Abschied von der Bremer Schwankhalle: „Es wird auch emotional“
Eine Party mit Performances von 15 bis 3 Uhr: So sagt die Leitung der Bremer Performing-Arts Spielstätte nach sieben Jahren Lebewohl.
taz: Frau Hewelt, Herr Ackermann, zwölf Stunden feiern, das klingt ja richtig nach Arbeit …
Marta Hewelt: Das ist auch Arbeit. Wir werden sicher ab dem Vormittag ganz schön rotieren. Wobei das Programm auch für uns eine Menge Überraschungen birgt.
Florian Ackermann: Wir haben verschiedenste Akteur*innen, mit denen wir hier in den vergangenen Jahren sehr lange und sehr gut zusammengearbeitet haben, gebeten, etwas zum Abschied für uns zu machen. Darauf sind wir sehr neugierig.
Irgendwas zu machen?
Ackermann: Nein, nicht beliebig: Es gibt die inhaltliche Vorgabe, dass es etwas mit einem dieser vielen Verben mit der schönen deutschen Vorsilbe ver- zu tun haben soll: Es soll ein Fest des Verabschiedens sein und der Veränderung.
Ist Ihnen denn wirklich nach Feiern zumute?
Hewelt: Doch, durchaus. Das waren jetzt sieben Jahre, die wir hier gearbeitet haben – intensive Jahre. Das ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um zu gehen.
geboren 1979, ist Theaterwissenschaftler und war ab 2019 künstlerischer Leiter der Bremer Schwankhalle.
Ackermann: Es wird schon auch emotional werden. Wir sind jedenfalls froh, überhaupt feiern zu können, endlich mal wieder so ein niedrigschwelliges Schwankhallen-Fest, wie es vor drei Jahren noch völlig normal gewesen wäre.
geboren 1983 in Gdynia (Polen), wuchs in Berlin auf. Ab 2015 war die gelernte Veranstaltungskauffrau Geschäftsführerin der Bremer Schwankhalle.
Corona hat die Schwankhalle gut überstanden?
Ackermann: Teils, teils. Vergessen ist die Pandemie jedenfalls noch nicht: Wir sind natürlich froh, dass wir uns wieder für unser Publikum öffnen dürfen, so wie es für uns früher selbstverständlich war. Dass das nur teilweise unter sehr starken Einschränkungen erlaubt war, liegt wirklich noch nicht so lange zurück. Andererseits haben sich schöne neue Möglichkeiten in der Kulturförderung ergeben, von denen die freie Szene profitieren kann, auch gerade kleinere und mittlere Spielstätten: Ohne Bundesmittel hätte ein Projekt wie das „Road Movie“ von Mobile Albania uns überfordert. Das waren coronaspezifische Mittel. Das hätte es also ohne Pandemie so nicht gegeben.
Von Samstag, 18. Juni 15 Uhr bis Sonntag, 19. Juni 3 Uhr veranstaltet die Schwankhalle Bremen eine Abschiedparty unter dem Titel „Fest ohne Ende“.
Neben Performances von: b/witch*, Bretschneider/Weinberger, KLANK, Jan van Hasselt & Harald Thielsch, Johanna Pätzold, Markus&Markus Theaterkollektiv, Mobile Albania, Syndikat Gefährliche Liebschaften, TanzKollektivBremen, Tremendo Parche Latino gibt es eine Entrümpelungs Tombola, einen Pop-up-Frisörsalon und eine Silent Disco.
Um 21 Uhr beginnt ein (kostenpflichtiges) Konzert: Es spielt die trans*feminine Multimedia-Performancekünstlerin Mandhla aus Simbabwe.
Hewelt: Finanziell lässt sich feststellen, dass die Pandemie kein großes Loch gerissen hat, auch wenn wir immer versucht haben, Ausfallhonorare zu zahlen, wenn eine vereinbarte Produktion nicht realisiert werden konnte.
Ackermann: Wir sind nicht so prekär aufgestellt, dass wir am Anfang des Jahres nicht wissen, ob es uns am Ende noch gibt.
Hewelt: Wobei man da schon sagen muss: Wir sind hier sehr gut gewesen in der Drittmittelakquise. Das haben wir gepusht, und dadurch sind wir stark entlastet worden. Was nämlich an Mitteln für das Kulturprogramm über bleibt, ist sehr gering. Andere machen davon gerade mal eine Woche Festival – und wir müssen damit ein ganzes Jahr auskommen.
Bedeutet Ihnen Bremen noch was, wenn die Zeit hier vorbei ist?
Hewelt: Kommt darauf an, auf welcher Ebene.
Ackermann: Wir beide gehen hier weg – aus privaten Gründen. Das Pendeln zwischen mehreren Orten ist auf Dauer sehr belastend. Was wir hier hatten, war wirklich ein offenes, tolles Publikum, auch wenn es nicht immer so viel waren, wie wir erhofft hatten. Aber die Art und Weise, wie die Leute die Dinge geguckt haben, die wir für Bremen nach Bremen geholt haben, diese große Neugier, die wenig akademische Art, sich auf Produktionen einzulassen – das kenne ich auch anders. Auch dieses Haus ist toll und das Team: Das ermöglicht hier, künstlerisch am Ball zu bleiben, aber weil es nicht so groß ist, erlaubt es auch, Sachen gelassener anzugehen als in Berlin, Frankfurt oder Hamburg. Der Druck ist hier nicht so groß.
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