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Abmahnungen im InternetPrinzip Abschreckung

Unternehmer wie der Hamburger Claus-Michael Gerigk jagen Menschen, die im Internet Urheberrechte verletzen. Die Opfer sind dabei oft private Blogbetreiber.

Kriminalisierung von Blog-Betreibern: "Es geht diesen Kanzleien nur noch darum, neue Märkte zu erschließen." Bild: ap

Es ist ein schickes Haus im Elbvorort Nienstedten, beste Hamburger Lage, von hier aus geht Claus-Michael Gerigk auf Verbrecherjagd. Er jagt Menschen, die im Internet Urheberrechte verletzen. Und das tun viele, auch wenn die meisten von ihnen wohl nicht einmal ahnen, dass sie etwas Verwerfliches tun.

Gerigk braucht nicht viel für diese Arbeit: ein selbst programmiertes Computerprogramm, einen PC, ein Päckchen Zigaretten pro Tag fürs persönliche Wohlbefinden - und Kunden, die leichtes Geld verdienen wollen. Ohne Risiko. Und ohne Aufwand.

Im Jahr 2008 startete Gerigk mit seiner kleinen Firma Textguard, seither wächst der Umsatz. "Das Thema hebt ab", sagt der Unternehmer. Sein Geschäftsmodell ist dabei denkbar einfach. Firmen oder Personen, die urheberrechtlich geschützte Rechte an Texten halten, geben Gerigk den Auftrag, das Netz nach unerlaubten Kopien zu durchsuchen. Der Jäger liefert die Ergebnisliste mit den Treffern, dann sind Gerigks Kunden am Zug. Entscheiden sie sich, den Verstößen direkt von einer durch Textguard empfohlenen Kanzlei nachgehen zu lassen, ist der ganze Service kostenlos.

Es ist ein durchaus besonderes Angebot, Gerigk und die Anwälte sind so siegessicher, dass sie in Vorkasse treten. Denn nach der dann folgenden Welle von Abmahnungen kommt allemal genug Geld rein, um die ausgelegten Kosten wieder reinzuholen - und zusätzlich geht eine schöne Summe auf dem Konto der Rechteinhaber ein. Ein Deal, ganz ohne Verlustrisiko. Auf die Frage, ob es bei diesem Geschäftsmodell wirklich noch um Rechtsverletzungen oder vor allem ums Geldverdienen geht, meint Gerigk: "Beides."

Abmahnkanzleien wie die Frankfurter Nümann und Lang bestreiten dies freilich - und versuchen sich von Textguard zu distanzieren. "Natürlich gibt es Absprachen", sagt Anwalt Peter Nümann, "aber die Leistungen der Anwälte sind getrennt." Die Existenz des Angebots indes stellt er nicht infrage: "Es ist möglich, dass Textguard erfolgsbezogene Angebote macht und sich um die Finanzierung der Anwälte kümmert", sagt er.

Ähnlich wie Textguard versuchen immer mehr Firmen, mit der unnachgiebigen Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Internet Geld zu verdienen. Sie heißen DigiProtect, Evidenzia oder eben Textguard. Sie alle haben gut zu tun, denn das Netz ist ein Raum schier unbegrenzter Vervielfältigungsmöglichkeiten - und damit auch voller potenzieller Täter.

Auch privaten Blogbetreibern werden horrende Summen in Rechnung gestellt, so wie Elisabeth Hofmann-Mathes. Die 43-Jährige aus Hattersheim bei Frankfurt sitzt an ihrem Esstisch und blättert in Akten, Vermerken, Anwaltsschreiben. Alles gesammelt und abgeheftet. Was sie in den vergangenen Monaten erlebt hat, sei "kaum zu fassen". Hofmann-Mathes betrieb bis zum Jahr 2009 eine Internetseite, auf der sie eine Kommentarfunktion eingerichtet hatte. "Fünf Zugriffe pro Tag hatte ich", sagt sie. Doch was als privater Zeitvertreib gedacht war, endete für die geschiedene Mutter von drei Kindern in einem mühsamen Rechtsstreit - und mit gewaltigen Geldforderungen.

Im vergangenen Oktober erhielt sie ein Schreiben der Anwälte Nümann und Lang, einer Partnerkanzlei des Hamburgers Gerigk. Es enthielt eine Abmahnung wegen eines Urheberrechtsverstoßes auf ihrer Internetseite, ein Bildschirmfoto als Beweis und eine Rechnung, die es in sich hatte: Knapp 1.900 Euro sollte Hofmann-Matthes zahlen - weil ein User ein Interview in die Kommentarspalten kopiert hatte. Der Streitwert sollte bei 16.100 Euro liegen. Proteste von Hofmann-Mathes und ein Angebot zum Vergleich lehnten die Juristen ab: "Auf einmal sollte ich sogar noch 200 Euro mehr zahlen - die arbeiten mit dem Prinzip Abschreckung."

Für Anwälte wie Nümann und Lang sind die ungeklärten Rechtsverhältnisse im Netz ein Schlaraffenland. Nach eigener Auskunft hat die Kanzlei allein im Jahr 2009 "in fünfstelliger Zahl Abmahnungen versandt". "Einigen Kanzleien geht es nicht mehr um die Urheberrechtsverletzung, sondern nur noch darum, Gebühren einzuklagen", kritisiert der Eichstätter Internetanwalt Dieter J. Maier. Dieser Trend sei ganz klar zu beobachten. Dabei bewegen sich die Kanzleien in einer rechtlichen Grauzone. Denn geforderte Abmahngebühren müssen sich zweifelsfrei den Verstößen zuordnen lassen - mit einer Pauschalvollmacht der Kunden wie bei Textguard ist dies aber nicht mehr möglich.

In Forderungsschreiben wie dem an Elisabeth Hofmann-Mathes sieht dies freilich anders aus: Exakt 868,80 Euro betragen die angeblichen Kosten, die dem Kläger allein durch ihren Fall entstanden sein sollen. Beträge, die dank des Sonderangebots von Textguard aber niemals gezahlt wurden.

"Wenn die Firmen die Kosten vorstrecken und damit das ganze Risiko tragen, werden die Anspruchsinhaber heißgemacht", sagt Anwalt Maier, der auf Abmahnfälle spezialisiert ist. "Dieses Vorgehen ist juristisch nicht mehr sauber - die Methoden mancher Kanzleien werden immer windiger." Der Netzschnüffler Gerigk lenkt zwar ein: In solchen Extremfällen, wenn ein Dritter etwas auf eine Seite kopiert, dürfe der Blogger eigentlich nicht bestraft werden. Aber die Abmahnanwälte haben schon eine neue Geldquelle entdeckt: die Internetplattform Ebay.

Auf Maiers Schreibtisch häufen sich die Fälle von Kunden, die verklagt wurden, weil sie dort ein Produkt mit fremden Fotos inseriert haben. Einer seiner Mandanten musste jüngst 400 Euro zahlen, weil er für 5,10 Euro eine Gesichtsmaske verkauft hat.

Vor einigen Jahren waren es Musikdateien, die in Verbindung mit Urheberrechtsverletzungen aufgefallen sind und von Abmahnfirmen entdeckt wurden. Dann kamen die Texte, wie im Fall von Elisabeth Hofmann-Mathes. Und nun sind es Fotos. Gerade bei Ebay werden Kleinprodukte massenhaft mit bestehendem Material aus dem Netz angepriesen. Und die Abmahnfirmen und -kanzleien haben sogleich eine neue Chance entdeckt.

"Da entsteht gar kein Schaden", sagt Maier, "es geht diesen Kanzleien nur noch darum, neue Märkte zu erschließen."

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26 Kommentare

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  • R
    Ralph

    Er hat Recht. Überall Sprengfalle. Wenn ein Bild schützt, dann sollte Website eine Schutz Zecihen oder eine Hinweiß, aber sofort neben dem Bild drauf legen. Sonst muss man hier verstehen: "Website das hat Extra gemacht". PUNKT

  • T
    Tim

    Irgendwie verstehe ich hier das Problem nicht. Einfach nicht klauen, dann kommt auch keine Abmahnung. Nur weil Diebstahl im Internet einfacher ist als im realen Leben, heißt das nicht, dass er nicht auch bestaft werden kann.

     

    Wenn Piraten das Internet als rechtsfreien Raum ansehen, sollten Sie sich nicht über Abmahungen beschweren, auch wenn diese nicht geRECHTfertigt sind... XD

  • M
    Michelsen

    Ich denke, dass hier, wie im Artikel bereits angedeutet, überwiegend Menschen getroffen werden, die nicht wissen, dass sie etwas falsch machen. Also wäre hier Aufklärung der bessere Weg, etwas dagegen zu tun. Vorausgesetzt natürlich, man möchte mit dem Weg der Abmahnung kein Geld verdienen. Die wirklich entscheidenden Urheberrechtsverletzungen werden doch ganz woanders verhandelt.

  • M
    Melanie

    Zitat:

     

    "von Jeeves:

    Wieso werden hier NUR die Verfolger angeprangert, die eigentlichen Diebe aber nicht?

    Hört einfach auf, anderer Leute Texte, Bilder oder Musik zu klauen, dann haben solch widerlichen Abmahnschmarotzer auch keine Chance."

     

     

    Das ist ja auch ok, wenn denn alle wüssten, dass sie überhaupt etwas unrechtes tun. Ich bin Mutter von 2 kleinen Kindern, unterhalte einen Verein für benachteiligte Kinder und Jugendliche und habe auch eine solche Abmahnung erhalten, weil ich angeblich Musik aus dem Netz geladen habe. Ich weiß nicht mal wie man das macht! Ich finde eine Abmahnung schon ok, es sollte vielleicht auch eine zentrale Sammelstelle geben, wo diese Verstöße gemeldet werden, aber die erste Abmahnung sollte ingesamt nicht mehr als 50 Euro kosten. Dann ist es auch eine Abmahnung. Damit meine ich, man weiß nun, dass man etwas falsch gemacht hat und aufpassen muss. Beim 2. Verstoß könnte dann etwas drastischer vorgegangen werden. Ich denke so könnte man diejenigen schützen, die wirklich versehentlich dazu gekommen sind und die bestrafen, die es vorsätzlich machen.

  • B
    bahn

    In Artikel wie diesem werden meistens nur Fälle zitiert, bei denen die Abmahnenden weit über das Maß hinausgegangen sind.

     

    Leider ist es auch im Internet immer üblicher geworden, keine eigene Meinung mehr zu haben, sondern die Meinung eines Mutigen zu kopieren.

  • T
    Tanita

    @ Haudrauf - Leider bin ich immer mehr versucht, Ihnen hier Recht zu geben. Was Sie schreiben, klingt zwar vereinfachend und alarmistisch, aber ist wohl der Stand in diesem Land ... Siehe auch dies hier: http://www.lpb-bw.de/publikationen/eumafia/orgver.htm

     

    @ A. Hopfenschauer

    Zu Ihrem ersten Punkt: genau so wird es auch vermutlich ablaufen. Viel Ethik ist da ohnehin nicht im Spiel, und was die Legalität angeht, geht es am Ende doch nur noch darum, sich nicht erwischen zu lassen (und die zu verklagen, die einen dessen beschuldigen).

  • WF
    was fehlt

    es hätte dem artikel gutgetan, zu erwähnen, dass der normalsterbliche dem abmahnunwesen praktisch wehrlos ausgeliefert ist.

    für die beträge, um die es sich oftmals handelt, fasst kein anwalt einen stift an und gerichte folgen unbesehen der argumentation der abmahnenden.

    die gerade bei angeblichen dateitauschereien vorgelegten "beweise" sind aber oftmals das papier nicht wert, auf dem sie stehen, da nicht zuletzt die gar nicht so seltene möglichkeit der zahlendreher zb in ip-nummern oder datumsangaben nie beachtet wird.

    die c't hatte vor nicht allzulanger zeit einen umfangreichen artikel zu dieser art verweigerung des rechtsschutzes durch deutsche gerichte und es ist auch noch nicht allzulange her, dass die angeblichen rechteinhaber sowohl bei wohnungsdurchsuchungen anwesend waren wie auch die gutachter stellten, die den anspruch dieser rechteinhaber untersuchen sollten.

