommen. Ihm wurde vorgeworfen, den Islam und den Staatschef beleidigt zu haben. Schließlich wurde Jussif auf Kaution wieder freigelassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles