40 Jahre Berliner Fernsehturm: "Wenn er umfällt, sind wir im Westen"
Vor 40 Jahre wurde der Berliner Fernsehturm gebaut – und brachte es zum gesamtdeutschen Liebling. Damals war sein Bau ein immenser Devisenschlucker.
BERLIN dpa/taz | Der Fernsehturm, mit 368 Metern höchstes Gebäude Berlins, hat zu seinem 40. Geburtstag am 3. Oktober etwas geschafft, was anderen DDR-Bauten verwehrt blieb: Er ist ein gesamtdeutscher Liebling.
Vier Jahre dauerten die Bauarbeiten, mit 200 Millionen DDR-Mark geriet er rund 6-mal so teuer wie geplant. Der Bau war ein unglaublicher Devisenschlucker. Die Thermofenster mussten in Belgien bestellt werden, Fahrstühle und Klimaanlagen in Schweden. Die Edelstahlhaut lieferte Krupp.
Der Spott ließ trotz der großen Ingenieurleistung nicht auf sich warten. Während die SED-Oberen vom "Weltniveau" sprachen, beobachteten Berliner aus Ost und West einen seltsamen Lichtreflex auf der Edelstahlhaut der Turmkugel. Strahlt die Sonne, zeigt die runde Hülle bis heute weithin sichtbar ein Kreuz. Das sei die Rache Gottes, hieß es damals in Anspielung auf die atheistischen DDR-Machthaber.
Das Drehrestaurant "Tele-Café" in 200 Metern mit dem unverfänglichen Blick gen Westen zählte bald zu den beliebtesten Cafés Ostberlins. Einen Witz erzählten sich die Ostdeutschen in Schwindel erregender Höhe besonders gern: "Wenn der Fernsehturm umfällt, sind wir wenigstens im Westen."
Bis heute ist das Berliner Wahrzeichen der höchste Fernsehturm Deutschlands. Mehr als eine Million Besucher wollen jedes Jahr hoch hinaus. Noch immer ist der Turm auch Arbeitsplatz für fünf Rundfunk-Techniker. Über 60 Programme laufen über seine 118 Meter lange rot-weiße Antenne.
Der Geburtstag wird mit einer Zeitreise gefeiert: Am 3. Oktober soll es zugehen wie vor 40 Jahren. Im Restaurant gibt es die Speisekarte vom 3. Oktober 1969 und original Eintrittskarten. Auch beim Service geht es zu wie in den 60ern: Die Kunden werden platziert und müssen nach einer Stunde im Kugelrestaurant gehen.
Im Interview fragt die taz Objektmanager Torsten Brinkmann zur Technik des Turms:
taz: Herr Brinkmann, hier im Fernsehturm öffnen und schließen Sie Luken wie andere Menschen Wohnungstüren. Das wirkt alles sehr vertraut.
Torsten Brinkmann: Da haben Sie recht: Ich kenne jede Tür.
Sie arbeiten hier seit 1994. Wie war das damals?
Damals war hier alles noch im originalen Bauzustand aus DDR-Zeiten. Wir haben erst mal alles rausgerissen, sämtliche Lampen, Türen, Schalter, Fenster. Das war auch echt notwendig, ich bin davor von Störung zu Störung gerannt. Der Turm ist jetzt zwar in gutem Zustand, doch wie in jedem Gebäude stehen nach zehn Jahren natürlich auch Reparaturen an.
Gibt es hier ein Problemkind, das besonders viel Aufmerksamkeit braucht?
Der Kran ist schon sehr sensibel. Aufzüge und Lüftungsanlagen werden regelmäßig gewartet. Ansonsten reagieren wir spontan auf die Probleme, die aufkommen.
Wir standen gerade auf der Evakuierungsbühne in etwa 200 Metern Höhe. Der Wind bläst dort oben orkanartig. Können Sie unter solchen Bedingungen arbeiten?
Das ist schon schwierig. Um Antennen an- und abzuschrauben, wäre der Wind heute zu stark. An solchen Tagen verringern wir die Geschwindigkeit der Aufzüge von 6 Meter auf 4 oder 2,5 Meter pro Sekunde. Sonst schlagen die Seile gegen die Schachtwände.
Haben Sie Höhenangst?
Nicht so richtig.
Nicht so richtig?
Okay, ein bisschen schon. Man muss schon Respekt haben vor der Höhe. Ich arbeite ja auch manchmal an der Spitze des Turms, gesichert mit Gurten.
Kann der Turm umfallen?
Es gibt nichts, was unmöglich ist. Aber realistisch ist das nicht. Es gibt auch kein Rettungsszenario für so einen Fall.
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