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Abstammungsrecht in Deutschland91 Thesen für Neuregelung

Sachverständige legen ihren Bericht zur Reform des Abstammungsrechts vor. Sie fordern mehr Rechte für genetische Väter und lesbische Paare.

Die Rechte der genetischen Väter sollen gestärkt werden Foto: ap

Das Abstammungsrecht in Deutschland muss reformiert werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom Bundesjustizministerium eingesetzte ExpertInnenkommission, die nach zweijähriger Arbeit ihren Abschlussbericht vorgelegt hat.

Die Sachverständigen empfehlen eine „moderate Fortentwicklung der bisherigen Regelungen zu einem stimmigen Gesamtkonzept“. Sie drängen darauf, den Begriff „Abstammungsrecht“ zu ersetzen. Der Begriff „Abstammung“, so heißt es in dem Bericht, der der taz vorliegt, suggeriere, dass es nur um Personen gehe, die auch genetisch miteinander verwandt sind. Dies sei zwar ein zentrales, aber nur ein Prinzip für die Zuordnung. Der Arbeitskreis schlägt deshalb vor, künftig von der „rechtlichen Eltern-Kind-Zuordnung“ zu sprechen.

Insgesamt 91 Thesen haben die elf Sachverständigen formuliert. Danach soll die bestehende Möglichkeit, den zweiten rechtlichen Elternteil einvernehmlich zu bestimmen, ausgeweitet werden. So soll der genetische Vater eines Kindes – bei Zustimmung der Schwangeren und ihres Ehemannes – seine Vaterschaft anerkennen können, auch dann, wenn kein Scheidungsverfahren anhängig ist. Die Position des genetischen Vaters soll gestärkt werden: Er soll die rechtliche Vaterschaft, zum Beispiel des Ehemannes der Mutter, unmittelbar nach der Geburt anfechten können.

Änderungen soll es auch für lesbische Paare geben. Zweiter Elternteil kann neben der Mutter sowohl ein Mann, der Vater, als auch eine Frau sein, die „Mit-Mutter“, schlagen die ExpertInnen vor. Durch die Entwicklung in der Reproduktionsmedizin kommen immer häufiger Kinder zur Welt, die mindestens mit einem Elternteil nicht mehr genetisch verwandt sind, wie bei der Samen- oder der in Deutschland verbotenen Eizellspende. Zudem gibt es noch die Embryonenspende, bei der eine Frau einen bei einer künstlichen Befruchtung übrig gebliebenen Embryo eines anderes Paares austrägt. In Deutschland verboten ist die Leihmutterschaft.

Schwierige Zuordnung

Wie schwierig die Zuordnungen werden können, macht das Glossar im Anhang des Berichts deutlich: Da gibt es die „genetische Mutter“, die „nur-genetische Mutter“ und die „nur-teilgenetische Mutter“. Weiter gibt es die „rechtliche Mutter“, die „Geburtsmutter“, die „biologische Mutter“ und auch noch die „leibliche Mutter“.

Als rechtliche Mutter gilt die Frau, die das Kind geboren hat

Der Arbeitskreis sprach sich dafür aus, beim geltenden Recht in Deutschland zu bleiben, nach dem die Frau, die das Kind geboren hat, die rechtliche Mutter des Babys ist. Dies soll auch für die Embryospende und die Leihmutterschaft gelten. Das bedeutet, dass eine Frau nicht die Mutterschaft für das Baby einer Leihmutter übernehmen kann, auch wenn das Baby aus ihrer Eizelle stammt. Leihmutterschaft ist in Deutschland zwar verboten, in manchen EU-Ländern aber erlaubt.

Der Arbeitskreis rät allerdings, dass in Fällen, wenn die Leihmutterschaft im Ausland erfolgte und dort legal war, der Erzeuger und nach deutschem Recht damit rechtliche Vater als Vater gelten soll. Die Kommission hatte nicht die Aufgabe, über die Legalisierung von Leihmutterschaft in Deutschland zu befinden.

Viele Rechtsfragen knüpfen an die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung an: Das Erbrecht, das Unterhaltsrecht, das Namensrecht und das Staatsangehörigkeitsrecht. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hofft mit dem Bericht auf eine „großartige Orientierungs- und Entscheidungshilfe“, um ein modernes Abstammungsrecht auf den Weg zu bringen. Dem Arbeitskreis gehörten elf ExpertInnen aus Justiz, Medizin und Psychologie an.

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2 Kommentare

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  • Solange das "gleiche Blut" bei der Abstammung eine Rolle spielt, wird es bei den heutigen medizinischen Möglichkeiten eben kompliziert.



    Eltern sind m. E. die Menschen, die ein Kind aufziehen: " Zwei Mütter und ein Vater, zwei Väter ohne Mutter, eine Mutter und ein Vater, eine Mutter allein, ... Wer sonst noch an der Entstehung des Kindes beteiligt war, scheint mir unerheblich und wie man sie bezeichnet ebenfalls.

    Aber es gibt noch ein anderes Abstammungsproblem, das deutlich weiter verbreitet ist und sich gravierend auf Menschen auswirken kann. Es handelt sich um den "Migrationshintergrund": „Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. .... " (Statistisches Bundesamt 2016).



    Mit dieser Definition können Menschen einen Migrationshintergrund haben, selbst wenn ihre Vorfahren schon Generationen lang in Deutschland geboren wurden oder mehrheitlich Deutsche sind.



    Echte Deutsche zu sein, ist für diese Menschen nicht vorgesehen, da ist doch immer dieser Hintergrund, irgendwie undeutsch. Er erinnert mich an Halbjude, Geltungsjude und solcherlei Nazi-Zeug. Zudem gilt die Definition nur für Nicht-Kriegsvertriebene. Glücklicherweise gibt es keine Pässe, die in die Zeit des Heiligen Römischen Reiches zurückreichen. Dann würde es ebenfalls sehr kompliziert mit den Hintergründen.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Hört sich nicht dumm an.

     

    Nur das Wort "Erzeuger" ist irgendwie seltsam. So ein Diminutiv passt nicht zu exakten Sprache, wenn es um die Mutter geht.

    "Erzeuger" sind umgangssprachlich biologische Väter, die sich nicht ihrer Vaterrolle stellen. Sie sind nur "Erzeuger". Von "Erzeugerinnen" habe ich noch nie etwas gehört. Bei Frauen ist immer von der "leiblichen" oder "biologischen Mutter" die Rede, auch wenn diese ihre Mutterrolle nicht annehmen. "Erzeuger" halte ich für ein Schimpfwort wie "Loser", das gibt es nur für Männer.

     

    Menschen werden normalerweise gezeugt und nicht erzeugt.

     

    In dem Kontext einer Leihmutterschaft (da ist vom "Erzeuger" die Rede) findet ein Zeugungsakt aber gar nicht statt, sondern tatsächliche eine technische Erzeugung. Der "Erzeuger" ist hier wohl am ehesten der Labortechniker, der die künstliche Befruchtung mit den gespendeten Ei- und Samenzellen durchführt.

    Wie wäre es, sich einfach an den technischen Vorgang zu halten und vom "Samenspender" bzw. der "Eizellenspenderin" zu reden?