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Abstiegskampf in WolfsburgSchrei nach mehr Feuer

Der VfL Wolfsburg bezwingt in einem mauen Spiel Bochum. Grundsätzlich hat sich der Klub mit der Annahme vertan, Fußball müsse gearbeitet werden.

Augen zu und durch: Wolfsburgs Aster Vranckx (r) im Kopfballduell mit Bochums Jacek Goralski

Es war ein leuchtendes Feuerwerk, was da in der Wolfsburger Arena über große Teile der Partie abgebrannt wurde. Allerdings nur in der Nordkurve. Das Spiel selbst zwischen den Wölfen und dem VfL Bochum war so, wie es halt ist, wenn zwei abstiegsgefährdete Teams mit miserablem Lauf aufeinandertreffen.

Aber wie das halt auch ist in einer ergebnisfixierten Welt, der Gewinner hat immer Recht, und das ist der VfL Wolfsburg. Jonas Wind (43.) war der Torschütze des siegbringenden 1:0. Nun soll das nicht respektlos sein gegenüber Spitzenfußballteams, die sich eine Woche lang seriös mit modernsten Mitteln und Methoden auf so ein Spiel vorbereiten und dann alles reinhauen. Nur kann eben trotzdem ein maues Spiel herauskommen.

Durch den glücklichen Sieg können die Wolfsburger sich erst mal bestätigt fühlen, was auf dem Platz passierte und grundsätzlich, dass sie vor vier Spieltagen Ralph Hasenhüttl anstelle von Niko Kovač als Cheftrainer installiert haben. Es war (schon) der zweite Sieg mit Hasenhüttl und (erst) der zweite in der Rückrunde. Zugleich war das Spiel ein Spiegelbild dieser Saison mit ordentlichem Beginn, ordentlichem Durchhänger, fehlender Effizienz beim Abschluss und großen Schwierigkeiten, mit Ballbesitz etwas anzufangen. Die Laufwerte stimmen offenbar, die Laufwege gegen den Ball auch, doch sobald man den Ball hat, ist das Tempo meist raus.

Selbstverständlich hat der als Keilstürmer agierende Jonas Wind seinen zehnten Saisontreffer cool erzielt – nach knapp sechs torlosen Monaten. „Ein gutes Finish“, sagte der Däne, und Trainer Hasenhüttl hofft verständlicherweise auf ein „befreiendes Erlebnis“. Es war allerdings bezeichnend, wie das Tor zustande kam: Nach einem Flugball von VfL-Torhüter Pervan und einer missglückten Flanke von Tiago Tomás reihten sich diverse Bochumer Fehler aneinander. „Drei- bis viermal können wir vorher klären“, sagte der gerade erst zum Cheftrainer beförderte Bochumer Trainer Heiko Butscher. Sagen wir: Zwei Fehler hätten möglicherweise vermieden werden können, die beiden anderen waren für Wolfsburg glücklich landende Flipperbälle.

Ohne emotionale Kraft

Mit dem Sieg hat der VfL bei vier noch ausstehenden Spielen vier Punkte zwischen sich und die Bochumer gebracht, die nun ein führender Kandidat auf Relegationsplatz 16 sind. Beide Teams profitieren davon, dass es mit Darmstadt und Köln noch schwächere Teams gibt. Es könnte also ein weiteres Mal reichen, für den VfL Wolfsburg, der 1997 zufällig aufstieg, seit 2001 eine hundertprozentige VW-Tochter ist und seither zwischen Titeln (2), Champions League-Teilnahmen (3) und Fast-Abstiegen (5) flippert.

Nach dem letzten Erfolgsjahr mit Trainer Oliver Glasner (20/21) geht es wieder deutlich abwärts, das betrifft nicht nur die Tabelle, sondern eben auch die Qualität des Kaders, von dem Gegner und Fernsehexperten reflexhaft behaupten, dass er ja individuell soooo stark besetzt sei. Na ja, man kann jedenfalls beim besten Willen nicht behaupten, dass der gerade verabschiedete Sportchef Marcel Schäfer seit der Übernahme von Jörg Schmadtke den VfL vorangebracht hätte.

Und dann ist da noch etwas. Das ist nur eine These, aber vielleicht hat sich der VfL schlicht bei Trainer- und Kaderausrichtung mit der Annahme vertan, an einem Standort wie Wolfsburg müsse Fußball „gearbeitet“ werden (Slogan: „Arbeit, Fußball, Leidenschaft“), um das Lebensgefühl der Stadt und der Region widerzuspiegeln. Mal abgesehen davon, dass die Leute in Wolfsburg und bei VW längst keine klassischen Arbeiter mehr sind, sondern meist bürgerliche Mittelschicht, die Knöpfe drücken oder Computer bedienen.

Harte Arbeit ist die Grundlage für jede Art von Fußball und kein Exzellenz- oder Erfolgsversprechen, wie man ja mit Niko Kovač eindrücklich demonstriert bekommen hat. Fußball beginnt interessant und emotional zu werden und eine kollektive Kraft und Bindung zu entfalten, wenn aus der Arbeit, dem Einsatz, den Laufwegen und so weiter ein zumindest stellenweise mitreißendes Erlebnis wird. Daran fehlt es beim VfL, nicht an der „Arbeit“. Das Feuerwerk aus der Nordkurve könnte so gesehen auch ein Schrei nach einem Fußball sein, der über große Gefühle verbindet.

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