piwik no script img

40.000 Menschen zu Demos erwartetGemeinsam gegen das Kapital

Berlin und Frankfurt erwarten am Samstag die bislang größten Demonstrationen gegen den Finanzkapitalismus. Ein breites Bündnis ruft auf. Banker fürchten sich vor Übergriffen.

Vorgeschmack aufs Wochenende: Aktivisten protestieren in Berlin. Bild: dpa

Insgesamt 40.000 Menschen werden am Samstag zu Demonstrationen in Frankfurt am Main und Berlin erwartet. Unter dem Motto "Wir zahlen nicht für eure Krise!" wollen sie gegen die Auswirkungen der Finanzkrise und den Kapitalismus demonstrieren. "Die Krise ist noch nicht unmittelbar bei den Menschen angekommen, die eine Beschäftigung haben", sagte Ulla Pingel von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Sie geht davon aus, dass nach den Bundestagswahlen im Herbst massive Kürzungen bei Sozialleistungen geplant sind. "Dagegen müssen wir uns wehren", ergänzte Roland Klautke von Attac.

Hunderte von Initiativen und Organisationen mobilisieren zu den Demos, darunter Gewerkschaftsgliederungen, Attac, Grüne, Linkspartei, antifaschistische Gruppen, Teile der Friedensbewegung sowie entwicklungs- und umweltpolitische Organisationen. "Die Breite des Bündnisses kündigt von einer neuen Zusammenarbeit und gemeinsamer Kämpfe für sozialen Wandel", sagte Christina Kaindl als Sprecherin des Demobündnisses in Berlin. "Das Problem sind nicht irgendwelche Banker oder Finanzmärkte", sagte Kaindl. Es sei das System.

Diese Meinung werden auf den Demos wahrscheinlich nicht alle im Bündnis teilen - zumindest befürchten das die Banker. In der Branche wird vor einer aggressiven Demo am Frankfurter Bahnhof gewarnt. Mehreren Beschäftigten zufolge kursiere in der örtlichen Finanzbranche ein Rundruf. Sofern man sich am Samstag in der Innenstadt aufhalten möchte, solle man bitte nicht im Anzug auf die Straße gehen. Sonst könne man etwas abbekommen. "Dass sich die Neuigkeit verbreitet, zeigt, dass hier alle Angst vor einer Konfrontation haben", sagte eine Beschäftigte. Sie selbst werde am Samstag die Innenstadt nicht betreten. "Wir erwarten Demonstrationen mit einem starken politischen Ausdruck", antwortete Werner Rätz von Attac auf taz-Anfrage. "Aber wir erwarten keine gewalttätigen Übergriffe auf Personen, gleich welcher Profession."

Die bisherige Krisenpolitik der Bundesregierung bewertet das Bündnis als "katastrophal". "Eine Antwort auf die Krise des neoliberalen Kapitalismus kann nicht die Verstaatlichung der Verluste und die damit verbundene Abwälzung der Kosten auf die Bevölkerung sein", sagte Rätz. Sie müsse "auf Zurückdrängung von sozialer Ungleichheit weltweit und die Demokratisierung der Wirtschaft setzen". Bernd Riexinger von Ver.di Stuttgart forderte einen "Schutzschirm für Beschäftigte", keine Rettung der Reichen und Superreichen.

In Frankfurt und Berlin werden Busse aus mehr als 100 Städten aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet. Wie viele genau, ist unklar. "Das hat eine gewisse Eigendynamik entwickelt", sagte Klautke. "Wir arbeiten an französischen Verhältnissen", sagte Michael Prütz vom Berliner Demobündnis. Dort ist man allerdings weiter: An einem Generalstreik gegen die Krise beteiligten sich am 16. März mehr als zwei Millionen Menschen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • E
    Edelweiß

    Damit die Finanzkrise etwas greifbarer wird, könnte es hilreich sein ihr ein Gesicht zu verleihen.

     

    Zum Beispiel der Ex-Manager der Hypo-Real-Estate, der ehemalige HRE-Chef Georg Funke will vor Gericht noch Gehaltszahlungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro erstreiten.

     

    Irgendwie kommt die Sache, mit den aus Fenstern springenden Bankern, bei dieser Krise einfach viel zu kurz.

  • V
    vic

    Wenn wir es schaffen diese Regierung wegzudemonstrieren, sitzt in der nächsten die FDP.

    Oder glaubt jemand, wir bekommen hier jemals Chávez?

  • T
    TAZ-Leser

    Infos zu den Demos gibt es hier: http://www.28maerz.de/

     

    Dieses hergeziehe über den deutschen Proletarier Michel ist im Endeffekt nichts anderes als die Ausprägung des deutschen Möchtegern-Intellektuellen Michels. Dieses: "Da kann man nichts machen ist" ist im Endeffekt die gleiche Reaktion die auch der deutsche Spieser zu Tage legt, wenn er Samstags im Garten grillt und Bundesliga schaut. Kein deut besser. Der eine ist passiv inaktiv. Der andere aktiv inaktiv. Das verstehe wer mag.

     

    Die Demos sind nur ein Zeichen von vielen. Und sollten nicht kleingeredet werden bevor sie überhaupt stattgefunden haben. Es ist zumindest ein Anfang. Der deutsche Intellektuellen-Michel hätte gerne alles auf einen Schlag. Wenn Deutschland 80.000 Menschen auf die Straße bringt, dann entspricht das vielleicht schon 2 Millionen Franzosen. Es ist ein Anfang.

     

    Was viel entscheidender ist: WoFÜR ist der Deutsche-Möchtegern-Intellekutellen Michel? Motzen und dagegen sein kann auch der Proletarier-Michel.

  • L
    Lars

    Was sind denn 40.000, solange die restlichen Millionen lieber zu Hause bleiben, ihre Grillfeste feiern und dabei Bundesliga schauen. Alle jammern doch nur über den Staat aber letztlich was tun? Bloß nicht und schon gar nicht, wenn dadurch der Alltagstrott gestört wird oder die allwochenendlichen Rituale ausfallen müssten.

     

    Revolution? Aufstand gegen die oberen Zehntausend? Mit dem deutschen Jammervolk in 10.000 Jahren nicht denkbar.

     

    Für griechische Verhältnisse!

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    "An einem Generalstreik gegen die Krise beteiligten sich am 16. März (in Frankreich, U.M.) mehr als zwei Millionen Menschen."

     

    Dort ist man eben stets weiter. Das war schon immer so. Darum war die "Französische Revolution" auch eine französische. Die deutsche Revolution wurde 1919 von stumpfsinnigen Freikorps niederkartäscht.

     

    Die deutsche Schrebergarten- Schlafmütze ist bis heute die tragende Säule des herrschenden Systems und seiner Akteure. Spießig, gedankenlos, autoritätshörig. Das sitzt ganz tief, das lastet den meisten Deutschen als "historische Erblast", von den Eltern weitergereicht, auf den Schultern. Und so erkennt sie sich im Antlitz einer Frau Merkel und eines Herrn Steinmeier wieder, die deutsche Spießerseele. Nur so sind 16 Jahre politischer Mehltau eines Kohl-Regimes zu erklären. Diese Erkenntnis hilft zwar nicht weiter, sollte manch linken Freunden, die von der "revolutionären Arbeiterklasse" träumen, jedoch zu denken geben.

     

    Wenn überhaupt kommt der geistige Schrebergarten dann in die Puschen, wenn im Nachbarland die Revolution gelaufen ist. Von ihm ist nichts zu erwarten. Am schönsten ist es angerichtet, wenn man als unbeteiligter Zuschauer im warmen Sofa bei Bier und Chips den Revolten, die einen nichts angehen, zuschauen darf.

     

    Kritisch wird es für den herrschenden Block erst dann, wenn es der Mittelklasse "an den Arsch" geht. Der britische Geheimdienst hat dies sehr gut erkannt.

  • DP
    Die PARTEI Landesverband Bayern

    Schlagt sie, wo es richtig weh tut: holt Euer Geld von den Banken (sofern ihr noch eines besitzt).

     

    Tretet Westerwelle und seinen Neoliberalen in den Hintern. Das ganze System stinkt seit Jahrzehnten und Schmidtchen auf der Straße will immer nur seine Ruhe und schaut TV.

     

    Ein deutscher Spruch lautet bekanntlich: "Ruhe bewahren" und das versuchte schon Bismarck. Aber jetzt merkt bald auch der letzte Waldschrat dass er verarscht wird und nicht nur der sog. "schwarze Kontinent", der von Almosen schon seit Jahrzenten leben darf. Die anrollende Kreditkartenblase wird alles noch verstärken. Autokonzerne bereichern sich durch die Umweltprämie (Abwrackprämie), Banker nehmen die Milliarden und zahlen sich diese gleich als Boni aus und die Schaeffler-Lady im Pelzmantel holt sich auch noch ein paar Milliarden.

