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Adam Steffe, 36:

Obwohl ich schon immer wusste, dass ich schwul bin, hatte ich mein Coming-out erst mit 27 Jahren. Ich hatte mich vorher einfach nicht getraut. Natürlich gab es oft Gelegenheiten, aber ich hatte Angst, dass die Leute dann schlecht von mir denken würden. Einmal lud mich dann ein Freund von mir ein, mit ins „Schwuz“ (schwuler Club) zu gehen. Da saß ich zu Hause und dachte innerhalb von fünf Minuten: Jetzt gehst du da hin, machst dein Coming-out und stehst zu deinem Schwulsein. Dann wird endlich alles anders.

In der darauf folgenden Zeit habe ich dann oft die Erfahrung gemacht, dass, wenn ich mich zu meinem Leben selbstbewusst bekenne, die Leute es auch akzeptieren. Die Menschen wollen nicht beschissen werden. Selbst Bevölkerungsgruppen, von denen man sonst wenig Toleranz erwartet.

Ich unterrichte auch an einer Fachhochschule für Wirtschaft und Technik. Verstecken kann ich mich dort nicht. Da fragen die Studenten öfter nach, und ich reagiere mit einem fröhlichen, klaren „Ja“.

Beim Kollegium bin ich mir da nicht so sicher, aber glücklicherweise habe ich ein Monopol auf mein Fach.

Heutzutage ist das Coming-out sicherlich einfacher. Das sieht man ja auch an der Parade. Der CSD wird jedes Jahr größer, ausgelassener und bunter.

Viele Heterosexuelle laufen und feiern mit. Die wissen dann auch genau, worauf sie sich einlassen. Schließlich werden die mit angemacht und müssen auch darauf reagieren. Das ist oft sehr witzig. Vielleicht entdeckt so mancher ja auch eine neue Ader.

Allerdings funktioniert das nur im Zentrum Berlins. Ich würde nicht in meinem Outfit, also in weißem Kleid mit Rüschen, durch die Ostberliner Außenbezirke Marzahn oder Hellersdorf laufen.

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