Abriegelung von Gaza: Israel will Blockade lockern
Israel will die Liste mit erlaubten Gütern durch eine Verbotsliste ersetzen. Insgesamt sollen ab Donnerstag mehr Waren importiert werden dürfen. Die Hamas spricht von einem "Betrug".
JERUSALEM apn | Israel will die international kritisierte Blockade des Gazastreifens nach eigenen Angaben noch über die am vergangenen Donnerstag verkündeten Ausnahmen hinaus lockern. Ab sofort sollen wieder alle nicht-militärischen Güter in das palästinensische Gebiet eingeführt werden dürfen, sagte Regierungssprecher Mark Regev am Sonntag in Jerusalem. "Von jetzt an gibt es grünes Licht für alle Lieferungen in den Gazastreifen mit Ausnahme militärischer Güter und Materialien, die den Militärapparat der Hamas stärken können", sagte er.
Herbeigeführt werden soll das mit einer Art "Systemwechsel": Die bislang verwendete Liste mit erlaubten Gütern des humanitären Grundbedarfs für die 1,5 Millionen Einwohner des Gazastreifens soll von einer Verbotsliste abgelöst werden. Der Unterschied: Bislang durften nur Produkte in den Gazastreifen passieren, die ausdrücklich auf der - von Israel nicht veröffentlichten - "Positivliste" standen. Künftig dürfen alle Waren in den Gazastreifen, die nicht auf der neuen Verbotsliste stehen. Regev kündigte an, dass diese Liste demnächst veröffentlicht werde.
Am Donnerstag erlaubte Israel die Einfuhr von Baumaterialien in den Gazastreifen. Diese werden seit der israelischen Offensive vor anderthalb Jahren mit großen Zerstörungen dringend benötigt – seit Ende der Kämpfe war im Gazastreifen kaum Wiederaufbau möglich.
Ein Minister der Hamas-Regierung, Siad al Sasa, nannte die israelische Ankündigung einer weiteren Blockade-Lockerung "Betrug". Er sagte der Nachrichtenagentur ap, Israel müsse alle benötigten Waren in den Gazastreifen lassen, "insbesondere Zement, Eisen, Rohmaterial für Industrie und Landwirtschaft". Neben dem Import müsse den Unternehmen im Gazastreifen auch wieder der Export erlaubt werden, forderte er.
Die US-Regierung begrüßte die israelische Ankündigung vom Sonntag. "Einmal verwirklicht glauben wir, dass diese Vereinbarungen die Lebensbedingungen für die Palästinenser im Gazastreifen beträchtlich verbessern, während zugleich verhindert wird, dass Waffen in das Gebiet gelangen", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu stellte die neuen Regeln dem Vorsitzenden des Nahost-Quartetts aus UN, USA, Russland und der EU, Tony Blair vor. Blair sprach von einem Schritt nach vorne.
Bei einem israelischer Angriff auf einen Hilfskonvoi für Gaza im Mittelmeer hatten Israelische Soldaten am 31. Mai neun türkische Aktivisten getötet. Danach war international Kritik an der Blockade des Gazastreifens und die Forderung laut geworden, sie zu lockern.
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