57.-59. Tag FDLR-Unterstützerprozess: „Die taz ist wie BILD“
Die von der taz veranlasste Sperrung der FDLR-Homepage war 2009 eines der Themen, über die sich Sympathisanten mit ihrer Führung austauschten.
DÜSSELDORF taz | Warum wurde 2009 die Homepage der FDLR gesperrt? Und wie organisiert man Verteiler für Kommuniqués und Memoranden? Dass waren die Fragen, die Bernard und seine Mitstreiter, die in Düsseldorf wegen Unterstützung der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) angeklagten Ruander deutscher Staatsbürgerschaft, sich im 3. Quartal 2009 stellten und die in der zweiten Juliwoche 2014 beim Prozess gegen sie vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf im Gericht erörtert wurden. Wieder wurden Telefonabhörprotokolle verlesen - aus der Zeit kurz vor der Verhaftung des FDLR-Präsidenten Ignace Murwanashyaka und seines 1. Vizepräsidenten Straton Musoni in Deutschland.
Bernard und Jean-Bosco berieten am 1. Juli 2009 per Telefon über die Verschickung von Nachrichten und die Organisation des Rundmailverteilers. Ob es reiche, die Texte nur auf französisch und deutsch zu verschicken, oder ob man sie nicht vielleicht auch ins Englische übersetzen sollte, wurde überlegt.
„Ich schicke Nachrichten immer an die Weißen, Abgeordneten etc.“, erklärte Bernard. Und fügte hinzu: „Mateka (das ist sein eigener Aliasname) schickt mir immer Nachrichten von der FDLR. Er befasst sich nur mit der FDLR, sonst nichts.“ Das bedeutet, das von dieser Quelle, die auch einen Blog gleichen Namens betrieb, nur Informationen über die FDLR kamen, und dass eine strenge Trennung gemacht wurde zwischen Informationen über die FDLR und Informationen über andere ruandische Exil-Gruppen.
Wie so oft, wurde auch in diesem Gespräch wieder beklagt, dass die finanziellen Ressourcen knapp seien. Es habe Anfragen wegen finanzieller Unterstützung von in Brüssel ansässigen Geschäftsleuten gegeben, teilte Bernard Jean-Bosco mit. Allerdings wollten die Händler ihr Geld weder den Hutu noch den Tutsi zukommen lassen. Jean-Bosco bot sich an, einen Kontakt zu vermitteln. Da FDLR-Präsident Murwanashyaka, der damals noch in Mannheim lebte, die Leute nicht kenne, könnte man sich ja nicht direkt an ihn wenden.
Bei diesem Gespräch berichtete Jean Bosco, der öfter nach Brüssel fuhr, dass jetzt Sanktionen verhängt worden seien. „Wir dürfen nicht mehr nach Belgien fahren.“
Einzelheiten über die Sperrung der Webseite fdlr.org Ende August 2009 durch den deutschen Server erfuhr Bernard in einem Telefonat mit FDLR-Vizepräsident Straton Musoni am 3. September 2009. Auch das wurde im Gericht vorgespielt. Musoni erklärte Bernard, dass die Seite seit kurzem wieder online sei. Die Sperrung sei rechtswidrig gewesen. Die taz habe beim Server angerufen und gesagt, dass die Seite von einer Terrororganisation betrieben werde. Daraufhin habe der Host Angst bekommen und die Seite gesperrt. „Wir könnten Schadensersatz verlangen“, meinte Musoni.
„Aber wenn die taz involviert ist - die taz ist stark“ warf Bernard ein. „Sie ist nicht stark“, widersprach Musoni. Bernard darauf: „Sie arbeitet wie die Bildzeitung, sie schreit die Menschen an. Wenn die taz dahinter steckt....“ Musoni wirft ein, dass man überlege, Klage zu erheben. Und er mutmaßt, die FPR (die in Ruanda regierende Ruandische Patriotische Front von Präsident Paul Kagame) habe Geld in die taz „hineingepumpt“.
Bernard und Musoni erörterten in diesem Gespräch ein Verfahren zur Verbreitung von Kommuniqués und Memoranden der FDLR. Memoranden sollten nur an ausgewählte Personen und Stellen geschickt werden, zum Beispiel Abgeordnete, den UN-Sicherheitsrat, die US-Administration, wobei die UNO und die US-Regierung jeweils eigene Kanäle hätten, über den sie geschickt werden könnten. In Anbetracht knapper finanzieller und personeller Ressourcen sei es sinnvoller, nur Pressemitteilungen, die über einen größeren Verteiler an eine breitere Öffentlichkeit geschickt würden, auch ins Englische zu übersetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich