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Abgasaffäre in DeutschlandAuffällige CO2-Werte bei 30 Modellen

Abgasaffäre und kein Ende: Nachmessungen des Verkehrsministeriums zeigen, dass viele Fahrzeuge mehr Kohlendioxid ausstoßen als angegeben.

Jeder Popel fährt… möglicherweise ein Auto, das mehr Kohlendioxid ausstößt als angegeben Foto: dpa

Berlin dpa | In der Abgasaffäre in der Autobranche hat das Bundesverkehrsministerium bei 30 Automodellen auffällig hohe CO²-Emissionen gemessen. Die Fahrzeuge verbrauchen damit mehr Sprit als angegeben. Die Behörde plane deshalb weitere Tests an all jenen auffälligen Wagen, die eine Typgenehmigung in Deutschland erhalten haben, berichtete das Nachrichtenmagazin Spiegel am Freitag unter Berufung auf eigene Informationen. Die Zahlen wurden in Branchenkreisen bestätigt. Das Ministerium in Berlin war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Anfang Mai hatte das Bundesverkehrsministerium mitgeteilt, zur Klärung möglicher Überschreitungen von CO²-Werten bei Autos weitere Prüfungen anzustellen. Bei Nachmessungen, die infolge des VW-Abgasskandals bei anderen Herstellern durchgeführt wurden, hatten zunächst Werte des gesundheitsschädlichen Stickoxids im Fokus gestanden. Es gab aber auch Messungen zum Ausstoß des umweltschädlichen Kohlendioxids (CO²).

Unter den betroffenen Modellen soll sich auch ein Dieselmodell des Opel Zafira befinden. Der Spiegel und das ARD-Magazin „Monitor“ hatten in Zusammenarbeit mit der Deutschen Umwelthilfe bereits vor einer Woche Recherchen vorgelegt, die auf möglicherweise illegale Abschaltvorrichtungen bei der Abgasreinigung neuester Opel-Dieselmodelle hindeuten. Opel hatte die Vorwürfe zurückgewiesen, der Autobauer setze keine illegale Software ein.

Der Grünen-Verkehrsexperte Oliver Krischer äußerte erneut Kritik an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). „Statt das Thema weiter auszusitzen und damit das Schummeln der Autoindustrie zu decken, muss Dobrindt endlich reinen Tisch machen.“ Dobrindt sei gefragt, die notwendigen gesetzlichen Regelungen für saubere Autos zu schaffen und Klarheit in den Skandal zu bringen.

Abweichungen bis zu 72 Prozent

Experten wie der Abgas-Tester Axel Friedrich sind sich seit langem sicher, dass viele Autos nicht nur bei Stickoxid-Werten, sondern auch bei Treibhausgas CO² viel mehr ausstoßen als angegeben. „Die CO²-Untersuchungen ergeben im Mittel Abweichungen von 40 Prozent, an den Spitzen von 72 Prozent“, hatte Friedrich, der für Umweltschutzorganisationen eigene Prüfungen durchführt, Anfang Mai gesagt. Weder diese deutliche Überschreitung noch große Unterschiede zwischen den Herstellern seien nur durch die Bedingungen im Straßenbetrieb erklärbar.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hatte die Kritik zurückgewiesen. Es gebe abseits der Manipulationen bei Volkswagen keine illegalen Praktiken. Für die Differenz zwischen den Ergebnissen auf dem Prüfstand und den Werten auf der Straße gebe es mehrere Gründe. Das Nutzungsverhalten des Autofahrers wirke sich erheblich auf Verbrauch und Emissionen aus: „Wer viel im Gebirge unterwegs ist, öfter einmal schneller auf der Autobahn fährt oder viele Komfortfunktionen nutzt, verbraucht mehr als andere.“ Zudem würden viele Technologien zur CO²-Reduzierung auf dem Prüfstand stärker wirken als auf der Straße.

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5 Kommentare

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  • " Zudem würden viele Technologien zur CO²-Reduzierung auf dem Prüfstand stärker wirken als auf der Straße."

     

    War das nicht mehr oder weniger was VW vorgeworfen wird ?

  • 3G
    33641 (Profil gelöscht)

    Es ist schon gut, daß die Autos strenge Grenzwerte einhalten müssen. Doch ebenso wichtig wäre es, andere CO2 Emissionen - wie Brandrodung und das Entweichen lassen von Erdgas bei der Erdölförderung - zu verhindern. Dabei werden die dreifachen Mengen an Treibhausgasen ausgestoßen, wie von sämtlichen Autos der Welt.

  • Das einzige Mittel immer größer und schwerer werdende Autos verbrauchstechnisch gut aussehen zu lassen ist zum einen die Manipulation. Es ist physikalisch doch völliger Blödsinn zu glauben daß eine immer schwerere Masse gleichzeitig immer weniger Energie benötigen soll um diese zu bewegen.

    Zudem kommt der Missbrauch in der Fahrweise von Autos, was so mancher Autoliebhaber als sportliche Fahrweise betrachtet. Es ist die verantwortungslose Raserei. Größere, schwerere Autos mit immer höheren PS- Zahlen verleiten doch gerade dazu!

    Verbrauchsarm können der Logig folgend also nur kleine und leichte Autos sein. Aber selbst Kleinstwagen sind vollgestopft an technischen Dingen die rein der Bequemlichkeit dienen und das Gewicht massiv erhöhen.

    Es sind allein die Konsumenten die schwere, bequeme und PS-starke Autos begehren ! Die Schuld allein den Herstellern zuzuschieben ist absolut subjektiv. Wer will schon selber der Verantwortliche sein. Ist doch unbequem. Aber genau dort muß man ansetzen: Bei sich selber.

  • „Zudem würden viele Technologien zur CO²-Reduzierung auf dem Prüfstand stärker wirken als auf der Straße.“

    Was soll denn das für eine Begründung sein?? Entscheidend ist doch, was tatsächlich im Betrieb auf der Straße ausgestoßen wird. Deshalb: Der Prüfvorgang ist solange anzupassen, bis im Prüfstand die gleichen Werte wie im realen Betrieb gemessen werden.

  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Wenn unsere Heizung mal wegen zu hoher Abgaswerte stillgelegt werden sollte, werde ich bei der zuständigen Behörde um eine Duldung des Weiterbetriebs anfragen. Diese wird mir dann sicherlich gewährt werden. Denn es kann ja in einem Rechtstaat nicht angehen, das geltendes Recht von den "Kleinen" beachtetet und von Konzernen ignoriert werden darf, oder ...?