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Abzug aus AfghanistanDie erste Etappe beginnt

Drei Provinzen und vier Provinzhaupstädte gehen im Sommer in die Verantwortung des afghanischen Militärs. Die komplette Übergabe soll bis 2015 abgeschlossen sein.

Die Millionenstadt Masar i-Sharif gehört zu den Städten, die in afghanische Verantwortung übergeben werden: die blaue Moschee. Bild: dapd

BERLIN taz | Afghanistans Streitkräfte sollen ab Juli die Sicherheitsverantwortung für drei Provinzen sowie vier weitere Provinzhauptstädte übernehmen. Das verkündete Präsident Hamid Karsai am Dienstag in seiner Ansprache zum afghanischen Neujahr, das immer zu Frühlingsanfang beginnt.

Damit wird die erste Etappe eines Übergabeprozesses beginnen, der bis 2015 im ganzen Land abgeschlossen sein soll und im Nato- und UN-Jargon offiziell mit dem Dari-Wort Inteqal (Transfer) bezeichnet wird. Das wiederum soll die Voraussetzung dafür bilden, dass die meisten Nato-Truppen bis Ende 2014 abziehen können.

Zu den Gebieten, die zuerst übergeben werden sollen, gehören zwei sehr ruhige Provinzen, Bamian in Zentralafghanistan und Panjschir nördlich von Kabul, in denen die Taliban kaum eine Rolle spielen. Die Provinz Kabul, zu der neben der Hauptstadt 13 weitere Distrikte gehören, in denen die Taliban hoch aktiv sind, ist da schon weitaus problematischer.

Den Distrikt Sarobi, an dem sich nach 2001 deutsche und französische Truppen die Zähne ausbissen, wie in den achtziger Jahren schon die sowjetischen Besatzer, nahm Karsai ohnehin aus. Die Übergabe der Großstädte Herat und Masar-i-Scharif dürfte dagegen relativ leicht sein, obwohl ihr Umland unruhig ist. Die kleineren Städte Mehtarlam und Laschkargah im paschtunischen Osten beziehungsweise Süden liegen hingegen mitten im Aufstandsgebiet, Letztere ist eine Schaltstelle des Drogenhandels.

Badachschan im Nordosten, wo Deutschland ein Provinzaufbauteam (PRT) unterhält und deutsche Soldaten stationiert sind, wird noch nicht übergeben. Das hatte die Bundesregierung ursprünglich angestrebt. Außenminister Guido Westerwelle begrüßte dennoch, dass "die Stadt Masar-i-Scharif im deutschen Verantwortungsbereich zu den ersten Gebieten gehört, in denen unsere afghanischen Partner nun die Sicherheitsverantwortung übernehmen". Westerwelle bekräftigte das Ziel, bis Ende 2014 die Voraussetzung für den Abzug der Isaf-Truppen zu schaffen.

Kabul-Stadt war bereits im August 2008 ohne großes Aufheben in Kabuler Verantwortung transferiert worden. Seither ist die Zahl der Isaf-Patrouillen im Stadtbild zurückgegangen, dafür ist mehr afghanische Polizei zu sehen. Deren Kontrollposten ziert die selbstbewusste Aufschrift "Ring aus Stahl". Das hindert viele Polizisten aber nicht daran, gegen 17 Uhr Feierabend zu machen. Sollte sich diese Arbeitsmoral auch in den sieben neuen Inteqal-Gebieten breitmachen, ist die Übergabe eher eine Einladung an die Taliban.

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