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Abschied von der LinksparteiWilke will nicht mehr

Ende eines Entfremdungsprozesses: Der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) ist aus der Linken ausgetreten. Zum BSW will er nicht gehen.

Ein Abschied „ohne Groll“ und „mit großer Dankbarkeit“: René Wilke hat die Linkspartei verlassen Foto: Patrick Pleul/dpa

Berlin taz | Nur der Zeitpunkt seines Abgangs kommt überraschend, trotzdem ist es ein herber Schlag für die kriselnde Partei: René Wilke, der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder), ist aus der Linken ausgetreten. Knapp drei Monate vor der Landtagswahl in Brandenburg verliert sie damit eines ihrer prominentesten Mitglieder. Es ist das Ende eines längeren Entfremdungsprozesses.

„Die inhaltlichen Differenzen mit der bundespolitischen Ausrichtung der Partei zu grundsätzlichen Fragen sind über die Jahre erkennbar zu groß geworden“, begründete Wilke am Wochenende seine Entscheidung. „Der innere Spagat war so für mich nicht mehr aushaltbar“, erklärte Wilke. Sein Oberbürgermeisteramt will er weiter ausüben.

Der politische Werdegang Wilkes war bislang untrennbar mit der Linkspartei verbunden. Um die Jahrtausendwende trat der gebürtige Frankfurter als 16-Jähriger in die damalige PDS ein, mit 20 Jahren übernahm er 2004 den Vorsitz des Kreisverbandes in seiner Heimatstadt. Nach seinem Zivildienst wurde er zuerst Wahlkreismitarbeiter einer Landtagsabgeordneten, dann zweier Bundestagsabgeordneten und zuletzt eines Europaabgeordneten der Linken.

2014 zog Wilke für die Partei in den Brandenburger Landtag ein. 2018 wurde er schließlich – unterstützt von einem Bündnis aus Linken, Grünen sowie parteilosen Persönlichkeiten – zum jüngsten Oberbürgermeister in der Stadtgeschichte Frankfurts gewählt.

Wilke kritisiert „vermeintlichen Pazifismus“

In den eigenen Reihen lange als Hoffnungsträger geltend, machte sich Wilke in seiner Oberbürgermeisterzeit über Parteigrenzen hinweg einen Namen als ein Ausgleich suchender und um Kompromisse ringender Realpolitiker. Schon seit einiger Zeit war dabei kaum mehr zu übersehen, dass er und seine Partei sich auseinandergelebt hatten.

So sagte er in einem taz-Interview im September 2021, er könne „es keiner anderen Partei empfehlen, mit meiner Partei nach der Bundestagswahl zu koalieren“. In der Linken gebe es „zu viele innere Gräben“. Außerdem kritisierte er die „mangelnde Kompromissbereitschaft“ und den fehlenden Gestaltungswillen auf Bundesebene. In der Linken gebe es „noch viele, die sich im Besitz der reinen Lehre wähnen“.

Als einen konkreten Kritikpunkt benannte Wilke auf der Kreismitgliederversammlung der Frankfurter Linken am Samstag zudem den Umgang mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Als „vermeintlichen Pazifismus“ bezeichnete er die Ablehnung jeglicher militärischer Unterstützung für das angegriffene Land. „Ich kann den fast 1.000 ukrainischen Menschen in unserer Stadt nicht gegenübertreten und eine Position vertreten, deren Umsetzung dafür sorgen würde, dass ihr Land überrannt wird“, sagte der 40-Jährige. Womit er auch deutlich machte, dass er seine politische Zukunft nicht in Sahra Wagenknechts BSW sieht.

Trotz aller Kritik an seiner alten Partei gehe er „ohne Groll und blicke mit großer Dankbarkeit auf die gemeinsame Zeit und die vielen Dinge, die ich in den vergangenen 24 Jahren gemeinsam mit den Mitgliedern der Linken gestalten konnte“, sagte Wilke. Mit seinem Schritt habe er denn auch „bewusst bis nach der Kommunalwahl gewartet, um der Partei keinen unnötigen Schaden zuzufügen“. Bei der Wahl hatte die Linke in Frankfurt starke Verluste erlitten und wurde mit 15,8 Prozent nur noch drittstärkste Fraktion in ihrer einstigen Hochburg.

Ausdrücklich bedankte sich Wilke, der erst einmal parteilos bleiben will, bei dem Brandenburger Linke-Landeschef Sebastian Walter, der für ihn ein Anker und glaubwürdiger Vertreter der Partei sei. Ungeachtet aller Differenzen wünsche er der Linken weiter Erfolg, denn sie würde „als Stimme in dieser Stadt, in diesem Land und auch im Bund gebraucht“.

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