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Ägypter begrüßen Marwa-UrteilDank an das Gericht

"Deutschland hat den Erwartungen entsprochen": Wie Ägypten auf den Richterspruch im Dresdner Prozess gegen Alex W. reagiert.

Mit Marwa-Button erschien der aus Ägypten angereiste Bruder der getöteten Marwa El-Sherbini zum Prozess gegen ihren Mörder Axel W. Bild: dpa

KAIRO taz | "Es ist eine Erleichterung, es verleiht mir eine tiefe Befriedigung": Basant Nada, die einst mit der ermordeten Ägypterin Marwa El Sherbini in Alexandria im selben Handballverein spielte, kann kaum an sich halten, als sie die Nachricht vom Urteilsspruch "lebenslänglich" für den Mörder ihrer Freundin hört. "Deutschland hat unseren Erwartungen entsprochen. Marwa hat ihr Recht bekommen", sagt sie der taz.

Arabische Journalisten in Dresden und zugeschaltete Rechtsexperten waren nach dem Urteil vor allem damit beschäftigt, die Entscheidung des Gerichtes zu erklären, dass der Täter zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit besonders schwerer Schuld verurteilt wurde. "Wenn es in Deutschland die Todesstrafe gäbe, der Mörder Marwas hätte sie bekommen", verkündete Ahmad Refaat, Professor für Internationales Recht, im Staatsfernsehen.

Nach dem ersten Schock im Sommer in Ägypten über die Tat und über die Untätigkeit der deutschen Politik hatte die ägyptische Öffentlichkeit bereits während des Prozesses wieder versöhnliche Töne angeschlagen. Lange vor dem Urteil sprachen ägyptische Medien der deutschen Gerichtsbarkeit ihr Vertrauen aus. Dazu haben auch die Ägypter in Dresden beigetragen. So hatte der Direktor des Marwa-Kulturzentrums, Saad El-Gazzar, in ägyptischen Medien bereits vor Tagen das hohe Strafmaß erwartet und es als "ein Schwert" bezeichnet, das "gegen alle gerichtet ist, die ein ähnliches Verbrechen wiederholen wollen". Alle Rassisten in Europa würden sehen, "dass das Gesetz sich gegen ihren Hass gegen Araber und Muslime stellt".

Für die ägyptische Seite bleiben aber auch nach dem Urteil noch offene Fragen. Ausführlich wurde in ägyptischen Medien ein Brief des Täters Alex W. an das Amtsgericht im ersten Verfahren diskutiert. Dort hatte er seine islamfeindlichen Einstellungen dargelegt und alle Muslime als "Islamisten" bezeichnet. Ägyptische Medien fragen sich, warum das Amtsgericht nicht von einer Gefährdung Marwa El Sherbinis während des ersten Prozesses ausgegangen war. "Aber das sind Dinge, mit denen wird man sich später beschäftigen", sagt der Rechtsprofessor Refaat im Staatsfernsehen. "Heute danken wir dem deutschen Gericht für seinen fairen Urteilsspruch."

KARIM EL-GAWHARY

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12 Kommentare

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  • A
    aso

    @ riodoro:

    „...und dort gibt es wesentlich weniger diskriminierungen als in diesem fortschrittlichen land...“:

     

    So kann man es Schönreden. Leider entspricht diese rosarote Sicht nicht den Fakten.

    (Für Muslime mag das zutreffen, nicht für Nichtmuslime...).

     

    „... „Die Situation hat sich massiv verschlechtert“,... Woche für Woche komme es mittlerweile zu anti-koptischen Ausschreitungen...“:

    http://www.zenit.org/article-19062?l=german

     

    Wie sagte noch Dieter Nuhr, wenn man keine Ahnung hat?

  • D
    dr.viehlguud

    @ marvi

    das gleiche wollte ich auch gerade schreiben! dank dir - du hast vollkommen recht. wenn gefaselt wurde, dass kein druck ausgeübt wird: das urteil sagt alles und die zufriedenheit ägyptens ebenfalls. wenn eine schwangere deutsche von einem muslim umgebracht worden wäre: hätte das groß in den zeitungen gestanden? wären muslime auf die straße gegangen? wären deutsche NICHT als nazis beschimpft worden, wenn sie auf die straße gagangen wären? fragen eines lesenden armen irren, der die welt nicht mehr versteht.

