piwik no script img

Abschiebung weil Partner tot istVon Liebe und Hass

Nachdem sein Lebensgefährte in Tel Aviv ermordet wurde, soll ein Deutscher nun Israel verlassen.

Trauernde Menschen auf dem Begräbnis von Nir Katz. Bild: reuters

Als Nir Katz vor knapp zwei Monaten von einem vermutlich religiösen Fanatiker mit mehreren Schüssen getötet wurde, war es nicht nur ein Schock für die israelische Schwulen- und Lesbenszene, sondern vor allem für Thomas Schmidt, Nirs Lebensgefährte. Vor vier Jahren hatten sich die beiden Männer kennen gelernt, als Thomas in Israel seinen Urlaub verbrachte. Obschon der junge Deutsche kein Jude ist, möchte er auch nach Nirs Tod in Israel bleiben, doch die Behörden könnten ihm einen Strich durch die Rechnung machen. Die Beziehung des Anfang 20-Jährigen zu Nir machte ihm den dauerhaften Aufenthalt in Israel möglich. Nun, da die Partnerschaft zu Ende ist, droht ihm der Landesverweis.

Drei Monate gilt das normale Touristenvisum. Wer länger bleiben will, braucht eine Sondergenehmigung. Möglich ist eine berufliche Anstellung oder eben eine feste Partnerschaft auch ohne Trauschein. Nir und Thomas wohnten zusammen in einem Vorort von Tel Aviv. Thomas war als Sozialarbeiter tätig. Der um ein paar Jahre ältere Nir betreute homosexuelle Jugendliche. Seine Gruppe hatte sich gerade im Keller des Schwulen- und Lesbenzentrums zusammengesetzt, als der ganz in Schwarz gekleidete Attentäter das Feuer auf sie eröffnete. Außer Nir starb ein 16-jähriges Mädchen. Vom Täter fehlt bis heute jede Spur.

"Sein Partner konnte nicht aufhören zu weinen", berichtete die auflagenstärkste Tageszeitung Jediot Ahronot von der Beerdigung Nirs. Thomas hält sich fern von den Medien und lehnt es ab, Interviews zu geben. Vor wenigen Tagen kam er dennoch mit einer neuen Meldung in die Schlagzeilen. Sein Routinegang zum Einwohnermeldeamt, wo er regelmäßig eine Verlängerung für seine Aufenthaltsgenehmigung beantragt, endete mit einem weiteren Schlag für ihn. Die Behörde lehnte seinen Antrag ab und forderten ihn auf, Israel innerhalb von zwei Wochen zu verlassen.

Thomas will bleiben

Ila Katz, die Mutter des ermordeten Nir, stellte sich sofort hinter ihren deutschen "Schwiegersohn". Sie selbst hatte ihren Mann bei einem Unfall in der Armee verloren, als Nir sechs Jahre alt war. Thomas enges Verhältnis zur Familie Nirs ist mit ein Grund für seinen Wunsch, in Israel zu bleiben. "Wir sind uns darüber bewusst, dass wir vor einem langen Weg voller bürokratischer Hindernisse stehen", sagte die Mutter der Zeitung Jediot Ahronot voller Entschlossenheit, nicht aufzugeben.

Immerhin hat sie eine erste Verlängerung von drei weiteren Monaten Aufenthalt für Thomas bewirken können und eine erneute Überprüfung im Innenministerium. Die aktuelle Stimmung im Land könnte dem jungen Deutschen zugute kommen. Politiker fast aller Fraktionen hatten sich nach dem Gewaltakt in Tel Aviv mit den Homosexuellen solidarisiert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

10 Kommentare

 / 
  • SF
    Suad Farah

    Als Palaestinensische-Israelin moechte ich dem Patrick mitteilen "bei Dir piepst im Kopf". Was hat der schreckliche Mord im Schwulenzentrum in Tel Avi mit dem Beitritt der Tuerkei in die EU zu tun ? Dich haben alle guten Geister verlassen !

  • B
    babsi

    @ Patrick Spinger

     

    Und was hat das jetzt mit den Artikel zu tun?

  • PH
    Patricia Hüpfer

    lieber patrick,

     

    du bist schon so links das es nicht gesund sein kann. wir wissen doch alle das zuviel von etwas immer schädlich ist. fakt ist das hier die gesunde mitte gefunden werden muss.

     

    die türkei hat hier eine sonderrolle. 95% moslems und dennoch die einzige "demokratie" im nahen osten.

     

    und glaub mir, es gibt soviele junge leute in der türkei die nur eines wollen, nämlich als freie menschen in einer wahren demokratie zu leben.

     

    fahr mal nach istanbul (beyoglu) und du wirst merken das die jungen leute dort anders sind als in neukölln.

     

    frag dich mal warum es in deutschland nicht so richtig geklappt und das viele der 3. generation von türken sich nicht wohl oder akzeptiert fühlen!! das türkische blut allein kann nicht schuld dafür sein.

     

    die türkei ist nicht holland, nicht spanien, nicht litauen und nicht israel. man kann sich nichts zurechtbiegen. die türkei hat in den letzten jahrzehnten versäumt den osten in die moderne zu führen, nicht nur wirtschaftlich sondern auch ideologisch. es gibt viertel in istanbul da fühlt man sich wie in ostanatolien. menschen die aus ihren dörfern geflohen sind weil sie keine andere hoffnung mehr hatten. istanbul ist für diese menschen eine hoffnung, eine hoffnung so zu leben wie in europa. leider werden sehr sehr viele enttäuscht und somit leichte opfer der islamischen fanatiker und leichte beute von erdogans rattenfängern.

     

    ich könnte hier noch tausende andere dinge und beispiele aufschreiben wie viele positive dinge es auch über die türkei gibt. aber du solltest etwas differenzierter die sache betrachten. dein kommentar hatte für mich eher stammtisch niveau. ist das die neue linke?

     

    ich bin übrigens türke und auch schwul und einer meiner besten freunde ist israeli. und es ist schön mit ihm in istanbul oder tel aviv mit anderen freunden(spanier, italiener, argentinier,...) eine schöne zeit zusammen zu verbringen und wir wissen das dies nur möglich ist wenn respekt und toleranz in der gesellschaft vorhanden ist.

     

    klar wir werden oft genug daran erinnert das wir nicht auf einer rosa wolke leben und das was wir machen können, ist sichtbar zu sein.

     

    und übrigens, im gegensatz zu belgrad wo schwule durch nazis und ultranationalisten bedroht wurden und die gaypride parade verboten wurden, haben es in istanbul mehr als 3000 schwule und lesben und freunde geschafft friedlich durch die istiklal straße zu marschieren.

     

    ein europa ohne die türkei geht nicht und die türkei ohne europa genausowenig.

     

    in dem sinne - open your mind!!

     

    iyi geceler!!

     

    ps: liebe taz, hoffe es ist nicht allzuviel text! :)

  • V
    Verwirrter

    Hallo Herr Springer,

     

    was bitte hat Ihr Beitrag über die Türkei mit Israel zu tun?

  • A
    Aha

    Was hat der "beitrag" von patrick mit dem Artikel zu tun.... EU - Türkei Beitritt ? Bei einem Fall in Israel...

    Einfach zu behaupten man wäre links und dann Propaganda gegen deb Eu Beitritt zu "verfassen" - egal wo und in welchen Zusammenhang - das zeigt wohl eher die Gesinnung ...

  • PS
    @patrick springer

    was hat denn das jetzt mit dem artikel zu tun?

  • M
    Muhammed

    @ Patrick

     

    ach wie schön, das das thema eben nicht die türkei ist, und auch schön wie man sich mit solchen kommentaren wirklich einbildet immer noch "sehr links ausgerichtet" zusein.

     

    @ michael

     

    ich verstehe hier jetzt irgendwie nicht was der staat israel falsch macht und warum das problem mit homosexualität zutun hat? klar der mord war inakzeptabel, was hat das aber mit den dort geltenden aufenthaltsbestimmungen.

     

    wäre dieser junge deutsche jetzt mit einer frau zusammen gewesen, dann müsste er das land ebenfalls verlassen. also?

  • DG
    Der gleiche wie vorher

    Ich muss mich entschuldigen Israel Beziehungsweise Tel Aviv fälschlicherweise mit dem vor einiger Zeit von mir gelesenen Artikel über einen Fall in der Türkei verwechselt zu haben.

    Mein Kommentar ist daher auf diesen Artikel nicht

    anwendbar, und ich bitte um Nachsicht.

     

    Über die Beschaffenheit der Toleranz gegenüber Schwulen in Israel bin ich nicht genug informiert

    als dass ich einen Kommentar darüber abgeben sollte.

    Was allerdings meine Meinung über die Türkisch-Deutschen Verhältnisse in DIESEM Thema angeht

    bleibe ich bei meiner Aussage

  • M
    Michael

    Israel ist was Homosexualität weit liberaler als manch europäischer Staat aber das ist eine sauerei!

  • PS
    Patrick Springer

    Als links ausgerichteter junger Mensch verwundert es mich doch, dass beispielsweise politisch in der Türkei verfolgte ein salopp gesagt Riesen Buhei machen, wenn sie in Deutschland abgewiesen werden, und auch viele Deutsche (wie auch ich) sich darüber sehr ärgern, allerdings die Türkei (Todesstrafe, Korruption, Zensur) die wenigen Deutschen die (wahrscheinlich aufgrund des großen Unterschieds der Lebensqualität) in der Türkei leben möchten derart vergraulen.

    Und dann kommt eine Türkei, die von den Worten

    Ökologie, Menschenrechten und Toleranz, letzteres wohl ob der herrschenden Religion, nie etwas gehört hat und möchte in die EU ?

    Das ist irgendwie lächerlich, zumal die schlechten Beispiele des (extremen) Islam in

    Deutschland wohnen dürfen und dort auch töten (Stichwort Ehrenmorde)

    Ich bin sehr links ausgerichtet, aber solange ein schwuler Mensch in der Türkei so wahrgenommen wird wie ein mordender Moslem in Deutschland (die Taz berichtete schon einmal über einen Schwulen deutschen in der Türkei) möchte ich die Türkei eigentlich nicht in der EU sehen...