     

    Ändert Eure Einstellung und gebt den alternativen Parteien Eure Unterstützerunterschrift. Nur dann ändert sich was. Denn davor haben sie Angst.

     

    In diesem Sinne DiePARTEI. (wir sind dabei!)

  • A
    anarchist

    Es wird Zeit dieses System zu kippen!!!

     

    SO kann es nicht weitergehen!

  • ID
    Irgen Dwer

    Man stelle sich das bild vor; demonstranten werden aus den etagen der bankhäuser von vorständen derselben in trauter einigkeit mit lobbyisten aus den parteivorständen bei häppchen beäugt. Die lachen nur kurz auf und machen weiter wie gehabt.

    Die strukturen sind in fester hand der führungsriege. Wir ,das volk, haben doch all die jahre den mist akzeptiert und gekauft der vorgesetzt wurde. Und letztendlich das bestehende system im nachkriegsdeutschland erschaffen. Auf einmal soll es nicht mehr gut sein, was alle miterschaffen haben!? Dummheit kann man nicht mit demonstrationen bekämpfen.Die franzosen sind nicht das vorbild für deutschland, auch wenn sie zum generalstreik laufen wie lemminge.

    Ein entspanntes wochenende und weiterhin fröhlichen unsinn in die runde!

  • A
    Amos

    Die Bänker fürchten sich? Wovor fürchten sie sich denn; die werden doch wieder von der Staatsmacht

    geschützt. Die Polizei steht immer auf der Seite der

    Macht. Das Volk finanziert letztendlich immer den Gegner.Das sind die Auswirkungen der Maßlosigkeit-

    "die Büchse der Pandora öffnet sich". Bei Kohl waren

    ja die Schuldigen die Neider. Wer setzt sich jetzt

    noch hin und eröffnet eine Neid - Debatte? Und regiert die FDP demnächst mit, dann wird der Sozialstaat total zusammen brechen.

  • H
    hto

    40.000 in stumpfsinnigen Forderungen und Illusionen von leichtfertiger Kompromissbereitschaft vereint, damit die Fachidioten dieses zeitgeistlich-kreislaufenden Systems von Hierarchie in materialistischer "Absicherung" sich genötigt sehen es richten zu mögen - Teil der Überproduktion von systemrationalem Kommunikationsmüll!?

     

    "Gemeinsam gegen das Kapital, bzw. gegen den Finanzkapitalismus" - der blödsinige Wunsch nach Kapitalismus-Light!?

  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Statt gegen das Kapital für ein bedingungsloses Grundeinkommen!

     

    ------------------------

     

    Aufgrund dieses Artikels sei die Frage erlaubt, wass Werner Rätz von Attac wirklich möchte: den "Kapitalismus" bekämpfen?

     

    ---------------

    Zitat aus obigem taz-Artikel:

     

    "Wir erwarten Demonstrationen mit einem starken politischen Ausdruck", antwortete Werner Rätz von Attac auf taz-Anfrage. "Aber wir erwarten keine gewalttätigen Übergriffe auf Personen, gleich welcher Profession."

     

    Die bisherige Krisenpolitik der Bundesregierung bewertet das Bündnis als "katastrophal". "Eine Antwort auf die Krise des neoliberalen Kapitalismus kann nicht die Verstaatlichung der Verluste und der damit verbundene Abwälzung der Kosten auf die Bevölkerung sein", sagte Rätz. Sie müsse "auf Zurückdrängung von sozialer Ungleichheit weltweit und die Demokratisierung der Wirtschaft setzen".

     

    -----------------------

     

    Durch solche Äußerungen erscheint sein Engagement für ein bedingungsloses Grundeinkommen allerdings dubios. Mit Alt-Linken Parolen ist es aber längst nicht getan, sondern neues Denken für die nachindustrielle Gesellschaft (Daniel Bell) ist gefragt.

     

    Wie könnte eine vom (Renten-)Kapitalismus befreite Marktwirtschaft aussehen?

     

    Hierzu gibt es ordoliberale wie freiwirtschaftliche Impulse.

     

    Wie müsste die Geldordnung reformiert werden? Mit einer Verstaatlichung der Privatbanken ist es ja beileibe nicht getan. Impulse dafür gab und gibt es von Persönlichkeiten wie Silvio Gesell, Rudolf Steiner, Irving Fisher, John Maynard Keynes, Dieter Suhr und Joseph Huber.

     

    Wie müsste eine Bodenreform aussehen, damit die Monopolwirkung des von Natur aus begrenzten Faktors BODEN neutralisiert wird? Impulse gibt es durch Persönlichkeiten wie Henry George, Adolf Damaschke, Fritz Andres.

