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AbgeordnetenhausTempelhof reizt das Parlament

Bei der Debatte über die Zukunft des Flughafens kochen die Emotionen hoch. FDP-Fraktionschef Lindner packt im Parlament die Kalte-Kriegs-Keule aus, die Linke schießt gegen CDU-Chef Pflüger.

Der Flughafen Tempelhof, immer gut für ein bisschen Streit. Bild: AP

Eigentlich ist im Streit um die Zukunft des Flughafens Tempelhof alles gesagt. Gegner wie Befürworter seiner Schließung haben die Argumente in den vergangenen Monaten zigfach ausgetauscht. Doch wer hätte das gedacht? Die Fraktionen im Abgeordnetenhaus waren doch für eine Überraschung zu haben. Die Parlamentssitzung am Donnerstag musste sogar unterbrochen werden. FDP-Fraktionschef Martin Lindner hatte die Linken-Abgeordneten Jutta Matuschek als "Volksverhetzerin" beschimpft.

Matuschek hatte zuvor die CDU mit der aktuellen Steueraffäre und Liechtenstein in Zusammenhang gebracht. In einer "Zukunftsvision" beschrieb sie ironisch, wie CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger auf dem Gelände des Flughafens steht und begeistert bejubelt wird. Zutritt zu dem Gelände hätten allerdings nur diejenigen bekommen, die Kontoauszüge Liechtensteiner Banken vorweisen konnten. Diese Rede erzürnte Lindner.

Wie ein Haudegen hatte er von Beginn der Debatte an versucht, die Regierungsparteien zu provozieren. Dabei erweckte er auch längst beerdigt geglaubte Kalte-Kriegs-Feindbilder wieder zum Leben. Der Fraktionschef warf der Linken vor, sie wolle durch die Schließung des Flughafens "erneut den Lebensnerv der Stadt abschneiden", wie sie früher als SED Moskau bei der Berlin-Blockade unterstützt habe.

Aber auch aktuelle Vorurteile tischte er auf: Von "Strolchen und Drogendealern" sprach er, die von Neukölln nach Tempelhof herüberschwappen würden, sollte aus dem Flughafengelände tatsächlich eine für alle nutzbare Grünfläche werden. Bei der SPD zielte Lindner besonders auf deren Fraktionschef, Michael Müller. "Selbst Ihre Großmutter ist gegen die Schließung", schäumte Lindner. "Schämen Sie sich."

Der FDP-Fraktionschef hatte bereits in seiner ersten Rede von "Volksverhetzern" und "Hetzern" gesprochen. Vizepräsident Uwe Lehmanns-Brauns (CDU) sah darin noch keinen Grund zur Rüge, weil aus seiner Sicht Lindner keine konkrete Person angegriffen hatte. Der SPD platzte zuerst der Kragen, nachdem Lehmann-Brauns (CDU) Matuschek von der Linkspartei eine Rüge erteilte wegen deren ironischer Zuspitzung und erst später auch Lindner während seiner zweiten Rede.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Christian Gaebler, warf daraufhin Lehmanns-Brauns vor, bei der Erteilung der Rügen parteiisch zu sein und gegen seine Pflichten als Präsident verstoßen zu haben, indem er die Rede Matuscheks kommentiert habe. Gaebler beantragte eine Unterbrechung der Plenarsitzung und ließ den Ältestenrat einberufen. Das Plenum wurde daraufhin von der Vizeparlamentspräsidentin Karin Seidel-Kalmutzki (SPD), weitergeführt.

Die erregte Debatte endete damit, dass mit der Stimmenmehrheit von SPD, Linke und Grüne ein Antrag verabschiedet wurde, der das Volksbegehren ablehnt. Was für eine Überraschung!

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1 Kommentar

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  • HK
    Heinrich Krüger

    Auch der Taz scheint die Berichterstattung über den gewollten Eklat im Abgeordnetenhaus das wichtigste zu sein. Die wirkliche wichtige Entscheidung wird von euch verächtlich ironisiert. Sehr Schade. Denn: der parlamentarische Volkswille hat mit großer Mehrheit entschieden, dass der Volkswille des Volksbegehrens nicht zu überzeugen vermag. Das passt den Fliegern aber nicht, deshalb wollen sie jetzt noch den Volksentscheid. Sie blähen den direkten Volkswillen zum einzig wahren und unumstößlichen auf. Sie scheinen zu vergessen, ein großer Teil der vom Volk demokratisch gewählten Parlamentarier ebenfalls auf direkten Wege ins Parlament gelangt. Unser Wahlsystem ist eine Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht und von daher relativiert sich der Anspruch der Fliegerfreunde die einzig echten Demokraten zu sein ganz erheblich. Jene Art direkter Demokratie (Volksbegehren, Volksentscheid) ersetzt keinesweges die parlamentarischen gebildeten Volkswillen. Und vor allem ist die jeweilige Regierung bei einem rein appellativ formulierten Ziel eines Volksentscheids nicht gehalten ihn zur Gänze oder in Teilen zu übernehmen. Die taz sollte an anderer Stelle auf diese Parlamentsentscheidung zurückkommen und sie nicht im Getöse untergehen lassen.