piwik no script img

Achim, 61,Karlsruhe

Das Beste ist, wenn man jemanden findet, der einen ein paar Nächte bei sich schlafen lässt. Das können Bekannte sein oder – wenn man sich traut, sie anzusprechen – Leute auf der Straße, die vertrauenswürdig erscheinen. Aber das kommt immer seltener vor, dass da jemand mal Ja sagt. Auch gut sind trockene Hauseingänge oder die Plätze in der Fußgängerzone, wo die Wärme aus den U-Bahnen hochkommt. Die Plätze sind dann auch mal umkämpft. Insgesamt stelle ich fest, dass die Bürger in der Stadt immer weniger akzeptieren, wenn Obdachlose irgendwo ihr Quartier aufschlagen. Da wird schnell die Polizei geholt oder die Hauseingänge sind mit Toren verschlossen. Früher haben Kollegen von mir auch mal auf einem Campingplatz überwintert, doch auch da werden wir Wohnungslose immer seltener akzeptiert. Aber es ist immer noch besser als in den meisten anderen Ländern in Europa. Da gibt es oft noch viel weniger Akzeptanz für Menschen auf der Straße.

Wichtig ist halt immer, dass du einigermaßen warm und trocken liegst. Das kann auch ein Sandboden unter einer Brücke mit Schlafsack und Isomatte sein. Aber ich habe immer schlecht auf der Straße geschlafen. Ich habe immer Angst gehabt, dass mich jemand überfällt. Junkies oder andere Wohnungslose. Das hatte ich immer im Hinterkopf. Inzwischen passiert es aber auch hier in Karlsruhe, dass irgendwelche Leute zum Spaß Menschen auf der Straße angreifen. Ich finde, die Gewalt hat auf der Straße insgesamt stark zugenommen.

Eigentlich gibt es in der Stadt für den Winter genug Schlafplätze. Zum Beispiel in der Kriegsstraße 88. Wenn man sich registrieren lässt, hat man ein eigenes Bett und kann tagsüber kommen und gehen, wie man will. In der Kleiderkammer gibt es frische Wäsche, und man kann seine Sachen auch für zwei Euro waschen und trocknen. Die „88“ ist ein guter Ort, um über den Winter zu kommen. Aber wenn man fremd in einer Stadt ist, muss man diese Orte erst mal finden. Da ist man auf Tipps angewiesen. Benno Stieber

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen