Abhörskandal bei "News of the World": "Murdoch ist bestenfalls hinterhältig"
Die früheren "News of the World"-Manager stellen sich weiter gegen Vorstandschef James Murdoch. Der behauptete, er habe vom Ausmaß des Hacking-Skandals nichts gewusst.
Nach dem zweiten Auftritt von James Murdoch vor dem Medienausschuss des britischen Parlaments am 10. November sind dessen Abgeordnete kein bisschen weiser. Der Sohn und Kronprinz von Medienmogul Rupert Murdoch beteuerte zwar nochmal wortreich, er sei nicht bereits 2008 von zwei ranghohen ehemaligen News of the World-Managern über das Ausmaß des illegalen Telefon-Hackings beim im Juli eingestellten Sonntagsblatt informiert worden.
Doch auch nachdem Murdoch junior in dem zweieinhalbstündigen Verhör am Donnerstagnachmittag immer wieder versucht hatte, die bisherigen Aussagen des ehemaligen Chefredakteurs der News of the World (NoW), Colin Myler und des NoW-Justiziars Tom Crone als falsch und irreführend darzustellen, bleiben diese bei ihrer Darstellung. Murdoch erklärte dagegen, Myler und Crone hätten ihm bei einem Treffen im Juni 2008 wichtige Details vorenthalten und seien "sparsam mit der Wahrheit umgegangen".
"Ich kann gut verstehen, warum James Murdoch die Notwendigkeit sieht, Colin Myler und mich zu diskreditieren", heißt es in einem nach Murdochs Auftritt verbreiteten Statement von Tom Crone: "Die simple Wahrheit ist, dass wir ihm 2008 von den vorliegenden Beweisen berichtet haben und was dies über die weitere Verstrickung der NoW [in den Hacking-Skandal, die Red.] aussagt."
Zwar bestätige Murdoch mittlerweile immerhin Teile des Gesprächs und habe zugegeben, über eine entsprechende E-Mail mit Belegen informiert worden zu sein, so Crone. Diese als "for Neville" bezeichnete E-Mail, die an den ebenfalls in die Hacking-Affäre verwickelten NoW-Reporter Neville Thurlbeck gerichtet war, enthält die Abschriften von abgehörten Mailboxen und den Hinweis, dass deren Anzapfen von der News of the World genehmigt wurde.
"Hinterhältige Argumentation"
Daraus gehe aber klar hervor, dass das Hacking kein Werk eines Einzeltäters gewesen seien könne, so Crone: "Vielleicht könnte uns Mr. Murdoch erklären, wer nach seiner Meinung für solche Genehmigungen bei der NoW zuständig war?" James Murdochs Argumentation sei "bestenfalls hinterhältig", so Crone. Auch Ex-Chefredakteur Myler erklärte in einem Statement an die Presse, er bleibe bei seiner "Darstellung der Besprechung mit James Murdoch am 8. Juni 2008".
Für weitere Verwirrung sorgt derweil der Adressat der fraglichen E-Mail, Neville Thurlbeck. Denn der Ex-NoW-Mann will laut britischen Medienberichten ein Dossier zusammengestellt haben, das "gute Nachrichten für Murdoch" enthalte und belege, dass er von seinem Management "getäuscht" worden sei. Ein Teil des Dossiers liegt laut Guardian bei der weiter in Sachen Telefon-Hacking ermittelnden Polizei, andere Teile bei Thurlbecks Anwalt, der damit gegen die Kündigung seines Mandanten durch die NoW vorgehen und eine Abfindung erstreiten will.
Auch wenn der zweite Auftritt von James Murdoch vor dem Parlamentskomitee mehr Fragen aufwarf als beantwortete, wird die Zahl solcher Anhörungen künftig noch zunehmen: Am Montag startet in London die offizielle, unabhängige Untersuchung des Hacking-Skandals und des Einflusses der Murdoch-Medien auf die Politik unter Lordrichter Sir Brian Levenson.
Dass Murdochs Medienunternehmen zumindest den Einfluss der NoW-Einstellung auf die konkurrierenden Sonntagszeitungen, die seitdem hohe Auflagenzuwächse verzeichnen, rückgängig machen wollen, belege andere Berichte: laut Guardian liegen bei Murdochs unter der Woche erscheinendem Boulevardblatt Sun frische Pläne und Nullnummern für eine "Sun on Sunday" in der Schublade.
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