Absturz eines Hoffnungsträgers: Ciftlik hinter Gittern
Der ehemalige Sprecher der Hamburger SPD sitzt in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft, die gegen ihn ermittelt, sieht "Verdunkelungsgefahr".
Man nannte ihn den "Obama von Altona", die Frauenzeitschrift Brigitte fand ihn "zum Niederknien". Doch das ist lange her. Wenn Bülent Ciftlik in den letzten Wochen durch Altona ging, duckte er sich und wich den Blicken aus. Könnte ja sein, dass die Leute ihn erkennen.
Am Dienstagabend ist der ehemalige Bürgerschaftsabgeordneter und Sprecher der Hamburger SPD verhaftet worden. Seitdem sitzt er im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis. Die Staatsanwaltschaft befürchtet "Verdunkelungsgefahr". Ciftlik könne versuchen, Beweise zu fälschen und Zeugenaussagen zu beeinflussen.
Bereits letztes Jahr ist der ehemalige Hoffnungsträger der Hamburger SPD wegen "Vermittlung einer Scheinehe" zu einer Geldstraße verurteilt worden. Zum Auftakt der Berufungsverhandlung am Freitag erschien er schon nicht mehr - er sei krank, ließ Ciftlik mitteilen.
Wegen elf Straftaten wird derzeit gegen Ciftlik ermittelt, darunter HAMBURG taz | "Anstiftung zur Urkundenfälschung" im Wahlkampf 2008. Der SPD-Politiker soll Briefwahlunterlagen mit den Daten türkischer Wähler aus Altona ausfüllen haben lassen. Einen ehemaligen Mitarbeiter, der gegen ihn ausgesagt hat, soll er am 15. Februar in die Kellerräume seines Altonaer Abgeordnetenbüros bestellt, ihn bedroht und "mit der flachen Hand ins Gesicht" geschlagen haben.
Nach Auskunft von Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers war es dieser Vorfall, der zum Haftbefehl führte. Allerdings bestehe die Verdunkelungsgefahr auch bei den anderen Straftaten, die Ciftlik vorgeworfen werden. So soll er LKA-Vermerke gefälscht haben, die belegen sollten, dass die SPD-Politiker Mathias Petersen und Thomas Böwer ihn wegen der Scheinehe bei der Polizei denunziert haben. Beide galten parteiintern als Gegenspieler von Ciftlik.
Der Scheinehe-Prozess, bei dem Ciftlik darauf bestand, seine Unschuld zu beweisen, hat ihm kein Glück gebracht. Allein sieben Ermittlungsverfahren laufen wegen angeblicher Straftaten, die er im Zuge des Prozesses begangen haben soll. So soll Ciftlik eine E-Mail der Hauptbelastungszeugin, einer Ex-Freundin von ihm, gefälscht haben, wonach ihre Beschuldigungen gegen Ciftlik erfunden seien.
"Wir haben Hinweise darauf, dass es Ciftlik gelungen ist, mithilfe eines Überwachungsprogramms die Passwörter der Frau zu knacken", sagt Oberstaatsanwalt Möllers. Außerdem sei er verdächtig, Entlastungszeugen zu Falschaussagen angestiftet zu haben.
In dem Scheinehe-Prozess urteilte das Gericht, Ciftlik habe seine Ex-Freundin überredet, einen türkischen Imbissbuden-Besitzer zu heiraten. Der Mann, der durch die Ehe zu einer Aufenthaltserlaubnis kam, revanchierte sich mit einem Darlehen für Ciftliks Wahlkampf.
Als er am Mittwoch dem Haftrichter vorgeführt wurde, hat Ciftlik, der sonst stets seine Unschuld beteuerte, geschwiegen, sagt Oberstaatsanwalt Möllers. Er habe einen "gefassten Eindruck" gemacht. Seine beiden Verteidiger hätten einen Haftprüfungsantrag gestellt.
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