ANC-Chef angeklagt: Offener Machtkampf in Südafrika
Staatsanwaltschaft klagt ANC-Chef Zuma wegen Korruption an. Dessen Anhänger sprechen von "verzweifelten" Kampagne und erwägen, Präsident Mbeki seines Amtes zu entheben.
Der Machtkampf zwischen den beiden Spitzenpolitikern Südafrikas ist voll entbrannt. Der neue Vorsitzende des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), Jacob Zuma, wurde am späten Freitag förmlich wegen Korruption angeklagt. Es gehe um 18 Anklagepunkte, darunter "Erpressung, Geldwäsche, Korruption und Betrug", sagte Zumas Anwalt Michael Hulley. Der Prozessbeginn wurde für den 14. August 2008 angesetzt.
Die Anklageerhebung war weithin erwartet worden, seit der Unternehmer Schabir Shaik im Jahr 2005 wegen der Entgegennahme von Schmiergeldern in Millionenhöhe zu 15 Jahren Haft verurteilt worden war. Die Anklage wirft Zuma vor, zwischen 1995 und 2005 783-mal Geld von Shaik erhalten zu haben, insgesamt 4 Millionen Rand (400.000 Euro), und dafür zugunsten Shaiks in Waffenkaufverhandlungen unter anderem mit dem deutsch-französischen EADS-Konzern eingegriffen zu haben. Shaik hatte in seinem Prozess Zuma, damals Vizepräsident Südafrikas, als seinen Gönner dargestellt, woraufhin Staatschef Thabo Mbeki im Juni 2005 Zuma als Vizepräsident entlassen hatte. Vor zwei Wochen aber siegte Zuma gegen Mbeki bei der Wahl des neuen ANC-Vorsitzenden durch einen ANC-Parteitag.
Das Zuma-Lager spricht nun von einer politischen Kampagne. "Die Entscheidung, Jacob Zuma anzuklagen, ist keine Entscheidung der Justiz, sondern eine des Staates, und den Staat führt Thabo Mbeki", sagte Fikile Mbalula, Präsident der ANC-Jugendliga. "Dies ist ein eklatanter und verzweifelter Versuch, Zumas Aufstieg in das höchste Staatsamt zu verhindern." Denn nun drohe eine Disqualifizierung Zumas, wenn die Partei im Juni ihren Spitzenkandidaten für Südafrikas Wahlen 2009 bestimmt.
Der ehemalige Geheimdienstchef Billy Masethla erklärte am Wochenende, der ANC könne Mbeki von seinem Amt abberufen, wenn er sich weigere, sich der Parteiführung Zumas zu unterstellen. Masethla sprach vor Veteranen des aufgelösten militärischen Flügels des ANC, Umkhonto we Sizwe.
Der Gewerkschaftsbund Cosatu stellte sich hinter Zuma und drohte mit Massenprotesten. Der respektierte Geschäftsmann und ANC-Politiker Tokyo Sexwale, der als Kompromisskandidat für die ANC-Führung ins Gespräch gebracht worden war, kritisierte ebenfalls: "Der Zeitpunkt der Anklage mit einem bereits festgesetzten Gerichtstermin ist sehr beunruhigend", sagte er.
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