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72. Schachturnier in Wijk aan ZeeBubis dominieren am Brett

Weltmeister Anand remisierte fast alle Partien und bleibt hinter dem Nachwuchs: Magnus Carlsen (19) holt den Titel und Anish Giri (15) triumphiert das B-Turnier.

Ein Rechenfehler kostete Magnus Carlsen (hier 2009 in Moskau) beinahe den Sieg. Bild: ap

WIJK AAN ZEE taz | "Ich versaue hier hauptsächlich anderen Leuten das Turnier", kommentierte Viswanathan Anand mit breitem Grinsen seine Leistungen beim traditionsreichen 72. Turnier in Wijk aan Zee. Der Schach-Weltmeister wurde zwar an der stürmischen niederländischen Küste als einziger des 14er-Feldes nie vom Brett gefegt - der Inder remisierte aber gleich elf seiner 13 Partien. Zu wenig, um in den Kampf um den prestigeträchtigen Sieg einzugreifen.

Doch ausgerechnet bei den zwei am überzeugendsten agierenden Großmeistern biss der sonst harmlos spielende Tiger von Madras zu: In der vorletzten Runde schlug Anand seinen Vorgänger auf dem WM-Thron, Wladimir Kramnik. Zudem hatte der 40-Jährige den Wahlspanier Alexej Schirow von der Spitze gestoßen. Der Hexer von Riga und der Russe Kramnik mussten sich so mit 8:5 Punkten und Platz zwei vor Anand und dem Amerikaner Hikaru Nakamura (beide 7,5:5,5) begnügen.

Platz eins ging an Magnus Carlsen. Der 19-jährige Weltranglistenerste rettete einen halben Zähler Vorsprung ins Ziel - unter anderem, weil der Topfavorit wenigstens gegen Anand remisierte. "Ich spielte manchmal gut und manchmal lausig", tadelte sich der Norweger und gestand, "am Schluss habe ich das Turnier mit viel Glück gewonnen." Vor allem Kramnik hatte ihn in Runde neun vorgeführt. Mit Schwarz gelang dem Weltranglistenvierten nach eigener Einschätzung "die beste Partie meiner Karriere".

In Nöte geriet Carlsen auch am Sonntagabend gegen den 17-jährigen Italiener Fabiano Caruana. Ein "Rechenfehler" kostete den Hobbyfußballer aus Lommedalen einen Bauern. Danach geriet Carlsen in ernste Schwierigkeiten und konnte in 56 Zügen "die Stellung überraschenderweise noch halten". Doppeltes Pech für Schirow. Der Weltranglisten-20. hatte nach zuletzt sehr schwankenden Leistungen aber auch Platz eins selbst in der Hand.

Der Hexer von Riga zauberte gegen Leinier Dominguez einmal mehr einen grandiosen Angriff aufs Brett - und just als er dank einer brillanten Opferorgie dem schwarzen König ans Leder gehen konnte, nahm der sonst so verwegene Schirow bei nur noch zwei Sekunden Bedenkzeit auf der Uhr das Remisangebot des Kubaners ängstlich an.

Im stark besetzten B-Turnier triumphierte ein weiteres Wunderkind: der 15-jährige Anish Giri. Der frisch gebackene holländische Landesmeister feierte mit den 9:4 Punkten seinen bisher größten internationalen Erfolg. "Natürlich bin ich glücklich - aber nicht übersteigert", betonte der Schüler und ergänzte lakonisch, "sagen wir mal, ich schwebe auf Wolke acht." Dabei interessierten Giri weniger die 4.000 Euro Taschengeld, die er in Wijk aan Zee insgesamt einstrich. "Am meisten freut es mich, dass ich nächstes Jahr in der A-Gruppe mitspielen darf", gestand der Sohn eines nepalesischen Vaters.

Das hatte sich auch Arkadij Naiditsch zum Ziel gesetzt. Der deutsche Spitzenspieler von der OSG Baden-Baden musste sich jedoch mit dem zweiten Platz (8,5:4,5 Punkte) zufrieden geben - nach der letzten Partie bekam der Weltranglisten-44. wenigstens den Schönheitspreis für seinen Sieg über den Holländer Erwin Lami zugesprochen. Naiditsch hätte sicher "keine Angst" vor seinen Vereinskameraden in Baden-Baden, Anand, Carlsen oder Schirow gezeigt. Ganz so, wie es sich Giri vorgenommen hat. "Ich hab ja jetzt ein ganzes Jahr Zeit, mich auf sie vorzubereiten", verkündete der 15-jährige Großmeister.

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11 Kommentare

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  • NV
    Norbert Valentin L.

