: AIDS-Hilfe hilft dem Chef
■ Ärger bei der Aids-Hilfe: Spendengelder zurückgehalten, um Geschäftsführer abzusichern
Schlechte Stimmung bei der Bremer Aids-Hilfe: Nachdem der Verein Ende letzten Jahres zwei gemeinnützige GmbHs gegründet hat, um die üppigen Spendengelder vor dem Zugriff des Staates zu retten, sind jetzt Details des Arbeitsvertrags zwischen dem ehemaligen Aids-Hilfe-Vereinsvorstand und dem neu eingesetzten Geschäftsführer aufgetaucht. Und die haben es in sich. Danach erhält der Chef eine Gehaltserhöhung von 1.200 Mark monatlich sowie eine garantierte Abfindungssumme von 130.000 Mark für den Fall, daß GmbH oder Verein pleite gehen oder ihm gekündigt wird. All das soll aus dem Spendenaufkommen finanziert werden. Effekt: Größere Teile der Spenden müssen zurückgehalten werden, statt für Aids-Beratung und Betreuung von Erkrankten zur Verfügung zu stehen. Geschäftsführer Rüdiger Schumachers dazu: „Das sind alles ganz normale Regelungen.“
Die Aids-Hilfe ist ein vergleichsweise reicher Verein. Rund 400.000 Mark, unter anderem Erbschaften, haben sich auf dem Spendenkonto angesammelt. Umso nervöser wurde der Vereinsvorstand, als Anfang letzten Jahres schlechte Nachrichten aus den Senatsressorts Soziales und Gesundheit kamen: Bisher bekommt die Aids-Hilfe vom Staat jährlich rund 390.000 Mark für Aids-Beratung und noch einmal rund 91.000 Mark für ein Substitutionsprojekt für Drogenabhängige – doch neuerdings soll bei deren Berechnung das Vermögen des Trägers eine Rolle spielen. Wie auch andere Bremer Träger kam die Aids-Hilfe (mit freundlicher Unterstützung des „Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes“) auf die Idee, die Vereinsaktivitäten in „gemeinnützigen GmbHs“aus dem Verein auszugliedern – eine für Drogen und Pflege, eine für Schwule und Beratung. Dann hätte der Staat keine Zugriffsmöglichkeit auf die Spenden mehr. Nebenbei könnte ein zweites Problem en passant mitgelöst werden: Seit einigen Jahren werden MitarbeiterInnen vieler Träger zwar nach dem Bundes-Angestellten-Tarif (BAT) bezahlt, doch die Staatskasse erhöhte nicht gleichzeitig die Zuschüsse. Die prima Lösung: Die MitarbeiterInnen bekommen mit der Übernahme in die neue GmbH neue Verträge und verzichten auf BAT-Bezahlung.
Die GmbH-Gründung im Oktober '96 vollzog sich nicht ohne Reibung: Die Vereinsmitglieder wollten ungern auf ihren Verein „AIDS-Hilfe“verzichten, der zur formaljuristischen Hülle verkommen sollte. Und von zwölf MitarbeiterInnen unterschrieben nur zwei die geänderten (schlechteren) Verträge. Im Zuge dieses Konflikts trat der alte Vorstand beleidigt zurück – einen Tag nach der notariellen Beglaubigung der Gesellschaftsgründung.
Im Gegensatz zu den MitarbeiterInnen hatte der alte Vorstand die Zukunft des neuen (alten) Geschäftsführers optimal abgesichert: 1.200 Mark Zubrot auf BAT III und eine garantierte Abfindung von 130.000 Mark. Die Folge dieses Vertragswerks beschreibt ein Mitarbeiter als „innerbetriebliche Zerrüttung“.
Über Nachfragen ärgert sich Thorsten Schmidt, neugewählter Vorstand: „Jetzt öffentlich darüber zu reden, das schadet doch dem Verein. Die GmbHs stehen nicht zur Disposition, aber die Rahmenbedingungen müssen wir noch diskutieren.“Ende April soll die nächste Mitgliederversammlung stattfinden. Auf der Tagesordnung: die Entlastung des alten Vorstandes. Passiert das, dann wäre der Geschäftsführervertrag gültig. J.G.
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