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Abstimmungen über Cannabisfreigabe„Legalize it“ wird Mainstream

In weiteren US-Bundesstaaten wird am Dienstag über die Freigabe von Cannabis abgestimmt. Das Ergebnis könnte weltweit positive Folgen haben.

Kiffen zu Erholungszwecken: In Colorado und Washington schon legal. Bild: dpa

BERLIN taz | Bei den sogenannten Midterm Elections am kommenden Dienstag entscheidet sich nicht nur, wie der nächste US-Kongress zusammengesetzt sein wird – auf dem Spiel steht auch, ob die Debatte über eine entkriminalisierte Drogenpolitik Fahrt aufnimmt oder einen Dämpfer bekommt. Denn in gleich mehreren parallel abgestimmten Volksentscheiden geht es um die Freigabe von Cannabis.

In Alaska und Oregon stehen Gesetzentwürfe zur Abstimmung, die sich stark an dem orientieren, was in den Bundesstaaten Colorado und Washington seit diesem Jahr praktiziert wird. Der Besitz von Marihuana ist dort nicht nur legal, sondern der Verkauf ist staatlich lizensiert, kontrolliert und besteuert. Und zwar nicht nur – wie in rund 20 weiteren Bundesstaaten – zu medizinischen Zwecken, sondern einfach zum High sein. Recreational Marihuana – Kiffen zu Erholungszwecken, heißt das offiziell.

Das wollen die entsprechenden Initiativen auch in Oregon und Alaska erreichen, und zumindest in Oregon scheinen die Chancen dafür gar nicht schlecht zu stehen. In Alaska ist das knapper.

In Florida ist es noch nicht so weit – hier steht die Freigabe für medizinische Zwecke zur Abstimmung, Medical Marihuana. Aber was erst recht chancenreich aussah, hat inzwischen in den Umfragen deutlich verloren – nicht zuletzt durch einen plötzlichen Finanzschub der Gegner, zu denen vor allem führende Republikaner gehören wie Gouverneur Rick Scott und Senator Marco Rubio, dem Präsidentschaftsambitionen nachgesagt werden.

Wichtige Geldgeber für die Republikaner

Fünf Millionen Dollar haben die Gegner in den letzten Wochen für Wahlkampf erhalten – von Sheldon Alderson. Das ist jener konservative Casinobesitzer, der in den Präsidentschaftswahlen 2012 mit 20 Millionen Dollar zugunsten von Newt Gingrich erst in den Vorwahlen das Image von Mitt Romney zerstörte, um es dann, als Romney schließlich doch republikanischer Kandidat wurde, mit weiteren Millionen wieder notdürftig zu reparieren. Dass Alderson sich so engagiert, ist ein klares Zeichen für die Republikaner, in der Antifront zu bleiben – Leute wie er sind wichtige Geldgeber republikanischer Kandidaten im ganzen Land.

Anders sieht es in Washington DC aus, der Hauptstadt. Dort ist schon seit diesem Jahr der Besitz von bis zu 28 Gramm Marihuana (1 ounce) zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft worden (Bußgeld: 25 Dollar).

Per Referendum soll jetzt erreicht werden, dass der Besitz auch der doppelten Menge einfach vollkommen legal wird. Eigentlich würden die Initiatoren gern weitergehen und Gesetze wie in Colorado und Washington erreichen – das klappt aber nicht, weil Regulierung und Besteuerung Ausgaben nach sich ziehen, und darüber dürfen die BürgerInnen in der Hauptstadt nicht entscheiden. Wohl aber Bürgermeister und Stadtrat – und beide Kandidaten für das Bürgermeisteramt, über das ebenfalls am Dienstag abgestimmt wird, sind klare Legalisierungsbefürworter.

Die Referenden in diesem Jahr bilden nach Einschätzung vieler nur den Auftakt für weitere Abstimmungen und mögliche Änderungen auch in der US-Bundespolitik 2016. Bislang hat die Regierung Obama den Verstoß der Legalisierungsstaaten gegen Bundesgesetze nicht nur hingenommen, sondern auch die Rügen der Internationalen Drogenkontrollkommission wegen mutmaßlicher Verletzung der UN-Drogenkonventionen abgewehrt.

Der nächste Schritt könnte sein, diese Konventionen, zumindest in Bezug auf Cannabis, einfach zu ändern. Und so hat, was am Dienstag in Alaska, Oregon, Washington DC und Florida geschieht, womöglich große Auswirkungen auch außerhalb der USA.

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11 Kommentare

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  • Verantwortbare Drogenpolitik und die Nutzpflanze Hanf als Rohstoff für eine prohibitionsfreie Nutzung, genau darum geht es. Ich hoffe schwer, das wenn Cannabis legalisiert werden sollte, es hauptsächlich um Inhalte und nicht um Gewinnabsichten einiger weniger gehen wird. Der Mensch an sich muss im Vordergrund stehen und die Entwicklung hin zu demokratisch legitimierten Sachdiskussionen von Mensch zu Mensch nach dem wieso, weshalb, warum.

  • Seid ihr sicher, dass die mit der Legalisierung von Cannabis nicht einfach wieder eine neue Wundertüte aufmachen, um das Volk ruhig und gefügig zu halten. Vielleicht haben sie Angst, dass die bisherigen legalen Drogen Alkohol, Kaffee und Fernsehen nicht mehr ausreichen, um den Aufstand zu verhindern, wenn es nun bald hart auf hart geht, wenn die Spargroschen schmelzen wie Butter in der sonne und die Arbeitslosen zahlen in die Höhe schießen.

    Denen ist schon klar, dass ein bekifftes Volk das auch weiterhin alles brav hinnehmen wird.

