ABENTEUER BADEWANNE : Unfreiwilliger Helfer
Die Ostsee ist die Badewanne der Berliner. Die nahe Küste kenne ich wie mein Badezimmer – aber hier wie dort ist man vor Überraschungen nicht gefeit. Es war ein windiger Herbsttag; der Abstecher ans Meer nach einem Verwandtenbesuch im Norden sollte Ruhe bringen: Strandspaziergang und Fischkneipe, fertig. Aber dann blieb ich beim Surfbrettvermieter hängen, der kurze, offene Seekajaks hatte. Ich bin ein leidenschaftlicher Paddler, und so hatte der Verleiher leichtes Spiel: „Den Neoprenanzug gebe ich dir dazu.“
Auf dem Meer war ich vorsichtig: nicht weit weg vom Ufer, kein Abenteuer. – „Eh, bist du taub?“, brüllte mich plötzlich ein Mann an, der auf einem Stand-up-Paddelbrett kniete und nach Leibeskräften herbeipaddelte. „Da hinten liegt ein Kite-Surfer im Wasser, der nicht mehr hochkommt. Wir müssen helfen!“ Tatsächlich, weit draußen zappelte einer. „Du gibst mir dein Boot, dann bin ich schneller dort“, rief der Sportsmann und legte neben meinem Kanu an. „Du kommst mit dem Brett hinterher, einen Neo hast du ja“, befahl er. Die Wellen schaukelten, aber ich rutschte aufs Brett und setzte mich drauf. Es wackelte, aber bald kam ich mit dem langen Stechpaddel gut zurecht und fuhr aufs Meer hinaus. Rasch wurden die Dünen kleiner und die Wellen größer – bei ablandigem Wind. Meine Knie zitterten: Muss ich da wirklich mit? Schaffe ich es zurück?
Der Verunglückte war bleich und erschöpft. Wir zogen den jungen Mann auf mein Brett. Nachdem ich ins Kajak umgestiegen war, übernahm der Sportsmann das Steuer auf dem Brett. Der Rückweg zog sich. Auf halbem Weg kam ein Rettungsboot, das den Surfer und den Sportsmann aufnahm. Allein paddelte ich weiter.
Am Strand stürzte eine junge Frau auf mich zu. „Danke, det ihr meen Freund jerettet habt“, schluchzte sie. „Jerne doch“, antwortete ich und freute mich auf meine Wanne. RICHARD ROTHER