Abholzung gestoppt: Erfolg für Finnlands Urwälder
Auf Druck von samischen Rentierzüchtern und Naturschützern will der finnische Staat 20 Jahre lang darauf verzichten, Urwälder im Norden abzuholzen.
Jahrelang haben Umweltschützer und samische Rentierzüchter gekämpft, um nordfinnische Urwälder vor dem Abholzen zu retten. Jetzt haben sie einen großen Erfolg errungen. Die staatliche finnische Forstverwaltung Metsähallitus hat sich am Montag bereit erklärt, 20 Jahre lang in einem 13.000 Hektar großen Bereich kein Holz zu schlagen. Die Zone liegt in der Nähe des Inari-Sees bei dem Ort Nellim und wurde von Greenpeace in Zusammenarbeit mit den dortigen Rentierzüchtern als schützenswert kartiert.
Der Verzicht ist Bestandteil eines Vergleichs, der einen seit 2005 laufenden Gerichtsprozess beenden soll. Den "Nellim-Fall" hatten drei samische Rentierzüchter anhängig gemacht, nachdem das staatliche Forstamt im Herbst 2005 erneut damit begonnen hatte, in für die Rentierwirtschaft wichtigen Urwäldern Holz einzuschlagen. Greenpeace hatte im Urwald bei Nellim im März und April 2005 eine "Schutzstation" errichtet, um gegen die fortschreitende Urwaldzerstörung zu protestieren und vor Ort ein Einschlagmoratorium zu erreichen.
Druck auf den teilstaatlichen Papierkonzern Stora Enso und die Drohung eines Verbraucherboykotts hatten diesen damals veranlasst, kein Holz aus der Sami-Region Inari mehr zu beziehen. Auch das UN-Menschenrechtskomitee hatte sich seinerzeit eingeschaltet und der finnischen Regierung empfohlen, den Einschlag in Inari so lange auszusetzen, bis eine Klärung im Gerichtsverfahren gegen Metsähallitus erzielt sei. Seitdem sind diese Urwälder verschont geblieben. Das Moratorium wird nun - wenn das Gericht dem Vergleich zustimmt - für 20 weitere Jahre verlängert.
Damit ist zwar noch nicht geklärt, wie künftig mit den Urwäldern in Finnisch-Lappland umgegangen wird. Doch Oliver Salge, Teamleiter Wald bei Greenpeace in Hamburg, hält die gefundene Einigung für wichtig: "Die Forstwirtschaft in Finnland wird sich vermutlich so stark verändern, dass im Jahr 2029 die Nutzung der 13.000 Hektar in Nellim wie der anderen knapp 85.000 Hektar aus forstwirtschaftlicher Sicht anders als heute bewertet wird."
Für diese weiteren Urwälder im Gebiet Inari, die von fünf anderen Sami-Rentiergemeinden genutzt werden, müsse nun eine ähnliche Einigung erzielt werden, "ohne dass es erst eines jahrelangen Prozesses gegen Metsähallitus bedarf", meint Salge. Werden die Wälder abgeholzt, verschwinden nicht nur unwiederbringliche Naturwerte. Mit den Flechten, die eine wichtige Nahrung der Rentiere sind, werden auch Existenz und Kultur der Sami zerstört. Die Haltung der finnischen Regierung, den Schutz der letzten lappländischen Urwälder und die Interessen der Rentierhalter geringer zu bewerten als die kurzfristigen Gewinninteressen der Forstwirtschaft, hatte Helsinki internationale Kritik eingebracht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann