Abfalllagerung unter Tage: Begehrter Müll aus dem Ofen
Abfälle aus Müllverbrennungsanlagen werden am besten in Bergwerken gelagert, sagt eine neue Studie. Experten setzen auf weniger Müllverbrennung.
BERLIN taz | Müll aus Müllverbrennungsanlagen wird am besten unter Tage gelagert. Das ist das Ergebnis einer Studie, die der Verband der Kali- und Salzindustrie und der Verband Bergbau, Geologie und Umwelt gestern in Berlin vorgestellt haben.
Im Fokus der Untersuchung stehen Abgasreinigungsabfälle. Diese Schwermetalle oder Stäube bleiben übrig, nachdem die Abgase aus den Öfen gereinigt worden sind. Weil in Deutschland kein Abfall mehr unbehandelt deponiert werden darf, wird immer mehr davon verbrannt – und die Schlacke zum Problem.
„Die oberirdische Lagerung solcher Abfälle muss beendet werden, die Verbringung unter Tage ist die beste Alternative“, sagte Gutachter Holger Alwast. Begleitet wurde die Studie vom Umweltbundesamt (UBA). „Die Verbringung unter Tage ist ökologisch sinnvoller, als die Reste aufzubereiten und oberirdisch zu lagern“, sagt Markus Gleis, Abfallexperte des UBA. Für die Aufbereitung werde viel Energie benötigt, bei der unterirdischen Lagerung hingegen nicht. Beim gegenwärtigen Energiemix in Deutschland sei das wichtig.
Genug Platz sei vorhanden, bescheinigt das Gutachten. Derzeit existierten 14 Lagerstätten in Salzgestein, die weit mehr als die deutschen Abfallmengen aufnehmen könnten. Daher enthält die von der Beratungsgesellschaft Prognos AG durchgeführte Studie den indirekten Hinweis, dass Deutschland Müll für seine Bergwerkslöcher importieren könne. Die europaweiten Müllverbrennungskapazitäten würden bis 2020 um 25 Prozent gegenüber 2008 steigen, schreiben die Autoren. Hinzu komme, dass viele Länder in Europa kaum recyceln.
Müllverbrennungsanlagen zurückbauen
„Die Abfallverbrennung ist nötig“, sagt Jörg Lacher, Sprecher des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) in Bonn. Es spreche auch nichts dagegen, die dabei entstehenden Rückstände unter Tage zu lagern, so Lacher. Dennoch gehe die Fragestellung des Gutachtens an der Wirklichkeit vorbei: „In Deutschland werden die jährlichen Verbrennungsabfälle um 5 Millionen Tonnen bis 2020 zurückgehen – die Müllverbrennungsanlagen müssen entsprechend zurückgebaut werden“, kritisiert Lacher. Alles müsse daher in Richtung Recycling gehen. Auch das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut HWWI war kürzlich in einer Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass die Abfallmengen in Deutschland eher schrumpfen.
Das Vorhaben von Müllimporten aus Ländern mit einer unterentwickelten Recyclingwirtschaft sei fragwürdig, so Lacher, „das widerspricht dem europaweiten Ziel, Recycling stärker auszubauen und weniger zu verbrennen“. Die Recyclingquote von Abfällen sei mit 65 Prozent nicht einmal in Deutschland ausreichend, 80 Prozent seien möglich.
„Man sollte seine Energie in strengere Zielvorgaben stecken“, sagt Lacher. „Bei diesem Gutachten geht es ganz klar um wirtschaftliche Perspektiven der Bergbauunternehmen“, sagt Claudia Baitinger vom Bund für Umwelt und Naturschutz. Verdienen würden an einem Ausbau der unterirdischen Abfalllagerung vor allem die Auftraggeber der Studie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!