     

    wenn der dämliche spruch vom internet als "rechtsfreier raum" irgendwie seine berechtigung hat, dann ganz allein im bezug auf die gefahren, denen sich der normalsterbliche bei benutzung des selbigen aussetzt -- denn den schutz des rechts kann er nicht erwarten.

  • HS
    Herrn Schmilz

    @Jeeves et al.

     

    Hier geht es konkret ja gar nicht um "Diebstahl", sondern um Textteile in einem GÄSTEBUCH.

     

    Ihre Forderung in Ehren, auch wenn man hier grundsätzlich anderer Meinung sein kann, aber "Recht" muss jedenfalls praktikabel sein anstatt lukrativ.

     

    Auf die Kombination des überkommenen Urheberrechts mit der modernen Informationsgesellschaft trifft das einfach eben überhaupt nicht zu.

  • T
    Tomtom

    @ von Jeeves: Grundsätzlich ist es ja legitim, seine Urheberrechte durchzusetzen. Aber, um mal aus diesem Artikel zu zitieren:

     

    "...weil ein User ein Interview in die Kommentarspalten kopiert hatte...."

     

    Hier jemenden zu verklagen ist schon offensichtliche Abzockerei. Rechte zu schützen und vor allem das Einkommen des Rechteinhabers steht hier nicht mehr zur Diskussion.

    Das Urheberrecht sollte sich im Wesentlichen auf solche Fälle beschränken, in denen jemand mit den Ideen anderer Geld verdient. Das war wohl in dem Fall nicht so.

  • J
    Jali

    @Jeeves: So einfach ist das leider nicht. Oftmals wissen die Abgemahnten ja gar nicht, dass sie eine Rechtsverletzung begangen haben. Ein typisches Beispiel sind CDs der Band "The Smiths".

    Im Prinzip dürfen Sie ja gebrauchte Original-CDs z.B. bei E-Bay weiterverkaufen. Bei der genannten Band kam es aber nach der der Trennung von Morrissey 1988 zu juristischen Auseinandersetzungen zwischen den Labels der ehemalingen Smiths, und Morrisseys neuem Label.

    Mit dem bizarren Ergebnis, dass es einige Ausgaben der Smiths Alben gibt, für die der ursprüngliche Distributor gar nicht die Rechte besaß.

    Diese Ausgaben sind quasi nachträglich zu illegalen Kopien geworden. Leute, die diese alten CD und Langspieler bei E-Bay angeboten haben sind Massenhaft abgemahnt worden.

    Schon das öffentliche Eingeständnis so eine (wohlgemerkt: legal erworbene) CD zu besitzen, kann zu einer Abmahnung führen. Eigentlich müsste jeder, der solche Alben besitzt diese nämlich unverzüglich vernichten.

    Da die Abmahnung ja noch kein Gerichtsverfahren darstellt, kann sich der Abgemahnte auch nicht auf den Verbotsirrtum berufen, was die Abmahnanwälte auch wissen. Wehren ist also aussichtslos, es sei denn man hat viel Geld, um ein mehrjähriges Gerichtsverfahren durchzustehen.

  • S
    Shaki

    @Jeeves:

     

    In dem Artikel geht es ja gar nicht um den absichtlichen "Diebstahl" von Bildern, Musik, Filmen oder Texten.

    Es geht um eine simple Abzockmasche einiger Anwaltskanzeleien. Finden Sie es etwa korrekt, wenn eine Freizeitbloggerin 1900 € bezahlen soll, nur weil in einen Kommentar ein Interview kopiert wurde? Ist es richtig, dass Ebay-Nutzer, die ohne böse Absicht ein Bild aus dem Internet zur Illustration ihrer Artikel nutzen, plötzlich mehrere hundert Euro bezahlen sollen?

     

    Wo hört Kampf gegen Urheberrechtsverletzung auf und wo fängt digitale Wegelagerei an? Wie es schon im Artikel steht, geht es nicht mehr nur um Recht...sondern in vielen Fällen ums Geld. Und der Gesetzgeber pennt mal wieder....

