Abschied vom FC Bayern: Geht’s noch authentischer?
Thomas Müller mag ja ein ganz guter Fußballer sein, normal ist der zukünftige Ex-Bayer bestimmt nicht. Eine Abrechnung.
D as wäre also erledigt, aus der Champions League ist Thomas Müller schon mal raus. Kein zweites „Finale dahoam“, kein Müller im Endspiel. Statt bis zum Finaltag am 29. Mai müssen wir das elende Gerede um Müller und seinen Abschied vom FC Bayern München nun nur noch bis zum 17. Mai ertragen. Ein Segen! Oder gibt es noch jemanden, der nicht die Augenverdrehen muss, wenn der Profi mit dem großen Mund mal wieder als Lausbub bezeichnet wird? Was heißt hier Lausbub? Der Mann ist 35. Demnach wäre er längst ein Lausmann, wenn es so etwas denn gäbe.
Aber er ist doch immer so witzig und frech, wie es so gerne heißt. Wirklich? Er lacht vor allem gerne über seine eigenen Scherze. Soll er machen. Am besten ganz weit weg von hier. In der Major League Soccer. Kann er nicht sofort in die USA wechseln? Aber nein, er ist ja so heimatverbunden, so erdverbunden, so echt, so bodenständig. Der Bayer, der immer schon bei Bayern gespielt hat, immer noch bei Bayern spielt, Bairisch spricht und in Bayern auf dem Land lebt wie jeder stinknormale Bayer auch.
Was für ein Unsinn! Es soll ja auch Bayern geben, die in der Stadt wohnen. Und nicht alle Bayern besitzen ein Gestüt mit edlen Pferden, die auch schon mal um Olympiamedaillen hüpfen. Soll er alles haben, der Müller Thomas. Kein Neid! Aber es soll bitte niemand behaupten, dass einer normal ist, der 20 Millionen Euro im Jahr mit dem Fußballspielen verdient und einen von jeder dritten Werbetafel anschaut.
Billiguhren vor 400.000 Euro
Das macht er natürlich ganz authentisch, so als würde er wirklich den ganzen Tag nichts anderes essen als „Thomas’ Power Nuss Mix“ von Seeberger. Und wenn er in einem Werbespot von Rewe zu sehen ist, sieht das beinahe so aus, als wäre er wirklich gerade beim Einkaufen. Dabei gibt es viele Dinge, die Müller schätzt, nur bestimmt nicht bei Rewe.
Als Diebe bei ihm eingebrochen sind, haben sie, wie berichtet wurde, Uhren im Wert von 400.000 Euro mitgehen lassen. Alles ganz normal. Könnte jedem passieren. Beim Knacken von Müllers Tresor sind die Diebe übrigens gescheitert. Was da wohl drin war? Die teuren Uhren vielleicht? Die billigen lagen ja offenbar ungesichert rum. Auch das: stinknormal.
Aber auf dem Platz ist er etwas Besonderes, oder? Gewiss, er hatte seine Zeit. Aber dieses ewige Gerede vom Raumdeuter hätte ruhig schon 2016 verstummen können, als er völlig formfrei durch die EM in Frankreich getaumelt ist. Ja, Müller gestikuliert gerne auf dem Platz. Und wenn er auf jemanden oder etwas zeigt, dann macht er das mit seinem abgespreizten Zeigefinger. Das soll ihn besonders machen? Bestimmt nicht. Hier trifft zu, was auf sein Leben neben dem Platz ganz bestimmt nicht zutrifft: Es ist total normal.
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