Acta-Alternative auf Reddit: Die Crowd schreibt am Internetgesetz
Auf der Nachrichtenplattform Reddit schreiben Nutzer gemeinsam an einer Alternative zu Acta. Sie haben andere Prioritäten, doch ihre Formulierungen sind ähnlich schwammig.
BERLIN taz | Als Reaktion auf das Handelsabkommen Acta und die US-Gesetzesinitiativen SOPA und PIPA haben nun Nutzer der Newssharingplattform Reddit begonnen, einen Gegenentwurf zu schreiben.
Sonst werden dort die wichtigsten, interessantesten und lustigsten Neuigkeiten untereinander ausgetauscht und kommentiert, seit Anfang Februar aber wurde begonnen, einen Entwurf für einen "Free Internet Act" zu verfassen.
Der im Entstehen befindliche Text stellt dabei die Freiheit des Netzes über die Souveränität von Nationalstaaten: Kein einzelnes Land solle Beschränkungen der Freiheit des Netzes vornehmen, schreiben die Reddit-Vertragstexter. Allerdings sollten Beschränkungen durchaus möglich sein: wenn zwei Drittel der Unterzeichner dies fordern und in einer Onlineabstimmung eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Nutzer dem Vorhaben zustimmt.
Insgesamt wirft der Zwischenstand des seit drei Wochen im Entstehen befindlichen Textes einige Fragen auf: Wer Unterzeichner des Abkommens sein soll, ist unklar. Denkbar wären auf jeden Fall Staaten, aber auch Privatpersonen und Firmen könnten dieses Abkommen unterzeichnen.
Offensichtlich schwierig fällt der Umgang mit Inhalten, die selbst der freiheitsliebendste Redditnutzer nicht goutieren will: Insbesondere der Umgang mit Kinderpornografie stellt die Vertragsbastler noch vor ein ungelöstes Problem.
Vielfältig interpretierbar
Was die Ideengeber offensichtlich zudem unterschätzt haben: Ihr Vertragstext liest sich, nachdem einige Nutzer an seiner Entstehung beteiligt haben, ähnlich vielfältig interpretierbar wie die meisten internationalen Verträge.
Beispielsweise werden im Artikel 5 Verfahren im Rahmen des Gesetzes geregelt, allerdings das Land der Rechtsverletzung zum Gerichtsstand erhoben – obwohl es in vielen Ländern keine rechtsstaatlichen Verfahren gibt und damit ein wichtiges Grundrecht ignoriert würde.
Doch eines ist in den Verhandlungen auf der Plattform noch nicht unter die Räder gekommen: das Ziel, das Internet frei von eben jenen Einflüssen zu halten, die in seine Struktur immer wieder einzugreifen drohen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!