■ Querspalte: Ab geht die Post!
Jeder hat sein Päckchen zu tragen, weiß man. Doch jetzt will die Post allein in Berlin und Brandenburg 40 sogenannte Frachtzustellbezirke an private Firmen vergeben. In Worten: vierzig! Das heißt, 30 (dreißig!) Postzustellbezirke werden demnächst in der Hand sogenannter Fremdzusteller sein.
Was glauben Sie, was da passieren wird? Ich will es Ihnen sagen: Junge Männer in grünen, braunen, roten oder weißen Uniformen, niemals aber in blauen oder gelben, werden morgens einen Lieferwagen vor Ihrem Haus parken. Sie werden die Türen des Fahrzeugs öffnen, ein Paket – Ihr Paket – herausnehmen und es zu Ihnen tragen, bis hin zum ausgebauten Dachgeschoß! Merken Sie was? Wenn Sie nicht da sind, werden diese Frachtfritzen bei Ihrer Nachbarin klingeln und diese höflich bitten, Ihre Sendung für Sie aufzubewahren. Mehr noch, Sie werden einen Vermerk über diese infame Paketbunkerei in Ihrem Briefkasten finden.
Und das ist erst der Anfang. Hat nämlich der Absender die Telefonnumer Ihres Arbeitsplatzes auf dem Paket vermerkt, werden Sie womöglich von diesem Privatpaketpack angerufen. Denkbar wäre auch – man mag es kaum aufschreiben –, daß man Ihnen anbietet, einen neuen Zustelltermin auszumachen. Ahnen Sie jetzt, wie weit die gehen werden? Ich frage Sie: Warum tun Menschen so etwas? Genau – weil sie ab 1998 noch mehr Postzustellbezirke (hundert oder so) haben wollen. Weil dann Ihre Mutter oder Geburtstagsgratulanten genau diese grüne, rote oder sonstwie gefärbte Firma beauftragen soll, Ihnen einen Karton zu überreichen. Ich frage also weiter: Wollen wir das? Wollen wir Paketzusteller, die wirklich Pakete ausliefern? Die nicht auf einer Karte erklären, ein Zustellversuch sei gescheitert? Die feststellen, daß wir zu Hause sind? Sollen wir auf die Tagesausflüge zu unseren Postämtern verzichten? Auf die Gespräche in der Postamtschlange? Niemals, sage ich! Mein Nachmittag gehört mir! Keinen Fußbreit den Versandverbrechern! Weg mit den Schandflecken der Zustellzunft! Carola Rönneburg
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