piwik no script img

Abschied von Blogger PfitzingerUnser lautester Leser ist tot

Täglich hat Blogger Hans Pfitzinger die taz in wütenden Einträgen verrissen. Als er verstummte, weil er an Krebs erkrankte, besuchte die taz ihn im Hospiz. Nun ist er gestorben.

Hans Pfitzinger ist tot. Bild: volker derlath

BERLIN taz | Im April 2008 hatte er angefangen, die taz aufs Korn zu nehmen. Plötzlich gab es da einen Blog im Internet, den "taz-Blog". Ein unbekannter Mann – "Name: Hans Pfitzinger, Wohnort: München, Beruf: Schreiber, Leser, Seifenbläser" – knöpfte sich im Netz jeden Tag die taz vor. "Lob & Tadel, Perlen & Mist" kündigte er an.

Aber meist war es seiner Meinung nach fast ausschließlich Mist, den er da in seiner Zeitung fand. Entsprechend schäumend und unduldsam fiel seine Kritik dann aus. Als der Blog plötzlich verstummte, machte sich die taz-Reporterin Anja Maier auf den Weg zu ihm ins Hospiz. Und hat ihre Eindrücke aufgeschrieben.

Am Schluss heißt es in ihrem Text: "Und wenn für Pfitzinger, Hans - geboren 1945, gestorben 2010 - in der Eingangshalle des Hospizes die Kerze neben dem Totenbuch angezündet wird, schickt ein Vertrauter allen Freunden, Verwandten, Lieben und Lesern Hans Pfitzingers allerletzte Mail zu. Sie haben Post."

Diese Post ist nun rausgegangen:

"Liebe Freunde von Hans Pfitzinger,

Hans ist heute früh von uns gegangen. Er war sehr schwach zum Schluss, aber furchtlos und neugierig, auf das, was kommen mag.

Er hat es als große Gnade empfunden, bis zuletzt keine Schmerzmittel zu benötigen, und verschied friedlich, mit vollem Bewusstsein.

Er wollte wissen.

'Wer vor dem Sterben zu sterben gelernt hat,

wer sich mit dem Tode angefreundet hat, hört auf, Knecht zu sein.

Er ist aller fremden Macht und Gewalt überlegen.

Wer lebt, nachdem er sein Dasein zu höchstmöglicher Vollendung geführt hat,

ist erhaben über die Wandlungen des Schicksals.

Er ist frei.'

(Seneca)"

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • B
    BrAndi

    Dann war sein Krebs wohl so was wie ein morbus amatoris.

     

    Naja, Ihr kanntet ihn wohl besser als ich, wie ihr meint.

  • EK
    Ekkehard Knörer

    Hans Pfitzinger war kein Feind der taz. Er war ein enttäuschter Liebhaber, mit manch gutem Grund. Das ist etwas völlig anderes.

  • T
    Tobsen

    Also ich habe mal kurz einiges aus dem Blog überflogen, von Feind zu sprechen ist ja nun wirklich übertrieben,

    ich find seine Schreibe jedenfalls erfrischend.

  • B
    BrAndi

    Eines muss man euch lassen: Ihr wisst mit euren Feinden umzugehen. Ruhe in Frieden.