Ägyptens Präsidenten Mursi: Mir macht keiner Vorschriften
Die Gewaltenteilung ist für Ägyptens Präsidenten Mursi eine lästige Randerscheinung der Demokratie. Deshalb hat er jetzt entschieden: Keiner hebt meine Entscheidungen auf.

Will sich nicht einschränken lassen: Mohammed Mursi. Bild: dpa
KAIRO dpa | Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi will nicht zulassen, dass die Justiz den Marsch der Islamisten durch die Institutionen bremst. Deshalb hat er dem Verfassungsgericht die Kompetenz abgesprochen, über die Rechtmäßigkeit des von Islamisten dominierten Verfassungskomitees zu entscheiden. Zugleich gab er sich selbst das letzte Wort in praktisch allen politischen Fragen.
In einer Verfassungserklärung des Präsidenten, die sein Sprecher Jassir Ali am Donnerstag im staatlichen Fernsehen vortrug, heißt es: „Kein Justizorgan hat das Recht, das Verfassungskomitee oder den Schura-Rat (die zweite Parlamentskammer) aufzulösen.“ Die Umsetzung der Entscheidungen des Präsidenten dürften von keinem Gericht behindert werden. Damit seien alle von der Justiz bisher für ungültig erklärten Dekrete Mursis wieder wirksam.
Fast alle liberalen Mitglieder haben das Verfassungskomitee inzwischen verlassen. Sie wollen damit gegen die aus ihrer Sicht mangelnde Kompromissbereitschaft der Islamisten protestieren. Die Muslimbrüder und die radikal-islamischen Salafisten wollen eine Verfassung, die sich an der Scharia orientiert und den Religionsgelehrten mehr Macht im Gesetzgebungsprozess gibt.
Beim Verfassungsgericht ist derzeit ein Verfahren anhängig, in dem geklärt werden soll, ob das Verfassungskomitee möglicherweise illegal ist. Denn das Komitee war von den Abgeordneten eines Parlaments ins Leben gerufen worden, das inzwischen aufgelöst wurde.
In einem Rutsch entledigte sich Mursi, der seine politische Heimat in der Muslimbruderschaft hat, nun auch des Generalstaatsanwaltes, der ihm in den vergangenen Monaten mehrfach Paroli geboten hatte. Er schickte Abdel Megid Mahmud in den Ruhestand und ernannte Talat Ibrahim Abdullah zu seinem Nachfolger.
Um seine Kritiker in den Reihen der sogenannten „Revolutionsjugend“ zu besänftigen, verfügte Mursi außerdem, dass alle Prozesse wegen der Tötung von Demonstranten bei den Protesten gegen Mubarak 2011 wieder aufgerollt werden. Mehrere liberale und linke Parteien haben für diesen Freitag zu einer Demonstration gegen die Regierung und die Muslimbrüder in Kairo aufgerufen.
Leser*innenkommentare
Schnuddl
Gast
"Fast alle liberalen Mitglieder haben das Verfassungskomitee inzwischen verlassen. Sie wollen damit gegen die aus ihrer Sicht mangelnde Kompromissbereitschaft der Islamisten protestieren."
--> Und genau das ist das Problem. Anstatt zu versuchen, die Soldaten und Polizisten auf ihre Seite zu ziehen, werden sinnlose "Proteste" veranstaltet. Auch Mursi und die Muslimbrüder sind auf das Wohlwollen derjenigen angewiesen, die über die Waffen verfügen. Warum kapiert das keiner?
Weltbürger
Gast
Nicht gleich durch drehen, er weis was er macht. Man kann alte Mubarak-Kader nur so umgehen und das alte Mubarak-System zu brechen mus er machen. Man hat schon bei der entlassung des Mubarak-Generalstaatsanwaltes, was alles passieren kann und die alte Kader noch lebt. Das gleiche Dilemma sieht man in der Türkei. Das alte korrupte system abzuschaffen ist nicht so einfach. Deshalb mus man die Kirche im Dorf lassen.
Niedra
Gast
Wo bleiben die kritischen Rufe der Frühlingsjubler?
Jetzt sieht man, was das für Quatschköpfe sind.
Es geht um die Interessen des Westens. Das ist alles.
Den Außenministerdarsteller kann man sowieso streichen. Würde einen Haufen Geld sparen.
Das könnte man den arabischen Flüchtlingen geben.
Norbert
Gast
jeder, der diese entwicklung vorhergesagt hat, wurde als rechtspopulist gebrandmarkt und somit mundtot gemacht! und es wird noch dicker kommen... die nächsten kandidaten sind syrien und die türkei.
Teermaschine
Gast
Besser Augen zu...
...und den Beitrag schnell vergessen (mindestens mal gut verstecken). Susanne und Karim haben ihre Handys ausgeschaltet - die Agenturmeldung will man denn doch lieber nicht kommentieren müssen. Da faselt man über Monate etwas von der blühenden Arabellion, dem unverstandenen Islam und der Läuterung der Muslimbrüder - und dann das!
Aber ich bin mir sicher, Euch fällt schon was ein.
lupusB
Gast
Man weiß das alles, aber wenns dann passiert erschrickt man doch. Die Salamitaktik geht wie immer in solchen Fällen voll auf, die nächsten Schläge werden gegen die Medien gehen, das unislamische Internet sowieso. DIe Kopten und die Liberalen werden sich vermutlich selbst schwächen durch Auswanderung der klugen köpfe, wer kanns ihnen verdenken. Frage mich wie wir in einem Jahr die heute noch als Gag aufgefasste Zerstörung der Pyramiden bewerten. Schade, aber es scheint wirklich so dass das Mittelalter erst noch durchschritten werden muss. Vielleicht halten die Tunesier durch, aber wohl auch nicht
Auweiea
Gast
Jetzt komms ja richtig dick.
Ich glaube einige Ägypter werden sich noch mal die Zeit vor der "Revolution" zurückwünschen.
Und wenn erstmal die hand fehlt kann man auch nicht mehr wählen. das ist der Vorteil mit (der) Scharia.
Eine Verbindung für immer.