  • B
    bibi

    muss riodoro absolut recht geben. außerdem eine schwangere Frau wurde im gerichtssaal erstochen. wen interessiert da noch was

    ägypten über den rechtsspruch sagt. ist das geschehene nicht einfach nur furchtbar??

  • D
    denninger

    @"art":

    Ich habe nicht die Ägypter pauschal als "böse" bezeichnet sondern der Ansicht von "riodoro", es gäbe in Ägypten "wesentlich weniger diskriminierungen"(sic!) als in Deutschland widersprochen.

    Du muss ja nicht meine Meinung teilen, solltest Dich aber dennoch einmal über verschiedene, in Deutschland selbstverständliche Freiheiten nach ägyptischem Recht informieren wie z.B. das Recht auf Aufgabe oder Wechsel der Religionszugehörigkeit.

    Wie Du meinen Kommentaren entnehmen könntest verurteile ich nicht jeden einzelnen Angehörigen einer Nation für die Verfehlungen seines Staates oder seiner Gesellschaft. Das erwarte ich allerdings auch von Anderen mir gegenüber.

  • A
    Art

    @ denninger:

     

    Ja, ja, die bösen Ägypter... *gähn*

  • I
    icke

    @moderator: psst , die bildunterschrift ist falsch: der typ heisst alex und nicht axel.

  • D
    denninger

    Oh, klar, "riodoro", nach zwei Wochen Urlaub in Hurghada und El Gouna pro Jahr mit Abstechern nach Assuan und Gizeh bist Du der Experte für Ägypten.

    Deine Angaben über die Toleranz gegenüber den Kopten und anderen religiösen Minderheiten sind schlicht falsch.

  • R
    riodoro

    krass wie arrogant ihr seid!!

    ja ägypten ist zufrieden mit euch, nachdem es passieren konnte, dass in eurem "ach-so-tollen" gerichtssaal ein derartiger mord passieren konnte. kommt mal von eurem hohen roß runter!!

    und wegen den armen christen in ägypten, ich fahr jedes jahr dorthin, kenne viele christen und dort gibt es wesentlich weniger diskriminierungen als in diesem fortschrittlichen land. dort sind kirchen und moscheen direkt nebeneinander und christen werden nicht gezwungen in düsteren hinterhofkirchen zu beten. also fahrt dorthin und dann redet weiter!

  • S
    Stefan

    Welch Mega-Heuchelei!

    Komplimente aus Ägypten für unser Rechtssystem???

    Vielleicht sollte denen mal jemand verklickern, dass das Strafmaß so üblich ist und nichts mit der Religion des Opfers zu tun hat. Eine Übernahme dieses Prinzips in ägyptisches Rechtsempfinden wäre übrigens wünschenswert. (Darf ich das so sagen, ohne gleich als Rassist oder Nazi zu gelten?)

  • O
    Otto

    Schön, dass die Ägypter mit uns zufrieden sind. Vielleicht können sie ja im Gegenzug jetzt mal damit beginnen, Gewalttaten gegen Christen in ihrem Land genau so hart zu bestrafen, wie wir den Mörder der Ägypterin. Die Angehörigen der christlichen Minderheit in Ägypten müssen immer wieder Gewalttaten (Mord, Brandstiftung, Entführung, Vergewaltigung, Körperverletzung) von islamistischen Eiferern erdulden, meist mit stillschweigender Billigung der Polizei. Siehe kirche-in-not.de

  • S
    susi

    Kompliment und Dank aus dem Rechtsstaat Ägypten - was kann es Schöneres geben, um uns Deutschen den Weg zu weisen.

  • M
    Marvi

    "Deutschland hat unseren Erwartungen entsprochen."

     

    Das sagt ja wohl alles!