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3x3-BasketballProfessionalisierter Straßensport

3x3 ist eine Outdoor-Variante von Basketball, das immer mehr im Trend liegt. Dass Hannover ganz vorn dabei ist, liegt auch an einer Olympiasiegerin.

Will nach ihrer Genesung wieder an die alte Leistung anknüpfen: Marie Reichert während der Olympischen Spiele in Paris Foto: Sina Schuldt/dpa

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Christian Otto aus Hannover

taz | Der agile Moderator steht direkt am Spielfeld. Manchmal sogar mittendrin. Sein per Mikrofon dargebrachtes Feuerwerk an Anglizismen wird begleitet von lauter Musik, die ein DJ live abmischt. Was auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs von ­Hannover ein wuseliges Durcheinander ergibt, dient als Bühne für die freche Basketball-Variante 3x3.

„Ich hoffe, dass ich dem Team helfen kann – auf und neben dem Platz“, sagt Marie Reichert mit ruhiger Stimme. Vor rund einem Jahr ist die Ausnahmekönnerin mit Deutschlands 3x3-Nationalteam in Paris Olympiasiegerin geworden. Jetzt steht die 24-Jährige verletzt am Spielfeldrand. Als Team-Managerin der TK Hannover Luchse hilft sie dem ersten deutschen Frauen-Profiteam im 3x3 auf die Sprünge.

Mit dem goldigen Sieg bei Olympia ist dieser noch jungen Trendsport ein Durchbruch gelungen. Vor allem die jüngere Generation weiß, dass bei 3x3 pro Team lediglich drei Akteure wechselseitig auf nur einen Korb spielen. Es begeistert im Vergleich zum klassischen Basketball im Freien. Gefragt sind vielseitige Skills und gedankenschnelles Handeln.

Was macht der Olympiasiegerin im 3x3, die zunächst im klassischen Basketball groß geworden ist, denn nun mehr Spaß? „Mir macht beides sehr viel Spaß. Mein 3x3-Herz schlägt aber schon ein wenig schneller“, gesteht Reichert. Aktuell befindet sie sich im Reha-Training nach einem Kreuzbandriss. Bis sie im Erstliga-Basketballteam der TK Hannover Luchse mitmischen kann, engagiert sie sich im 3x3 und ist mit ihrer Geschichte von der umjubelten Goldmedaille sehr gefragt.

Mangelnde finanzielle Absicherung

In Hannover dreht sich gerade so viel rund um Basketball und 3x3, weil zwei Dinge gut klappen: Das Fundament für den Olympiasieg der 3x3-Frauen war ein in Hannover geförderter Bundesstützpunkt. Und die Basis für professionellen Basket­ball legt seit Jahren der TK Hannover mit seinem Engagement für den Sport und das etablierte Frauenteam mit dem PR-Zusatznamen Luchse.

Weil beides den besten Spielerinnen noch keine finanzielle Absicherung ermöglichen kann, sind neue Wege gefragt. „Langfristig ist das Ziel, dass die Spielerinnen ganzjährige Verträge bekommen“, erklärt Reichert. Als Olympiasiegerin freut sie sich unter anderem über Unterstützung von der Stiftung Deutsche Sporthilfe. Junge, nachrückende Spielerinnen dagegen bekommen im Basketball in der Regel nur Verträge für das Winterhalbjahr. Das 3x3-Profiteam der TK Hannover Luchse hilft ihnen dabei, auch im Sommer so entlohnt und versichert zu sein, dass ein voller Fokus auf den Basketballsport möglich ist.

Zurück an den Hauptbahnhof von Hannover. Bei dem schrillen Turnier bleiben viele neugierige Passanten an den beiden Courts stehen. Die „3x3 Germania Experience“ hat als bundesweite Turnierserie unter anderem in Hannover Station gemacht, um zu werben und Überzeugungsarbeit zu leisten.

Im Herrenbereich hat sich die junge Sportart bereits etabliert und bietet Spielern die Chance, als Profi auch international ihr Können zu zeigen. „Bei den Männern“, erklärt Reichert, „ist es professioneller. Bei den Frauen ist in Deutschland alles noch neu und ausbaufähig.“

Olympiasiegerin als Role Model für den Nachwuchs

Als Team-Managerin organisiert sie für die Luchse-Mannschaft Turnierteilnamen und die entsprechenden Reisen. In Hannover übernimmt sie im Dialog mit Medien und Sponsoren auch den Part eines Role Models. Mit der Verpflichtung von Marie Reichert hat sich der TK Hannover ein Vorzeigegesicht gesichert, um Basketball und 3x3 weiter nach vorn zu bringen.

Den nachrückenden Spielerinnen dient Reichert dann auch als Vorbild in mehrfacher Hinsicht. Von ihr können sie lernen, was es braucht, um im Sport erfolgreich zu sein, und wie sich eigene Erfolge vermarkten lassen. Vom 23. bis 26. Juli 2026 werden in Hannover die sogenannten Finals ausgetragen – ein riesiges Event mit 25 Sportarten und deren besten Aktiven. Natürlich wird auch das 3x3 dann, wenn ARD und ZDF ausführlich im Fernsehen berichten wollen, eine Schlüsselposition einnehmen. Im Rahmen der Finals werden unzählige Deutsche Meisterschaften ermittelt. 3x3 lockt dann mitten in der Stadt auf den großen Platz vor dem Rathaus.

Läuft alles nach Plan, gehört die bis dahin genesene und voll einsatzfähige Marie Reichert wieder zur deutschen Spitze. Sie nennt Hannover – und das dürfte nicht einfach nur eine PR-Botschaft sein – die Hauptstadt des 3x3-Basketballs. Die Olympiasiegerin will sich im Winter in der Halle und im Sommer auf den Outdoor-Plätzen wieder so positionieren, dass es mit beiden Sportarten vorangeht.

Dass es Reichert nebenbei gelingen könnte, ihr Studium der Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Sportmanagement zu bewältigen, ist eine gute Nachricht. Denn sie muss neben Hörsaal und Sporthalle im Moment nicht mehr klassisch jobben, sondern kann sich ganz auf ihre große Leidenschaft konzentrieren.

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