"Achse des Bösen": Nordkorea soll kein "Schurke" mehr sein
Die USA wollen das Regime in Pjöngjang von der Liste streichen, weil Nordkorea bis Jahresende alle Atomanlagen stilllegen will. Nordkorea hofft auf finanzielle Hilfe des Westens.
Die USA wollen Nordkorea von ihrer Liste der "Schurkenstaaten" streichen, die den internationalen Terrorismus fördern. Als Gegenleistung ist das Regime von Kim Jong-Il bereit, bis zum Ende 2007 alle seine Atomanlagen stillzulegen. Darauf verständigten sich gestern in Genf nach zweitägigen Gesprächen die Unterhändler Washingtons und Pjöngjangs, Christopher Hill und Kim Gye Gwan.
Nordkorea werde "eine vollständige Liste aller seiner Nuklearprogramme" vorlegen und die Anlagen "bis Ende 2007" stilllegen", erklärte Hill. Dies schließe auch die Urananreicherung ein. "Im Gegenzug dazu werden wir politische und wirtschaftliche Entschädigungen erhalten", sagte sein Verhandlungspartner Kim. "Wir werden kein feindlicher Staat mehr sein."
Dies könnte ein Durchbruch im vertrackten Konflikt um Pjöngjangs Atomprogramm bedeuten: Bislang hatten die Nordkoreaner nie eine Frist genannt, bis zu der sie ihre Nuklearanlagen offen legen wollten, wie sie es bei den Sechs-Parteien-Gesprächen am 13. Februar in Peking versprochen hatten.
Unklar ist allerdings, ob beide Seiten unter "alle Nuklearanlagen" dasselbe verstehen - und ob "stilllegen" nur "einmotten" oder "verschrotten" bedeutet. Im September trifft er Unterhändler Kim in Peking wieder. Der Teufel steckt im Detail. Man arbeite noch daran, die Einzelheiten festzuklopfen, sagte Hill.
Nordkoreas Atompoker zahlt sich aus. Sein höchstes Ziel war es immer, Sicherheitsgarantien zu erhalten und von den USA diplomatisch anerkannt zu werden. Das hatte Präsident George W. Bush stets strikt abgelehnt. Doch nun ist Washington - angesichts der Desaster in Afghanistan und im Irak - daran interessiert, wenigstens im Koreakonflikt Erfolge vorweisen zu können. Deshalb verbreitet Hill Optimismus, wo er kann. Woran sein Chef nicht erinnert werden will: Bushs Vorgänger Bill Clinton war schon 1994 so weit.
Der "Große Führer" Kim Jong-Il weiß, dass er schnell agieren muss: Erst wenn sein Land nicht mehr auf der "Schurken"-Liste steht, können die Weltbank und andere Finanzinstitutionen anbieten, mit Pjöngjang zusammenzuarbeiten. Die völlig zerrüttete Infrastruktur Nordkoreas zu reparieren, ist so teuer, dass nur die großen internationalen Geldgeber genug Mittel aufbringen können.
Dem ist Kim nun ein Stück näher gekommen - und damit auch seinem Ziel, weniger abhängig vom Wohlwollen Chinas zu sein, das sich bei den Verhandlungen mehr und mehr an den Rand gedrängt sieht.
Gleichzeitig sieht Kim auch an anderer Front Fortschritte: In den letzten Wochen sind die Kontakte mit Seoul wieder enger geworden. Beide Seiten halten an ihrem Plan eines zweiten koreanischen Gipfeltreffens seit 2000 fest. Anfang Oktober will Südkoreas Präsident Roh Moo-hyun mit einer großen Wirtschaftsdelegation in einer Autokolonne durch die schwer bewachte Grenze am 38. Breitengrad nach Pjöngjang reisen.
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