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Abschied von Fidel Castro„Adiós Comandante“

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs erweisen Kubas Ex-Präsident die letzte Ehre. Für seine Schattenseiten ist bei der Feier kein Platz.

Schulen und Behörden waren am Dienstag geschlossen, um dem verstorbenen Castro zu gedenken Foto: ap

Havanna dpa | Die Welt verneigt sich vor Fidel Castro – jedenfalls wenn man sich die Rednerliste bei der zentralen Trauerfeier für den kubanischen Revolutionsführer am Dienstagabend (Ortszeit) anschaut. Die führt einmal um den Erdball: Ecuador, Algerien, Griechenland, Katar, Russland, China, Vietnam.

„Wir sind gekommen, um den ewigen Rebellen, den ewigen Träumer zu ehren“, sagt Venezuelas Präsident Nicolás Maduro. „Er ist von uns gegangen – ungeschlagen, freigesprochen von der Geschichte.“ Das südamerikanische Land ist der engste Verbündete der sozialistischen Karibikinsel.

„Fidel wird immer unter uns sein. Seine Ideen sind für die Ewigkeit“, sagt Boliviens Präsident Evo Morales. „Euer Schmerz ist unser Schmerz.“ Der Redemarathon am Dienstagabend (Ortszeit) wäre ganz nach dem Geschmack von Castro gewesen. Der frühere Präsident war selbst berüchtigt für seine stundenlangen Diskurse.

„Fidel hat sein ganzes Leben der Solidarität gewidmet. Er hat eine sozialistische Revolution der einfachen Leute für die einfachen Leute angeführt“, sagt Castros Bruder und Nachfolger Raúl Castro. „Immer bis zum Sieg.“

„Ich bin Fidel“

Hunderttausende Menschen sind auf dem Platz der Revolution in der kubanischen Hauptstadt Havanna zusammengekommen. Sie schwenken kubanische Flaggen und skandierten: „Es lebe Fidel.“ Von den Ministerien am Rande des Platzes leuchten die Konterfeis der Revolutionshelden Ernesto „Che“ Guevara und Camilo Cienfuegos.

„Wo ist Fidel?“, fragt der nicaraguanische Präsident und frühere Guerillakommandeur Daniel Ortega zu Beginn seiner Rede. „Ich bin Fidel. Ich bin Fidel“, schallt es aus Hundertausenden Kehlen zurück. Menschen haben sich „Fidel“ auf die Stirn geschrieben. Andere zeigen Transparente auf denen zu lesen ist: „Es gibt Männer, die ihr ganzes Leben kämpfen – diese Männer sind unentbehrlich.“

Der venezolanische Präsident Maduro, der nicaraguanische Staatschef Ortega, der bolivianische Präsident Morales und Ecuadors Staatschef Rafael Correa gehören zu den prominentesten Gästen.

Die letzte Ehrenwache

Russland hat den Duma-Präsidenten Wjatscheslaw Wolodin geschickt, China seinen Vizepräsidenten Li Yuanchao. Die USA lassen sich lediglich vom designierten Botschafter Jeffrey DeLaurentis und dem nationalen Sicherheitsberater Ben Rhodes vertreten.

Bevor die Massenkundgebung auf dem Platz der Revolution beginnt, steht Castros Bruder Raúl Castro die letzte Ehrenwache im Denkmal José Martí. Begleitet wird er von Vizepräsident Miguel Díaz-Canel, der als möglicher Nachfolger Castros gilt.

„Ich glaube, dass es in den kommenden zehn Jahren einen Wandel geben wird, aber die grundlegenden Prinzipien von Fidel werden bleiben“, sagt Patricia Bisbé. Die 36-Jährige hat ihre kleinen Kinder mitgebracht. „Mich schmerzt es, dass sie ihn nicht mehr kennengelernt haben. Ich habe sie mitgenommen, damit sie sehen, wie eine Person von so vielen Menschen geliebt werden kann.“

In entgegengesetzte Richtung

Die Urne mit der Asche des Revolutionsführer wurde im Verteidigungsministerium aufgestellt. Ab Mittwoch soll sie auf eine viertägige Reise über die ganze Insel nach Santiago de Cuba gehen. Dort wird Castro am kommenden Sonntag beigesetzt.

Es ist der umgekehrte Weg der „Karawane der Freiheit“. Im Januar 1959 zogen die Rebellen nach dem Sieg über die Soldaten von Diktator Fulgencio Batista unter Castros Führung in einem Triumphzug von Santiago de Cuba nach Havanna.

Viele Menschen in Kuba können sich ein Leben ohne Fidel Castro kaum vorstellen. „Es wird Veränderungen geben, wir wissen aber noch nicht in welcher Größenordnung“, sagt der Handwerker Joan Manuel Mejerano Ameijeras. „Dieses Land hätte zehn Männer wie ihn gebraucht.“

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6 Kommentare

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  • toll:

    Uniform = Sozialismus.

