95Jähriger im Café entdeckt: Kriegsverbrecher in der Fanzone

Ein britisches Boulevardblatt hat einen mutmaßlichen kroatischen Kriegsverbrecher im österreichischen Klagenfurt entdeckt - in der Fanzone.

Da muss man schon ein besonders gutes Auge haben... die Fanzone beim Spiel Deutschland-Kroatien. Bild: dpa

WIEN taz Der wegen Kriegsverbrechen gesuchte Milivoj Asner aus Kroatien wurde jetzt in der Klagenfurter Fanzone entdeckt. Das britische Boulevardblatt The Sun brachte Fotos des 95jährigen, wie er mit seiner Frau Edeltraut in einem Café saß und durch die Fußgängerzone schlenderte. Den österreichischen Behörden ist längst bekannt, dass der ehemalige Offizier des kroatischen Ustascha-Regimes in der Kärntner Hauptstadt lebt. Einem kroatischen Auslieferungsbegehren wurde nicht stattgegegeben, weil psychiatrische Gutachten bescheinigen, der Mann sei nicht vernehmungsfähig. Dem widerspricht der Gesuchte in einem Interview, das er The Sun gab.

Aufgescheucht durch die Presseberichte wurde die Klagenfurter Staatsanwaltschaft aktiv. Staatsanwalt Helmut Jamnig sieht das Interview noch nicht als Beweis für die Rüstigkeit des mutmaßlichen Kriegsverbrechers. "Damit jemand ausgeliefert werden kann, muss er vorher vernommen werden, und dafür muss die Vernehmungsfähigkeit festgestellt werden".

Das ist Sache der Polizei, die es offenbar nicht eilig hat. Schließlich setzt sich Landeshauptmann Jörg Haider dafür ein, das greise Ehepaar nicht zu behelligen.

Milivoj Asner, in Klagenfurt als Dr. Georg Aschner gemeldet, soll im Zweiten Weltkrieg die Deportation von Juden, Sinti, Roma und Serben in ein KZ organisiert haben. Kroatien war von den Nazis besetzt und wurde von der faschistischen Ustascha regiert.

Weihnachten 1941 wurden etwa 150 Juden in der slawonischen Gemeinde Pozega zusammengetrieben und auf einen Viehwaggon in Richtung KZ verladen. Geleitet wurde die Aktion, so Augenzeugen, vom jungen Polizeichef Milivoj Asner. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem führt den Mann als Nummer vier der meist gesuchten Kriegsverbrecher.

Obwohl die englische Presse schon 2005 über den greisen Ustascha-Veteranen berichtet hatte, sah man in Österreich keine Veranlassung, den Gesuchten an Kroatien auszuliefern. Anfangs hieß es, er sei österreichischer Staatsbürger. Als sich herausstellte, dass Asner einen kroatischen Paß hat, stellten psychiatrische Gutachten schwerwiegende Demenz fest. Gegenüber einem Sun-Reporter machte sich Asner über seine Ankläger als "Hohlköpfe" lustig. Er werde gerne vor Gericht aussagen. Unter seiner Verantwortung seien nie Juden in Vernichtungslager deportiert worden. Er hätte sich als Polizeichef in Pozega mit Kleinkriminalität und Verkehrsübertretungen herumgeschlagen.

Wines Israelische Kultusgemeinde forderte die Justiz auf, Asners Wunsch vor Gericht zu erscheinen zu entsprechen. Justizministerin Maria Berger, SPÖ, macht sie keinen Vorwurf. Vielmehr würden ihre Initiativen zur Verfolgung von Kriegsverbrechern "auf unterer Ebene unterlaufen".

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