  • J
    Jeeves

    Wieso werden hier NUR die Verfolger angeprangert, die eigentlichen Diebe aber nicht?

    Hört einfach auf, anderer Leute Texte, Bilder oder Musik zu klauen, dann haben solch widerlichen Abmahnschmarotzer auch keine Chance.

  • M
    martin

    Schöner Artikel über Firmen wie Textguard - MOMENT MAL, war da nicht was? Achja, da war ja auch die Autorin eines taz-Blogs Eva Schweitzer Kundin, fast vergessen, dabei ist es noch nicht einmal ein Jahr her.

  • HS
    Herrn Schmilz

    @Elvenpath, Sie übersehen da etwas, fürchte ich.

     

    Juristen sind im Personal der Legislative in Berlin und den Länderparlamenten derart überrepräsentiert, dass man selbst mit viel gutem Willen nicht davon ausgehen kann die Gesetzgeber hätten "versagt".

     

    Vielmehr ist anzunehmen dass die derzeitig schwammige Rechtslage zum Nachteil der Verbraucher, aber zum eindeutigen Vorteil der juristischen Ferkelstecher bewusst geschaffen oder mindestens so belassen wurde, weil es einfach eben ein gutes Geschäft ist.

     

    Dass der organisierten Abmahnmafia keine wirksame Novelle des Urheber- und Nutzungsrechts entgegengesetzt wird liegt nicht am mangelnden Sachverstand.

     

    Das Geschäft ist einfach zu lukrativ.

  • P
    Peter

    Regierung/Politiker = Juristen! Schaut euch unsere Justiz an, sie ist verkommen. Um wirkliches Recht geht es lange nicht mehr - wer Geld hat, regiert die Welt! Nach der Politik braucht ihr nicht zu rufen, die stecken unter der gleichen Decke. Nehmt euer Leben selbst in die Hand!

  • H
    Haudrauf

    Der eigentliche Skandal ist - wie so oft -, dass die für unser Rechtssystem Verantwortlichen in Berlin in enger Komplizenschaft zu den nach US-Vorbild sich rasant vermehrenden Jura-Ganoven vermutet werden dürfen. "Kein Handlungsbedarf" ist seit vielen Jahren der beliebteste Kommentar aus dem Justizministerium, egal, welche Dame gerade schwer an der Verantwortung trägt. Und so büßt Deutschland (auch aus vielen anderen Gründen) seinen Anspruch als "Rechts"staat mehr und mehr ein.

     

    Man darf gespannt sein, wie lange die Opfer solcher Ganovenjustiz noch abwarten, ehe sie zum Knüppel greifen.

  • MS
    Matthias Spielkamp

    Das Geschäft mit den Abmahnungen ist tatsächlich ein Problem, und es ist gut, dass Publikumsmedien wie die taz darüber berichten. Wer genau wissen will, wie man sich verhalten kann, wenn es einen erschwischt, findet ausführliche Informationen in dem Text Post vom Anwalt, was tun? von Till Kreutzer bei "iRights.info - Urheberrecht in der digitalen Welt" unter http://irights.info/index.php?q=node/1852. Übrigens findet man dort auch Hinweise darauf, wie man es am besten erst gar nicht so weit kommen lässt.

  • AH
    A. Hopfenschauer

    1. Wenn das einfache Kopieren eines urheberrechtlich geschützen Textes - wie erkennt man eigenlich, dass es sich um einen solchen handelt? - für eine Tausende Euro teure Abmahnung ausreicht, ist der nächste logische Schritt, dass die Abmahnanwälte selber Personen beaufragen und bezahlen, die solche Texte in Gästebücher eintragen.

    2. Ganz recht, die Politik versagt hier auf ganzer Linie. Selbiges gilt aber auch für die Justiz, denn nach den Erfahrungen im Dritten Reich MÜSSEN die Richter zuerst nach dem Recht und dann nach dem Gesetz urteilen. Bereits in der Bibel wird eine Angemessenheit von Schaden und Strafe verlangt ("Auge um Auge...") und die Summen, die hier genannt werden, stehen in keinem Verhältnis zum Schaden, sofern ein solcher überhaupt vorliegt.