     

    Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die das aus reiner Menschenfreundlichkeit machen und nicht es nicht einen tieferen, bösen Zweck dahinter gibt. Bleibt wachsam!

  • der sieg der legalizer ist sicher-es geht um steuergelder-bei uns in DE wären es circa 4mrd-unter berücksichtigung aller nebeneffekte-undsowieso-der drogenkrieg kann nicht mehr gewonnen werden

  • Also jetzt nicht dass ich was dagegen hätte, aber ich brauch das Zeug schon lange nicht mehr. Interessant finde ich aber die Entwicklung des Hanfs. Mein Opa erzählte mir noch, dass er bei den Bauern während und nach dem Krieg immer Hanf rauchte. Dass das das selbe Zeug war wie Cannabis später war ihm natürlich nicht bewusst - wenn sicherlich nicht mit dem Zeug heute vergleichbar. Die Lutherbibel wurde auf Hanfpapier gedruckt (sonst würde die nicht mehr existieren), es gab eine hanfbasierte Stoffindustrie. Die erste Levisjeans war aus Hanf usw. Also abseits des Rauchens: geniale Pflanze, sehr nützlichen, könnte/kann man viel daraus machen. Jetzt kamen Amis und sagten: böse http://www.youtube.com/watch?v=CANBdLJSTog Alle Welt tanzt nach deren Pfeife=böse. Jetzt kommen Amis: gutt. Und die Welt pfeift die Flöte. Schon lustig. Im legendären Hanfhandbuch hab ich einst die "Verschwörungs"-Theorie gelesen, die Amis hätten das nur verteufelt um ihre Baumwollindustrie zu pushen :-) und den anderen Markt zu vernichten. Ich hab mal gehört selbst Uniformen waren einst aus Hanf.

    • @fornax [alias flex/alias flux]:

      Es ist wirklich erstaunlich, was alles aus Hanf hergestellt werden kann. Ich danke Dir für Deinen Beitrag. Bisher dachte ich immer, die Amis hätten damals nur das THC-haltige Marihuana, nicht aber den Nutzhanf verboten.

      • @hansmaulwurf:

        Ich glaub das eine hat sich dann aus dem anderen ergeben, was wohl auch beabsichtigt war. In dem Hanfhandbuch (heißt auch so), wird das auch recht schlüssig erklärt. Ist aber schon ne Ewigkeit her, das ich das las. Cannabis war wohl auch mal bei Erkältungen angeraten und in der Apotheke erhältlich - so in Milch auflösen mit Kakao z.B. In Ostdeutschland wurde das wohl noch regulär angebaut - Faserhanf. Hatte mal nen Nachbar aus der noch aus der DDR ausreiste, in den Westen kam, der die Pflanze sofort erkannte. Gibt auch wunderrbare Dämmstoffe davon. In China wird es noch angebaut, da die Pflanze wohl auch Schädlinge von den Feldern abhält - die pflanzen das um die Felder drumherum scheinbar. Gibt auch super Klamotten davon. Die Jeans kann ich sehr empfehlen, auch die Hemden. Ist sehr atmungsaktiv, kein Vergleich zu Baumwolle und sehr weich, nicht sperrig. Anfangs ungewohnt, wir kennen ja nur sperrige Jeans. Ist eine ganz tolle Pflanze, nachwachsender Rohstoff, einjährig, ohne Pestizde pflanzbar, abseits der Rauchgeschichte könnte das viel bewegen. Ob das gewollt ist?

        • @fornax [alias flex/alias flux]:

          @Hansmaulwurf

          leider sind die Hanfklamotten ja oft sehr teuer, da fehlende Massenproduktion. Aber im Sommer echt ein Traum - falls du das nicht schon kennst... Firma Hempage z.B.

           

          Interessant ist, wenn man sich anschaut, wie viel Wasser für ein konventionelles T-Shirt (Baumwolle) gebraucht wird: bis zu 15 000 Liter. Normal zwischen 2-4000 Liter http://idblog.hdm-stuttgart.de/dund/2013/04/29/wie-viel-wasser-verbraucht-man-fur-ein-t-shirt/

           

          Hab mich da mal vor ein paar Jahren informiert. Für ein T-Shirt aus Hanf braucht man nicht einmal 1/3 soweit ich noch weiß. Und die Pflanze kommt schon beim Anbau ohne Pestizide aus, was sich auch positiv auf das Endprodukt auswirkt (Hautverträglichkeit usw.).

          • @fornax [alias flex/alias flux]:

            @Hansmaulwurf

             

            Schiller/Goethe sollen angeblich auch das Zeug geraucht haben. Hab ich zumindest mal irgendwo gelesen - war ja auch verbreitet früher.

             

            Das Reinheitsgebot für das Bier wurde auch eingeführt, da die Mönche alles mögliche reinmixten: Bilsenkraut, Tollkirsche, Fliegenpilze, wohl auch Hanf und dann wohl nimmer so empfänglich waren für die Kirchengeschichten :-), was weiß ich...

             

            Gut, manche Sachen davon sind auch mit Vorsicht zu genießen. Jetzt muss ich aber aufpassen (NSA) bin ja bayerischer Schwabe...die sind krass hier, der Bullenstoßtrupp.

  • Endlich! Wenn sich die Legalisierung in den USA wirklich durchsetzt, wird das weltweite Auswirkungen haben. Hoffentlich schwappt diese Welle auch auf Deutschland über. Damit würde man mit einem Schlag den Drogendealern den Garaus machen und die Gesundheitsrisiken der Konsumenten senken. DAS wäre verantwortungsvolle Drogenpolitik.

    • @hansmaulwurf:

      Vielleicht werd ich dann doch noch zum Hanfbauern. War früher immer so ein Traum :-)