     

    Wie müsste ein globalisierungstaugliches Steuersystem aussehen - von der Ertrags- und Einkommensbesteuerung hin zur Ausgabenbesteuerung?

     

    Anregungen dafür gibt es von Persönlichkeiten wie Benediktus Hardorp und Götz W. Werner.

     

    Wir brauchen kein Recht auf industrielle Erwerbsarbeit, sondern ein Menschenrecht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen! Dafür gilt es sich einzsetzen und nicht gegen den "bösen Kapitalismus" im Marxschen Sinne.

     

    Für ein bedingungsloses Grundeinkommen stehen inzwischen zehntausende Menschen, wie es die Petition an den Deutschen Bundestag für ein bedingungsloses Grundeinkommen belegt.

     

    Aktuelle Aufgabe ist es den Wandel von der Industriegesellschaft hin zu einer öklogisch nachhaltigen nachindustriellen Gesellschaft evolutionär zu gestalten.

     

    Ludwig Paul Häußner, Karlsruhe

  • AD
    Axel Dörken

    Deutsche Geschichte?

     

    "Biedermeier und die Brandstifter" empfehle ich jedem. Es glimmt schon wieder allen Ortens und blinde Machthaber und Nutznießer polemisieren im Amt und in den Medien: "Warum?"

     

    Sorry, die Antwort ist einfach: Mißachte einen Menschen lang genug - und dieses System ist eines, dass zur Menschenverachtung geradezu einlädt - und er wird irgendwann zum Gewalttäter.

     

    Andersherum: Gewalt ist nicht immer das, was nach Gewalt aussieht. Philospophisch betrachtet kann ein Schlag auch ein Akt der Liebe sein. Dann nämlich, wenn durch ihn mehr / größeres Leid vermieden wird.

     

    Braucht Deutschland einen gewaltigen Schlag oder begreifen unsere Machtinhaber die psychologisch einfach nachvollziehbare Entstehungskette von Gewalt vorher und handeln entsprechend einfühlsam in eine andere, vom Volk, nicht von der Lobby, gewünschte Richtung?

  • O
    onkelklaus

    In Frankreich ist man weiter. Das stimmt, das ist aber schon immer so und das wird sich leider nie ändern. Wenn den Franzosen was stinkt, dann wird halt mal was abgefackelt. Irgendwann ändert sich auch was, wenn nicht, es gibt ja noch genug Benzin

  • ML
    Marie Lefebre

    Es freut mich, dass die taz in ihrem Bericht über die Protestvorbereitungen auch den Generalstreik in Frankreich erwähnt. Zu berichtigen ist allerdings: dieser Streik und überhaupt die soziale Bewegung in Frankreich richtet sich nicht "gegen die Krise", wie Sie in Ihrem Artikel schreiben, sondern gegen die Politik, die zu dieser Krise geführt hat und gegen die Politik, die weiterhin die Verluste sozialisiert und die Gewinne privatisiert.

  • C
    couch

    Hallo taz,

    könnt ihr nicht mal ein paar Infos zu genaueren Zeit und Ortsangaben der Demos machen?

    Der Samstag ist lang und Frankfurt ist größer als man denkt ;-)

    Gruß!

  • BG
    Bernd Goldammer

    Ich verlange, dass alle Verfassungsschutzämter unsere Verfassung achten und auf dem Einsatz von bezahlten Gewalt- Provokateuren verzichten.

  • LH
    Leon Hartner

    Wenn die Demonstranten solche Probleme mit "dem Kapital" haben, was demonstrieren sie dann jetzt? Es müsste doch geradezu eine Wohltat für sie sein nach einer Krise ein Stückchen ärmer dazustehen...

  • K
    Kommentator

    Banker haben Angst vor den Demonstranten?!?

     

    aha. Da hat wohl wer n schlechtes Gewissen.

     

    Aber hey die Banker dürfen sich uns gerne anschließen - auch MIT Schlips und Anzug.

     

    Bis Samstag dann!

     

    PS/an Herrn Laufer (Autor):

    1. Nachtrag: Mittlerweile sind auch zahlreiche Kulturschaffende und Intellektuelle/Profs und Doktoren am Aufruf beteiligt, Sozialforen, Umweltschutzverbände und Gewerkschaften

    (siehe 28.maerz.de)

    2. Wir sind nicht GEGEN das Kapital, wir sind für seine Umverteilung (is ja klar)