  • Der heutige TAZ-Beitrag zu Castro ist zu akzeptieren. Zum gestrigen Bericht von Herrn Alvares!

    sein Artikel ist eine Zumutung. Kuba hat so oft und so umfangreich wirklich armen und entrechteten Völkern zur Seite gestanden, allein das ist erhaben und groß und wohl von dem Herrn Alvares überhaupt nicht bemerkt worden, aber diese Formulierung stimmt nicht, denn er hat es bemerkt und seine Reaktion darauf, es zu übersehen, legt kein gutes Zeugnis ab über ihn. Nur ein Beispiel: Eines der häßlichsten rassistischsten Unterdrückungsregime, das südafrikanische Apartheid-Regime überfiel mit US-Hilfe Angola, Kuba half Angola. Schlimmer noch ist Alvares eigentliche Beschwerde über Castro, Castros Härte und Standfestigkeit. Denn er will übersehen, was eigentlich nicht zu übersehen ist, die Ursache. Heiko Ewerth hat es im ersten Leserbeitrag gut beschrieben. Eine Vielzahl illegaler, völkerrechtswidriger, verbrecherischer Regime Change mit Millionen Toten hat die westliche Welt mit ihrem führenden Imperium USA zu verantworten. Genau dagegen wehrte sich Kuba zu recht und nur so, wie Cuba es tat, und wie Alvares es kritisiert, war die Gegenwehr Kubas erfolgreich. Natürlich hatte Kuba eine andere Wahl, ich nehme an, diese Wahl hätte Alvares seinem Volk zugemutet, nämlich eine Marionette, eine Kolonie der USA zu werden, wie z.B. Chile unter Pinochet oder wie Südvietnam unter Ngo Dinh Diem. Die Mehrheit des kubanischen Volks stand und steht hinter der Politik seiner Regierung, das hat eine Vielzahl angesehener kubanische Persönlichkeiten und ebenso objektive international integre Kuba-Kenner bestätigt. Ohne die Mehrheit seines Volkes wäre es Kuba niemals möglich gewesen, diese Aufgaben zu erfüllen und den realen kriegerischen Angriffen und den ständigen subversiven Attacken der USA zu widerstehen.

  • "Er hat eine sozialistische Revolution der einfachen Leute für die einfachen Leute angeführt“, sagt Castros Bruder und Nachfolger Raúl Castro."

     

    So einfach und so wahr.

     

    Kuba - 65 Jahre Leben in Freiheit und Würde, nach Schattenseiten sollen andere suchen.

  • Fidel Castro ist nicht der erste Diktator, um den ein Teil des Volkes bittere Tränen vergießt. Ähnlich war es bei Sowjetführer Stalin: Es wurde von Menschen berichtet, die sich tränenüberströmt zu Boden warfen und riefen: „komm doch zurück, was sollen wir ohne dich tun“!

     

    Wenige Jahre später unter Chruschtschow begann, genauso extrem, die „Entstalinisierung“: Stalin-Denkmäler wurden vom Sockel gestürzt und u. a. wurde die „Heldenstadt Stalingrad“ (bekannt aus dem WK 2), in „Wolgograd“ umbenannt. Aber erst unter Gorbatschow und Jelzin begann eine ernsthafte Aufarbeitung von Stalins Schreckensherrschaft. Damit ist seit Putins Amtsantritt Schluss. Folgerichtig wird die Rückbenennung Wolgograd -> Stalingrad erwogen.

     

    In China gab es eine besonders haarsträubende „Aufarbeitung“ der Zeit von Mao Tse Tung. Anlässlich eines Parteitages ließ der damalige Parteiführer Deng Xiao Ping den Satz fallen „An Genossen Mao war 2/3 gut und 1/3 schlecht“ und erklärte damit die Aufarbeitung für beendet.

     

    Fidel Castro sagte mal, die Zeit würde über ihn richten. Bin gespannt, wie das aussehen wird!

  • 8G
    81236 (Profil gelöscht)

    Äh, aber seiner Schattenseite würde doch viel Raum geboten. Es wurde in den Reden doch oft und viel erwähnt, dass er und seine Mitstreiter dem Imperialismus der USA und EU erfolgreich über viele Jahre die Stirn geboten haben. So was ist doch das schlimmste, was man aus der Perpektive westlicher bürgerlicher Medien so der Welt antun kann. Oder ist mit Schattenseite sein Zigarrenkosum gemeint, in etwas so, hät er nicht geraucht, hät er noch 10 Jahre mehr gelebt?

    • @81236 (Profil gelöscht):

      der gerd tat es ihm gleich - mit einer cubanischen zigarre zumindest. wurde er deswegen zur trauerfeier "abkommandiert", als ersatz für unsere kanzlerin? vielleicht hat wladimir ihm gesagt, gerd mach du das, ich möchte nicht, daß die angela da aufkreuzt ;-)