Acht Milliarden Dollar gegen Dealer: USA und Mexiko im Drogenrausch
Die USA und Mexiko planen ein Antidrogenabkommen: Mit Milliarden von Dollar wollen sie Felder und Schmugglerringe vernichten. Doch es regt sich Kritik.
MEXIKO-STADT taz Es ist das umfangreichste Antidrogenabkommen, das Mexiko und die USA je verhandelt haben: die Initiative Mérida. Doch bereits in den ersten parlamentarischen Debatten stieß die Vereinbarung in beiden Staaten auf großen Widerspruch. Solange die Korruption im mexikanischen Sicherheitsapparat nicht beendet werde, mache das Projekt keinen Sinn, reagierten vergangene Woche US-Abgeordnete auf das Paket, das Präsident George W. Bush und sein mexikanischer Kollegen Felipe Calderón in den letzten Monaten ausgehandelt haben. Parlamentarier in Mexiko befürchten, dass das Vorhaben die Unabhängigkeit des Landes gefährdet.
Die Initiative Mérida sieht vor, dass Washington den südlichen Nachbarn in den nächsten drei Jahren mit 1,4 Milliarden US-Dollar im Kampf gegen die Drogenmafia unterstützt. Mexiko soll sieben Milliarden US-Dollar investieren. Das Geld soll in militärisches und polizeiliches Gerät, schärfere Grenzkontrollen und Datenerfassung fließen. Auch eine engere Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte ist geplant.
Bush und Calderón verhandelten seit Mai hinter verschlossener Tür über das Paket, genaue Informationen wurden erst jetzt veröffentlicht. Ende Oktober beantragte der US-Präsident, der Kongress möge eine erste Zahlung von 500 Millionen Dollar genehmigen. "Der Kongress hätte konsultiert werden müssen, während der Plan entwickelt wurde", kritisierte der demokratische Abgeordnete Eliot Engel. Andere Parlamentarier verwiesen auf gescheiterte Antidrogenprojekte, die Menschenrechtslage in Mexiko und die Korruption im Sicherheitsapparat. "In Mexiko weiß man nicht, wo die Regierung aufhört und die Kartelle beginnen", erklärt der Konservative Tom Tancredo.
Mexikanische Kritiker befürchten, dass US-Sicherheitskräfte auf dem Boden des Landes zum Einsatz kommen. Die Regierung in Washington liefert schließlich nicht nur Hubschrauber, schusssichere Fahrzeuge, Radaranlagen und Spürhunde, sondern auch militärische Ausbilder und Software. "Wenn US-amerikanische Militärs unsere Soldaten und Polizisten ausbilden, sind die Sicherheitskräfte faktisch in das nordamerikanische System eingebunden", meint der Analytiker Miguel Tinkel Salas.
Er verweist auf den "Plan Colombia", mit dem Washington seit 1999 die kolumbianische Regierung unterstützt. Fünf Milliarden US-Dollar sind bereits nach Bogotá geflossen, doch der Erfolg ist fragwürdig: der Kokainanbau hat sich lediglich verlagert, die Besprühungen zur Vernichtung von Kokapflanzen haben unkalkulierbare Schäden für Mensch und Natur hinterlassen.
Die Abgeordneten von Mexikos oppositioneller sozialdemokratischer PRD wollen dafür sorgen, "dass alle Elemente der Vereinbarung gestrichen werden, die die Souveränität unseres Landes verletzen". Viele Linke gehen davon aus, dass die Initiative auf Druck aus Washington zustande gekommen ist, als "Teil des Nationalen Sicherheitsplans der USA", wie die Wirtschaftsprofessorin Ana Esther Ceceña meint. Dagegen erklärte US-Staatssekretär John D. Negroponte, den ersten Impuls habe Calderón gegeben. "Wir zwingen nicht unsere Bedingungen auf, sondern antworten auf Vorschläge der mexikanischen Regierung", sagte er. Negroponte verwies darauf, dass seine Regierung auch dafür sorgen werde, die Drogennachfrage im eigenen Land zu verringern.
Rund drei Viertel der in den USA konsumierten illegalen Drogen stammen aus Mexiko oder werden über das Land eingeführt. Der Verkauf von Marihuana und Heroin gehört zu den wichtigsten mexikanischen Devisenquellen. Die "Capos" übernehmen in ihren Einflussgebieten oft Aufgaben, die von den Regierenden nicht geleistet werden: sie schaffen Arbeitsplätze, bauen Straßen oder Schulen. Sie sorgen für Stabilität, wo staatliche Stellen das Feld geräumt haben oder Polizisten, Militärs und Politiker in die illegalen Strukturen eingebunden sind. Deshalb können die Capos auf Rückhalt in der Bevölkerung zählen.
Der Konservative Calderón will diese Verhältnisse mit militärischen Mitteln beenden. 35.000 Soldaten sind derzeit im Einsatz, um gegen Marihuanafelder und die Drogenmafia vorzugehen, 79 mutmaßliche Capos wurden in die USA ausgeliefert. Dennoch haben die großen Kartelle ihren Einfluss in einigen Regionen sogar ausweiten können. Zudem nimmt die Zahl der Opfer im Drogenkrieg stetig zu. Über 2.300 Menschen sind dieses Jahr bereits ermordet worden.
Parallel zur Initiative Mérida haben am Mittwoch 18 lateinamerikanische Staaten, unter ihnen Mexiko, Kolumbien, Brasilien und Kuba, eine gemeinsame Polizeibehörde mit dem Namen Ameripol geschaffen. Sie soll neben dem Drogenhandel auch den Terrorismus, Menschenhandel, Waffenschmuggel und die Geldfälschung bekämpfen. Die USA, Kanada und Europa haben Unterstützung zugesagt.
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