    3. Eine Mindestforderung ist, dass ich wissen können muss, wie ich mich verhalten muss, um nicht gegen Gesetze zu verstoßen. Bei Ladendiebstählen kann man das voraussetzen, die Konsequenzen von Schwarzfahren hängen regelmäßig in Bussen und Bahnen aus und dürften von den meisten Zeitgenossen auch akzeptiert werden. Bei vielen Vergehen im Rahmen des Nutzung des Internets gibt es keine einheitliche Regelung (ab wievielen Auktionen bin ich bei EBAY ein geschäftlicher Verkäufer?) noch kann ich mit vertretbarem Aufwand alle Regeln und Vorsichtsmaßnahmen in Erfahrung bringen, die ich zu befolgen habe (erst kürzlich: ich kann mich strafbar machen, wenn ich mein WLAN nicht ausreichend absichere; welches Verschlüsselungsverfahren und welche Passwortlänge erforderlich ist, bleibt aber vorerst noch ungeklärt). Solche buchstäblich rechtsfreien Räume passen besser zu Unrechtsstaaten kafkaesker Prägung.

    4. Gästbucheinträge oder angebliche Downloads können Privatpersonen zehntausende von Euros kosten. Man vergleiche dagegen etwa die Boni für Banker, die ihre eigenen Arbeitgeber an den Rand des Ruins trieben oder die Haftungsregelungen für Kernkraftwerksbetreiber. Gerade lese ich im Videotext, dass beim deutschen Presserat zahlreiche Beschwerden wegen der Veröffentlichung von detaillierten Opferfotos durch die Bild-Zeitung eingegangen sind: Welche Folgen wird das wohl haben, wie ist hier das Verhältnis zwischen Schaden und der eventuell folgenden Rüge?

  • R
    redskunk

    ...diesen "abmahn-abzockern" muss man unbedingt

    einhalt gebieten - bin selber ein betroffener und z.Z.

    überlege ich eine Selbsthilfegruppe aufzuziehen...

  • R
    rechtfüralle

    Glaubt es oder nicht - die honorigen Damen und Herren pflegen unser Recht. Nur schade, daß sich einer der hervorragendsten Vertreter der Zunft vor einiger Zeit selbst entleibte. Friede seiner Asche!

  • S
    Sebastian

    Mit 1000 Abmahnungen zu je 20 Euro lässt sich aber auch noch gut Geld verdienen. Und viele werden - gerade dann, wenn der Betrag niedrig ist - bereit sein, lieber diese 20 Euro zu zahlen, als sich zu wehren.

  • E
    Elvenpath

    @Hartmuk:

    In "einfach gelagerten Fällen" sit die Abmahngebühr auf 100 Euro begrenzt. So sieht es das Gesetz vor.

    Natürlich tun die Abmahn-Anwälte alles, um es als nicht-einfach-gelagert darzustellen.

    Unsere Regierung hat bei der Gesetzgebung vollständig versagt und ein Minenfeld für den User und ein Schlaraffenland für Abmahn-Anwälte geschaffen.

    Irgendwann wird es garantiert tote Anwälte geben, weil ein Abgemahnter Amok läuft. Es ist nur eine Frage der Zeit.

     

     

    So long...

  • AH
    Andi H.

    In solchen Situationen kann ich meine permanenten Forderungen nur immer wieder zum Besten geben:

     

    Wer ein Studium mit Ziel Rechtsanwalt führt, sollte in Zukunft...

    - mindestens 4 Semester höhere Mathematik hören (und davon alle Scheine für das Staatsexamen benötigen) sowie

    - mindestens 2 Semester Ethik und Philosophie in seinem Stundenplan haben.

     

    Allein durch die Mathe-Vorlesungen würden die Reihen von windigen "Abzockern" befreit.

  • H
    Hartmuk

    Man sollte die zulaessige Gebuehr fuer Abmahnungen auf 20 Euro begrenzen. Dann verschwindet der Spuk ganz schnell.

  • B
    bEn

    Und ich dachte immer das Internet sei ein rechtsfreier Raum...

  • K
    Kokolemle

    Wird Zeit diesere Art von Abzocke einen Riegel vorzuschieben.