: Absturz in der Wählergunst
betr.: „Land unter an der Ostseeküste“, Kommentar von Ralph Bollmann, taz vom 12. 9. 06
Was Herr Bollmann in seinem Kommentar schreibt, ist schon ein starkes Stück! Er spricht von „wachsendem Optimismus“ im Westen und schaut dabei auf die jüngsten Wahlergebnisse in Niedersachsen. Doch nicht etwa „fast 80 Prozent der Wahlbürger“, wie uns Herr Bollmann weismachen will, sondern insgesamt noch nicht einmal 40 Prozent der Wahlberechtigten haben für die große Koalition gestimmt. Der Vergleich zur letzten Kommunalwahl zeigt, wie die Volksparteien heutzutage überhaupt noch Wahlen „gewinnen“: indem ihr Absturz in der Wählergunst etwas langsamer verläuft als beim politischen Gegner. So hat die CDU über ein Zehntel ihrer Wählerschaft von 2001 verloren, die SPD sogar über ein Achtel.
Noch verzerrter ist Ralph Bollmanns Blick in den Osten. Anstatt zu skandalisieren, dass es ausgerechnet die unappetitlichen Neonazis sind, die als einzige Partei die sozialen Nöte der Durchschnittsbürger überhaupt thematisieren, unterstellt er den Menschen dort ein „mangelndes Demokratieverständnis“. Als Hoffnungsschimmer tischt uns Herr Bollmann auf, dass sich „die Politik“ nach einem Erfolg der NPD endlich mal um die Region Usedom kümmern mag. Die Kürzungen bei den Antirassismusprojekten Ostdeutschlands zeigen jedoch, dass sich das Interesse an Ursachenbekämpfung in sehr engen Grenzen hält. GEROLD SCHWARZ, Hamburg