: ÄRGER IM URLAUB
■ Das Reisevertragsrecht der BRD: Welche Rechte haben Touristen
Das Reise
vertragsrecht der BRD: Welche Rechte haben Touristen?
Mancher, der im Urlaubsparadies statt grüner Palmen eine graue, starkbefahrene Betonstraße vor dem Balkon fand, unerwünschte krabbelnde Bettgenossen entdeckte oder erleben mußte, daß das gebuchte Luxushotel noch im Bau war, überlegt sich nach seiner Rückkehr, einen Teil des Reisepreises vom Veranstalter zurückzuverlangen.
Da ab dem 1. Juli auch eine „Rechtsanpassung“ der beiden deutschen Staaten nach Artikel 4 des Staatsvertrages vorangetrieben wird, ist die Durchsetzung der Urlauber -Forderungen jetzt noch komplizierter: Wurde die Pauschalreise bei einem DDR-Reiseveranstalter gebucht, hat weiterhin das „Zivilgesetzbuch“ der DDR Gültigkeit. Sind die DDRler aber mit einem westdeutschen Veranstalter in Urlaub gefahren, unterliegen sie westdeutschem Recht.
Ist die Pauschalreise beim BRD-Veranstalter nicht so gewesen wie im Hochglanzprospekt versprochen, hat der enttäuschte Urlauber grundsätzlich nach dem im westdeutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelten Reisevertragsrecht (Paragraphen 651a bis 651k) verschiedene Möglichkeiten: Er kann je nach Einzelfall selbst Abhilfe schaffen oder diese vom Veranstalter verlangen, den Reisepreis mindern oder auch - wenn ihm ein Bleiben nicht zuzumuten ist - den Vertrag kündigen und Schadensersatz verlangen. Bei allen in Betracht kommenden Ansprüchen sollte jedoch genau auf die Einhaltung von Fristen geachtet werden. Ansprüche müssen innerhalb eines Monats nach dem vertraglich vorgesehenen Ende der Reise beim Veranstalter oder Reisebüro geltend gemacht werden. Der Reisende muß die Mängel dafür „stichwortartig“ beschreiben, möglichst mit Fotos belegen. Ein normaler Beschwerdebrief reicht erfahrungsgemäß nicht aus. Die Frist kann ein Beschwerdeführer nur überschreiten, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung gehindert ist.
Ansprüche auf Preisminderung oder Schadensersatz verjähren aber endgültig sechs Monate nach Reiseende. Selbst wenn der Anspruch begründet gewesen wäre, kann er danach nicht mehr erfolgreich vor Gericht durchgesetzt werden.
Wer im Urlaubshotel einen begründeten Mangel entdeckt zu haben glaubt, darf sich allerdings nicht stillschweigend darüber ärgern und die „Rache“ in Form von Rückzahlungsforderungen für zu Hause aufsparen. Er muß vielmehr dem Hotelier oder der örtlichen Reiseleitung die Chance geben, den Mangel innerhalb einer angemessenen Zeitspanne zu beseitigen und damit den Reisenden doch noch zufriedenzustellen. Unterläßt der Urlauber diese „Anzeige“, verliert er seine Rechte. In einem späteren Prozeß muß der Urlauber beweisen, daß er den Mangel tatsächlich angezeigt hat. Eine schriftliche Bestätigung von der Reiseleitung erweist sich daher als sinnvoll.
Die nachträgliche Preisminderung ist in dem 1979 geschaffenen BRD-Reisevertragsrecht grundsätzlich festgelegt. Doch über die Höhe einer Minderung verrät das Gesetz nichts. Dieses Problem hat der Richter im Einzelfall zu lösen. Mitunter müssen die Richter dabei auch überzogene Forderungen der Kläger korrigieren oder ganz abweisen. Eine einzelne Kakerlake oder ein einmal kalt serviertes Essen begründet nicht die Reduzierung des Reisepreises um die Hälfte. Es muß schon ein schwerwiegender Mangel vorliegen.
Außerdem müssen grundsätzlich landes- und ortspezifische Eigenheiten hingenommen werden - andere Länder andere Sitten. „Es ist sehr subjektiv und damit vom Einzelfall abhängig, ob ein Mangel als erheblich empfunden wird oder nicht“, erläutert die stellvertretende Vorsitzende Richterin der „Reisekammer“ am Landgericht in Frankfurt/M., Elisabeth Fritz. Ein begeisterter Tennisspieler etwa hält die Unbespielbarkeit der vorhandenen Plätze viel eher für unzumutbar als ein Strandkorburlauer, den Sport nicht interessiert.
Stets sollte sich der Pauschaltourist vorher genau im Prospekt anschauen, was er gebucht hat, da die Richter dies später mit dem vergleichen, was der Urlauber tatsächlich erhalten hat. „Manchmal ist es schon abenteuerlich, was alles so angeboten wird“, meint Richterin Fritz. dpa/taz
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