    Sehr geehrter Peter,

     

    während ich hier schreibe, lese ich auch weiter unten, daß sich die taz vorbehält beleidigende Beiträge nicht zu publiziereren. Schade, daß sie es in Ihrem Falle nicht getan hat. Herr Metz hat schon Artikel verfasst, die heute KULT sind (nicht wahr Walter ;) ), er spielt sehr gut Schach (FM), hat sich für diesen Sport unermüdlich ein gesetzt und beherrscht auch noch andere Sportarten recht passabel. Sportlich gesehen ist er als Lokalrivale Feind Nr. 1 für mich, als Mensch (und ich weiß, daß er sich nie zu solchen Beleidigungen wie von Ihnen geäußert hinreißen lassen würde - ich hoffe Sie können mir so rein intellektuell fogen), schätze ich ihn ungemein. Für Ihre Probleme, die Sie zu solchen Äußerungen haben hinreißen lassen, empfehle ich die Literatur von Alexander Lowen sich zu verinnerlichen.

    Wäre ich genötigt zu wetten (und ich mag wetten nicht), würde ich darauf wetten, daß Sie nicht annnähernd soviel in Ihrem Leben erreicht haben, wie Herr ( nicht Mme. ) Metz.

  • P
    Peter

    Hartmut Metz meint, er müsse Jungs, die offensichtlich phantastisch Schach spielen, despektierlich als Bubis bezeichnen. Warum ? Um als "Mann" in der TAZ schreiben zu dürfen, sind symbolisch - rituelle Selbstkastrationen und Selbstkasteiungen, wie gerade geschehen, absolut zwingend.

    Madame Metz, lassen Sie sich ein Paar Nüsse wachsen :)

  • R
    RichardT

    Ein Lob an die tazIn:

     

    Ihr druckt auch Kommentare die Euch hart kritisieren, soviel Größe haben größere Zeitungen oft nicht.

  • B
    Barbarossa

    @Hartmut Metz:

     

    Die neutrale Bezeichnung für junge Männer ist Jungs oder Jungen. Der Begriff 'Bubis' ist eine Herabsetzung wie Milchbubis. Ihre gesetzte Überschrift ist eine Beleidigung.

     

    Oder wie wäre es mal mit einem Titel wie:

    "Gören schlechter am Brett"?

  • S
    Seelensammler

    @ Grindel

     

    Frauen spielen selten Schach. Spätestens nach dem dritten Zug kommt die Gleichstellungsbeauftragte und ändert die Regeln: Der König scheidet aus, weil er in Seilschaften verstrickt ist. Die Damen besetzten auf dem Brett nur jede 16. Stelle. Die Bauern blockieren die vorderen Plätze. Die zwei Türme sind eindeutig phallokratische Symbole. Nicht nur die Springer verdienen 23% mehr als die Dame. Und die Läufer laufen ständig quer, aber nicht queer. Dann ist es ein kriegerisches Spiel. Allein schon Schlagen ist typisch männlich testosteron-gesteuert. Die Felder sind schwarz oder weiß, aber nie malve oder bahamabeige. Das Brett ist nach EU-Vorschriften zu schwer, dass Frauen es heben dürften. Und die Uhr setzt Frauen unmenschlich unter Zeitdruck. Also spielen Frauen kein Schach.

  • R
    RichardT

    So ein BUBI wäre ich auch gern.

    Gestanden Weltmeister im Turnier besiegen zu können.

     

    ist BUBI jetzt ein Ehrentitel und wie ist der für das andere Geschlecht: Mädis?

     

    Selbst im Sport ist die taz sexistisch.

     

    oder ists nur der Neid des Schreibers daß andere in einer Männerwelt Erfolg haben und er in der feministischen taz darben muß?

  • F
    Femanzenwatch

    Liebe TAZ-Macher

     

    Warum beleidigen Sie intelligente junge Männer indem Sie sie als "Bubis" diskreditieren???

    Ist das ehrbarer Journalismus oder vorauseillender Gehorsam gegenüber FeministINNEN?

     

    @Artikel:

     

    Wann wäre nach feministischer Ideologie ein Schachturnier Mann versus Frau (gender mainstreamingmäßig) gerecht? Wenn dem Mann vor Spielbeginn die Dame, beide Türme/Springer und Läufer weg genommen werden würden ... und der König der Frau die selbe Beweglichkeit wie die Dame erhielte?

  • C
    Christine

    Als Mutter, a u c h eines Sohnes empfinde ich die Überschrift schlicht unverschämt.

    Würde die Taz Mädchen auch so herab würdigen? Wenn Frauen gute Leistungen bringen, das nennt man diese Power-Frauen, wenn Männer gute Leistungen bringen, dann sind das (Milch-)Bubis?

    Das ausgerechnet ein Mann so etwas schreibt, macht die Sache fast noch schlimmer.

  • E
    Emil

    Frauen spielen Schach in einer eigenen Liga weil sie den Männern körperlich unterlegen sind. Frauen haben ein kleineres Gehirn als Männer.

  • M
    Männerbeauftragter

    Durften "Zimperliesen" eigentlich auch mitspielen?

  • WG
    W. Grindel

    Frage: Warum nimmt der Artikel keinen Bezug auf die Leistungen der Power-Frauen?

     

    Antwort: Wegen der gläsernen Decke.